Er ist dann Mal weg – Thiel sagt Tschüss!

Andreas Thiel präsentiert seinen «Iro» nach dem Besuch im Coiffeurladen «Hänsel & Gretel» etwas kürzer, dafür spitzer.

Der gebürtige Berner Andreas Thiel wohnt in der Innerschweiz. Wenn der Satiriker mit dem schrillen Irokesen zum Coiffeur geht, bleibt er dem Friseurgeschäft «Hänsel & Gretel» von Andrea Heinrich in der Lorraine treu. Einen Cut gibt es auch punkto Bühnenkarriere, der 46-Jährige steigt aus.

Er wurde zum Feindbild der Linken oder zumindest einem reaktionären Teil davon. Andreas Thiel setzte sich mit seiner Koran-Kritik in der Weltwoche wissentlich in die Nesseln: «Fettnäpfchen sind für Anfänger, Nesseln für Fortgeschrittene.» Heute kommt die weit gröbere Kritik an die Adresse des Islam aus den eigenen Reihen, wie der Beststeller «Die verschleierte Gefahr» von Zana Ramadini beweist. Der Berner wird aber weiterhin angefeindet. Die Theater laden ihn aus, die Radikalen bedrohen ihn. Ein Gespräch über ein Leben in einer Künstlerszene, die offenbar keine Querdenker toleriert.

Bärnerbär: Ihr erstes Programm «Einsames Literarisches Kabarett» führten Sie ab 1997 mit Jean
Claude Sassine auf. Wie feiern Sie Ihr 20-Jahr-Jubiläum? 

Andreas Thiel: Das Jubiläumsprogramm war schon lange aufgegleist. Es wird aber nach einer Vorpremiere in der Innerschweiz gleich wieder abgeblasen. Die Vorbereitungen für Premiere und Tour habe ich abgebrochen.

Warum denn das?

Die Bedrohungen und Beschimpfungen haben das für meine Familie tragbare Mass überschritten.

Das ist unschön. Von welcher Seite?

Die Drohungen kommen von muslimischer, die Beschimpfungen von linker Seite.

Woher wissen Sie, dass es sich um Genossinnen und Genossen handelt?

Viele Linke beschimpfen mich offen und öffentlich. Die Anonymen darunter erkennt man an ihren typischen Lieblingsschimpfwörtern wie «Fascho» oder «Rassist».

Warum diese Wut Ihrer Kritiker?

Wer ideologisch derart verbrämt ist wie viele Linke, und sich dessen nicht bewusst ist, reagiert offen feindselig auf Andersdenkende. Und da diese Beschimpfungen ein groteskes Mass annehmen, höre ich nach meinem aktuellen Programm «Der Humor» mit den öffentlichen Bühnenauftritten auf. Die wenigen Theater, die mich noch auftreten lassen, beklagen sich ihrerseits über Beschimpfungen aus linken Kreisen oder darüber, dass meine Plakate abgerissen werden. Früher hiess es: «Oh, du gehst den Thiel schauen?» Heute behauptet man: «Der Thiel ist Rassist.» Verleumdung ist ein tödliches Gift im Showbiz. Es hat den gleichen Effekt, wie wenn man einer Lehrperson Pädophilie unterstellt.

Christoph Hoigné vom «La Cappella» in Bern würde Sie auftreten lassen.

Er gehört mit Viktor Giacobbo und den Rassers in Basel zu den Integren der Schweizer Kulturszene. Aber was nützt mir ein solches Angebot, wenn Reitschul-Aktivisten Störaktionen planen und wir Polizeischutz brauchen vor diesen Chaoten?

Ihre Weltwoche-Analyse, in welcher Sie sich sehr kritisch zum Koran und Mohammed äussern, erschien 2014. Ist da kein Gras drüber gewachsen?

Es gibt nichts treueres als Feinde. Die Beschimpfungen sind sogar noch übler geworden.

Nennen Sie bitte ein Beispiel.

Vor drei Jahren reichten meine Widersacher, darunter auch Medienvertreter, noch schadenfreudig Schawinskis abstruse Rassismusvorwürfe weiter. Inzwischen werde ich von vielen offen als Rassist beschimpft. Diese falschen Anschuldigungen sind zwar strafbar, aber so viele Anwälte, wie ich Feinde zu haben scheine, kenne ich gar nicht.

Sie zeichnen das Bild einer Fake-News-Presse, die blind wütet.

Aus meiner Sicht sind gerade Journalisten aus dem linken Spektrum voller Vorurteile und Feinbilder. Alles, was sich nicht in Ihrem Orbit bewegt, wird bekämpft. Sie veranstalten regelrechte Hexenjagden.

Das ist ein harter Vorwurf, wie begründen Sie den?

Viele Linke können nicht unterscheiden zwischen Konservativismus, Nationalismus und Liberalismus. Darum hegen diese Leute grosse Sympathien für den Islam. Sowohl der Sozialismus, wie auch der Islam haben ein vereinfachtes Weltbild. Sie teilen die Menschen auf in Freunde und Feinde. Andersdenkende sind Feinde. Im Islam sind es die Ungläubigen, bei den Linken die Nichtlinken. Eine pluralistische Gesellschaft passt nicht in ihr Weltbild.

Unsere Sozialdemokraten sollen alles verkappte Sozialisten sein? 

Das Parteiprogramm der SP basiert auf dem Kommunistischen Manifest und somit auf einem primitiven Weltbild, welches nur Unterdrückte und Unterdrücker kennt. Der freie Mensch kommt darin nicht vor.

Macht Sie die Manipulation der Medien, wie Sie behaupten, wütend?

Nein. Aber ich staune, wie gerne sich die Menschen manipulieren lassen.

Würden Sie den Artikel nochmals so schreiben in der Weltwoche?

Auf jeden Fall! Das war bis dato mein bestes Essay. Es erschien noch vor «Charlie Hebdo», und niemand getraute sich damals «Tacheles» zu reden, wenn es um den Koran ging. Von der NZZ bis zum Blick waren es stets die gleichen beiden Islamwissenschaftler, die ohne Widerspruch behaupten durften, der Koran sei  ein Werk der Liebe und Güte.

Was trieb Sie eigentlich an?

Es war an der Zeit, dass sich mal jemand getraute, die Wahrheit über den Koran zu schreiben. Ich begab mich damit zwar ins Schussfeld. Aber heute betrachtet man den Koran von NZZ bis Blick etwas kritischer. Hätte sich da keiner in die Nesseln gesetzt, besässen diese Pseudowissenschaftler immer noch die Deutungshoheit.

Wie wirkt sich das Ganze beruflich aus? Wovon leben Sie?

Ich habe gerade zwei Bücher herausgegeben, «Der Humor» und «Intellekt mich – Der Kaiser ist trotzdem nackt», zwei satirische Abrechnungen mit dem linksintellektuellen Mainstream. Und ich verspreche: Weitere Bücher sind geplant.

Das reicht doch nicht zum Leben.

Ich schreibe Kolumnen und Essays, halte Referate, und gebe Workshops auf dem Gebiet der Rhetorik.

Werden Sie die Bühne vermissen?

Ich trete weiterhin an Symposien von Wirtschaft und Wissenschaft auf. In der hoch subventionierten Kulturszene hingegen ist der Druck von links zu gross. Die Ein-Parteien-Kunst setzt sich durch. Es herrscht Monokultur wie bei den Bauern.

Das müssen Sie erklären. 

Wenn ein Bauer auf die Pferdezucht umsattelt, sagt die Verwaltung: Wenn Du keine Milchwirtschaft betreibst, bist Du kein Bauer. Regulierung verhindert Vielfalt. Verantwortlich dafür ist die Staatsnähe des Bauernverbandes. Etatismus ist der Freiheit Tod. Das gilt auch für die Kunst.

Sind Sie eher ein Optimist oder ein Pessimist?

Beides. Die meisten Menschen auf dieser Welt leben unter Bedingungen, welche wir uns nicht einmal vorstellen können. Andersrum: Wir leben so gut hier, da ist noch viel Raum nach unten.

In welcher Form?

Ich bin pessimistisch, was den Frieden anbelangt. Die rot-grüne Ideologisierung führt eines Tages zu Bürgerkrieg. Wer nicht gleich denkt, kommt schon heute mit dem Gesetz in Konflikt.

An was machen Sie das fest?

Nach rot-grüner Verkehrspolitik ist ein fahrendes Auto bereits eine entsicherte Waffe. Die Strafen und Gebühren für das ganz normale Leben werden immer höher. Das schafft grossen Unmut. Im Bundeshaus etabliert sich ein demokratiefeindlicher Zentralismus. In der Innerschweiz mit all den KMUs ist man zum Glück noch weltoffener und freiheitsliebender als im verwaltungsnahen Bern.

Gibt es politische Hoffnungsträger?

Ich betrachte Menschen, die in die Politik gehen, als hoffnungslos verloren (lacht). Den Politiker zieht es dorthin, wo er Geld und Macht erlangt. Das ist per se demokratiefeindlich.

Aber ohne Politiker geht es ja nicht. 

Früher machte ein Parlament Sinn als Forum für Interessenvertreter. Delegierte trugen den Volkswillen auf dem Ross nach Bern. Unsere digitale Welt macht das überflüssig. Heute kann jeder Einzelne mehrmals täglich zu jedem Schwachsinn direkt online Ja oder Nein sagen.

Wie lange stehen Ihnen die Haare noch zu Berge?

Ich habe Spass mit meinem «Iro». Er ist ein Türöffner. Die Menschen, gerade im Ausland, begegnen mir ausgesprochen freundlich. Sie denken: Ein Ü40 mit einer solchen Frisur kann nur ein liebenswürdiger Spinner sein.

Gibt es einen weiteren Grund?

Nicht wenige möchten mich ganz zum Schweigen bringen und komplett von der Bildfläche vertreiben. Aber mit dieser Frisur mache ich ihnen einen Strich durch die Rechnung. Ich bleibe erkennbar. Es ist eine Form, sich nicht zu verstecken.

Peter Wäch

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