GORDON BENNETT, DIE GASLUFTBALLON-WM
Der Gordon Bennett Cup ist der älteste Luftsportwettbewerb der Welt. Er fand erstmals 1906 in Paris vor 200 000 Zuschauern im Jardin des Tuileries statt. Die Regeln sind ganz einfach: Jede Mannschaft hebt zu ihrer Nationalhymne im Abstand von wenigen Minuten und mit der gleichen Menge Gas vom selben Standort aus ab. Wer nach maximal 4 Tagen Fahrt ohne Unterbruch die grösste Distanz zurückgelegt hat, gewinnt. Pro Land können bis zu drei Teams an den Start gehen. Dieses Jahr nehmen rund zehn Nationen an der WM teil. In Bern wird Ende September von der Grossen Allmend aus gestartet.
INTERVIEW
Zwei heben völlig ab: Vor der Gasluftballon-WM Gordon Bennett im September gingen Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) und Regierungsratspräsident Christoph Neuhaus (SVP) zusammen mit Organisator Léon André schon mal in die Luft. Ein Gespräch über Bubenträume, Höhenflüge und andere Sichtweisen.
Herr von Graffenried, Sie sind zum ersten Mal in einem Heissluftballon geflogen. Wie wars?
Wunderbar. Ein grossartiger, sehr ruhiger Flug mit perfekter Sicht auf die Stadt. Warme Luft kennen wir aus der Politik ja genügend, so produktiv wie bei einem Heissluftballon wird sie aber nur selten eingesetzt. Christoph Neuhaus: Für mich war es ebenfalls eine Premiere. Ich sah auf die Vehweid, dorthin also, wo ich wohne. Dann erblickte ich auch das Monbijou, die Freiburgstrassse 132 und die Herrengasse – meine ehemaligen Wohnorte. Und ehrlich gesagt waren wir im Korb froh, einen erfahrenen Piloten an Bord zu haben. Denn Alec und ich hatten beide keine Ahnung – und wenn der Spezialist ausgefallen wäre, hätte das etwas anstrengend werden können (lacht).
Herr André, hatten Sie es mit zwei angenehmen Gästen zu tun?
Sehr. Die Stimmung war locker, mir hats gefallen.
Herr Neuhaus, wo wollten Sie immer schon mal hinfliegen?
Nach Australien. Mit dem Ballon bräuchte man wohl etwas zu viel Gas dafür, ausserdem fliege ich sowieso nicht mehr so viel wie früher. Australien wäre aber ein Traum, den meine Frau und ich uns erfüllen möchten, bevor der Kleine dann in der Schule ist und wir etwas weniger Zeit haben. Alec von Graffenried: Eine Traumdestination habe ich nicht. Und eine Ballonfahrt kann ich ja jetzt von meiner Bucket List streichen (lacht). Vielleicht kommt mal noch ein Gleitschirmflug hinzu.
Höhenangst haben Sie keine?
Das habe ich mich zuerst auch gefragt. Im Ballonkorb gibt es keine Sitze, er hat aber einen schön gepolsterten Rand. Zu Beginn wollte ich da drauf sitzen, nach etwa 200 Metern in der Luft stellte ich dann fest: Hoppla, da gehts ziemlich weit hinunter. Insgesamt lief aber alles problemlos. Christoph Neuhaus: Ich bin ebenfalls überrascht. Gemacht habe ich in dieser Hinsicht ja schon vieles: Bungee-Jumping, Fallschirmspringen, aber jetzt, wo ich älter werde, merke ich, dass ich vorsichtiger bin. Wenn es beim Wandern neben mir 70 Meter weit runter geht, ist es mir nicht mehr so wohl. So wie es sanften Tourismus gibt, gibt es wohl auch sanftes Reisen, und das hier wäre jetzt wohl so etwas. Léon André: Viele Leute, die Höhenangst haben, fühlen sich im Ballon sehr wohl. Man erlebt aber auch die umgekehrte Seite: Menschen, die sagen, sie hätten mit Höhe kein Problem, in der Luft dann aber doch ein Unwohlsein entwickeln.
Ist Ballonfahren eigentlich gefährlich?
Die grösste Gefahr sind Hochspannungsleitungen. Ein Ballon ist ausserordentlich träge. Wenn ich beginne zu heizen, dauert es etliche Sekunden, bis er überhaupt reagiert. Übersehe ich also eine Hochspannungsleitung, darf ich ja nicht versuchen, sie zu übersteigen, sondern ich muss probieren, den Ballon runterzureissen, damit er vor der Leitung schon am Boden ist. Ansonsten ist das Material derart erprobt, dass eigentlich nicht viel passieren kann. Klar muss man das Wetter richtig einschätzen und den Mut haben, zu sagen: heute nicht! Alec von Graffenried: Ich habe trotzdem gestaunt, wie agil das Ganze ist. Gerade erst glitten wir am Turm der Energiezentrale Forsthaus vorbei und plötzlich befanden wir uns einige hundert Meter über Boden. Es geht dann also doch relativ schnell.
Wann hatten Sie Vorsicht, Metaebene Ihren letzten Höhenflug, Herr Neuhaus?
Ich probiere eigentlich meistens, auf dem Boden zu bleiben, obwohl ich soeben erst aus dem Korb gestiegen bin (lacht).
Herr von Graffenried, Sie wandern bekanntlich sehr gerne. Wann waren Sie zuletzt weit oben?
Ich war im Sommer im Grimselgebiet, im Bächlital, lief über die Triftbrücke und habe dort mal runtergeschaut. Das ist auch ziemlich luftig.
Sie beide kommen beide aus sehr unterschiedlichen politischen Lagern. Verbindet so ein Morgenflug irgendwie?
Christoph Neuhaus: Leider hatten wir eben gerade nichts zum Ausdiskutieren. Besser wäre gewesen, wenn wir richtig Krach gehabt hätten, um uns dann wieder näherzukommen. Wäre dann einer aus dem Korb geflogen, wäre das dann aber nicht im Bärnerbär gestanden, sondern in anderen Medien (lacht). Aber klar, so etwas verbindet schon, man bildet eine Art Schicksalsgemeinschaft, bloss ist man sich in der Exekutive manchmal sowieso viel näher, als das einem selbst respektive der Partei lieb ist. Ich wäre sowieso nicht mit jedem Politiker in den Korb gestiegen.
Jetzt müssen Sie aufschlüsseln!
Ich habe immer gespottet, dass, falls Tamara Funiciello nächstes Jahr ins Bundesparlament gewählt wird und ich dann mit ihr immer noch nicht per Du bin, ich eines meiner Legislaturziele erreicht habe.
Man müsste fairerweise auch sie fragen, ob sie mit Ihnen überhaupt in einen Ballon steigen würde.
Ich denke nicht, sie hat mich bei der letzten Legislatur so böse angeschaut… (lacht)
Sie hätten nichts gegen Frau Funiciello im Ballon, Herr von Graffenried?
Nein! Man findet immer gemeinsame Themen (lacht). Und so eine Ballonfahrt zeigt einem wirklich ganz neue Perspektiven.
Christoph Neuhaus: Wir beide haben übrigens festgestellt, dass es noch viele Dächer gäbe, die man mit Solarpanels ausrüsten könnte!
Und mit wem würden Sie dann sehr gerne in den Korb steigen, Herr Neuhaus?
Ich würde meine Familie mitnehmen. Wobei ich nicht sicher bin, ob die Kinder Freude daran hätten. Vielleicht mit einigen Plastik-Dinosauriern im Korb, dann wäre es aber schon wieder eng. Alec von Graffenried: Ich würde Bertrand Piccard mal fragen, wie es so ist, mit einem Ballon rund um die Welt zu fliegen. Mit Michelle Hunziker möchte ich schon lange über ihre Erinnerungen an Ostermundigen reden.
Zufrieden mit «Ihrem» Bern von oben, Herr Stadtpräsident? Vielleicht auch ein wenig stolz?
Die Stadt war noch etwas verschlafen nach dem 1. August. Aber bereits sehr aufgeräumt, im Marzili sind sie um 7 Uhr schon wieder geschwommen.
Herr André, wollten Sie immer schon Ballonfahrer werden?
Ich hatte keinen Bubentraum in dem Sinne. Ich war mehrheitlich im technischen Bereich unterwegs – während des Studiums arbeitete ich dann in einer Forschungsgruppe, die sich mit der oberen Atmosphäre beschäftigte. Ein Freund von mir lernte dann irgendwann Ballonfahren, ich schloss mich an und habe es bis heute nicht bereut.
Ihr Bubentraum, Herr Neuhaus?
In meinem früheren Leben wollte ich Pfarrer werden. Dann habe ich festgestellt, dass ein Pfarrer nicht politisieren darf. Im Alter von etwa 7 Jahren erhielt ich dann eine Krawatte mit Gummizug. Als ich die ab und zu im Stall trug und ich gefragt wurde, was ich werden möchte, habe ich geantwortet: Bundesrat. Während der Euro 08 arbeitete ich dann ganz eng mit den Bundesräten zusammen und fand, das sei ein spannender Job. Ich halte es aber nicht für erstrebenswert, pro Woche 70 bis 80 Stunden fixiert zu sein, da hat man in einer kantonalen oder städtischen Exekutive mehr Freiheit.
Und Sie, Herr von Graffenried?
Mir kam eigentlich spontan eher ‹Major Tom› («Völlig losgelöst», Anm. d. Red.) von Peter Schilling in den Sinn. Das Flugfeeling hat diesem Lied am ehesten entsprochen. Das sanfte Abheben war für mich der beste Ballonmoment. Ich kann es jedem nur empfehlen.
Also keine Musik an Bord?
Leon André: Uuh, nein. Das wäre sehr schade. Was ich als Pilot nicht ertrage, sind Passagiere, bei denen ich das Gefühl habe, sie würden die Fahrt nicht geniessen. Dann werde ich hässig. Zwischen den einzelnen Feuerstössen ist alles sehr ruhig, wobei man den Boden sehr gut hören kann, vor allem Hunde, die bellen. Christoph Neuhaus: Wir haben bei Kehrsatz sogar einen Hahn gehört.
Der Gordon Bennett Cup ist dann Ende September, Herr André …
Wir hoffen, die 22 Gasballone am frühen Abend des 28. September auf der Grossen Allmend in die Luft lassen zu können. Wer nach 3 oder 4 Tagen am weitesten vom Startpunkt aus landet, ist Weltmeister. Die Regeln sind also ziemlich simpel, die Umsetzung dieses ältesten Luftsport-Events der Welt ist etwas komplexer.
Sie sprechen das Wetter an.
Schlechte Witterung wäre ein grosses Problem. Der letztmögliche Start ist Montag, der 30. September. Spätestens dann müssen auch die Lastwagen, die das Gas hierherbringen, wieder auf die Piste. Wenn bis dann nicht gefahren werden konnte, hat Gordon Bennett nicht stattgefunden. Einen Nichtstart wegen schlechten Wetters gab es in der 112-jährigen Geschichte bis jetzt aber erst einmal.
Sind Sie beim Anlass mit dabei, Herr von Graffenried?
Ich bin dann leider in den Ferien in Marokko! Christoph Neuhaus: Wenn der Stadtpräsident nicht kann, muss halt der Kanton Ausputzer spielen. Ich sage jetzt extra nicht: Lückenbüsser (lacht). Leon André: Herr Neuhaus ist nicht nur dabei, er ist auch die Person, die Gordon Bennett eröffnen wird. Christoph Neuhaus: On behalf of the Bernese Government, it’s a pleasure and an honour to be with you tonight…geistig stehe ich schon vor dem Spiegel (lacht).
Der Traum vom Fliegen ist ein uralter. Wenn Sie, Herr Neuhaus, sich eine sogenannte Super Power aussuchen könnten, welche wäre das?
Ich wäre wohl Hulk. Er ist bei meinem 4-jährigen Sohn Ethan momentan der absolute Superheld. Noch bin das zwar ich, aber Hulk steigt in der Gunst immer weiter nach oben. Und jetzt höre ich dann gleich den Stadtpräsidenten, der sagt, Grün sei eh die einzig richtige Farbe (lacht).
Grün ist das Stichwort, Herr von Graffenried!
Fliegen ist schon toll, obwohl man in diesem Zusammenhang korrekterweise ja fahren sagt.
Der Stapi, völlig abgehoben!
Genau (lacht). Neuhaus: Wir halten fest: Jetzt ist er wirklich mal in die Luft!
Yves Schott
RAHMENPROGRAMM GROSSE ALLMEND
DONNERSTAG, 27. SEPTEMBER
- General Briefings mit Spezialevent und Willkommensapéro für Sponsoren
- Grosse Eröffnungsgala mit Auslosung der Startreihenfolge
FREITAG, 28. SEPTEMBER
- Füllen der Gasballone
- Food TrucksEvent-Village
- Präsentation der Teilnehmerländer
- Ballonstart zum Gordon Bennett Cup
SAMSTAG, 29. SEPTEMBER
- Morgenstart zur Fiesta von rund 25 Heissluftballonen
- Spiele und Unterhaltung
- Musik/Konzerte
- Night Glow mit Special Shapes (Bild)
- Abendstart zur Fiesta von rund 25 Heissluftballonen
SONNTAG, 30. SEPTEMBER
- Morgenstart zur Fiesta von rund 25 Heissluftballonen
- Flugshows
- Fallschirmabsprünge
SAMSTAG, 6. OKTOBER
- Rückkehr der Teilnehmerteams
- Abschlussgala mit Siegerehrung