Er wollte halt mal «was anderes sehen». Das ist lange her. Mittlerweile führt Frank Linthaler die Ka-We-De seit neun Jahren. In Bern fühlt sich der gesellige Bayer pudelwohl.
Sein Dialekt fällt sofort auf. «Servus, ich bin der Frank!» Der Handschlag ist kräftig, die Erscheinung freundlich, der Kopf bereits etwas rot von der Kälte. Verständlich, denn Frank Linthalers Leben als Betriebsleiter der Ka-We-De findet draussen statt. Im Sommer wie im Winter. «Ich mag die Kälte, war mal ein ziemlich guter Langläufer. Wobei, nein, streich das ‹gut› raus!» Der Mann ist gut drauf, Marke: aufgeweckter Typ. Redet viel und gerne, keiner dieser Menschen, der mit einsilbigen Phrasen um sich wirft. Ja, so stellt man sich einen echten gemütlichen Bayer vor.
2008 kam Linthaler in die Schweiz. «Ich wollte einfach mal was anderes sehen, ein Häusl weiterziehen. Ich gab mir acht Monate Zeit. Wenn es nicht geklappt hätte, wäre ich wieder nach Deutschland.» Zunächst arbeitete er im Strandbad Murten, jetzt also für die Ka-We-De. Aus acht Monaten sind über zehn Jahre geworden. Viele weitere sollen folgen. «Zurückgehen? Nein, da habe ich nie auch nur einen Gedanken daran verschwendet. In keinster Weise.» Mittermeier hatte recht Frank Linthaler und Bern – das passt. «Die Stadt ist wunderschön. Ausserdem tickt ihr ähnlich wie die Bayern: Wir sind gemütlicher und langsamer als der Rest des Landes.» Michael Mittermeier, Komiker und Landsmann des 44-Jährigen, sagte in einem seiner ersten Programme einst: «Bayern und Schweizer haben eines gemeinsam: Wir haben einen Dialekt, den in Deutschland sonst keine Sau versteht.» Wie recht er doch hatte.
Als sich Linthaler hier niederliess, wohnte er zunächst in einem Stöckli in Zimmerwald. Mittlerweile lebt er mit Ehefrau Stefanie und seinen drei Söhnen Konstantin (9 Jahre alt), Leopold (7) und Ferdinand (3) in Rubigen. Drei Kinder, zwei Dialekte: bayerisch und berndeutsch. «Von zuhause fahre ich, wenn es zeitlich geht, mit der S-Bahn an den Hauptbahnhof und nehme dann den 19er-Bus bis zur Ka-We-De, insgesamt eine halbe Stunde. Das ist toll.»

Jahrgang 1974, wurde in Hirschau
in der Oberpfalz geboren. Seine
erste Ausbildung schloss er als
Industriemechaniker ab. In Lindau
am Bodensee machte er an der
Berufsfachschule eine weitere
Ausbildung zum Fachangestellten
für Bäderbetriebe. Seit 2010 ist er
Betriebsleiter der Ka-We-De.
Der 44-Jährige organisiert und plant. Erstellt Schichtpläne, überprüft die Wasseraufbereitung. Eismesser wechseln, Eismaschinen pflegen, Lüftung und Heizung kontrollieren. Wenn jemand krank wird,springt er ein: reinigt, schippt Schnee und putzt Toiletten. «Ich habe mit dem Sportamt Bern einen fantastischen Arbeitgeber und einen super Job. Was will ich mehr?» Einen richtig guten Kumpel vielleicht. Der fehlt ihm. «Einer, mit dem ich nach der Arbeit etwas trinken kann. Oder nach einem heissen Sommertag grillieren, zusammen mit der Familie.» Freunde finden, gestaltet sich diese Suche schwieriger als in seiner ursprünglichen Heimat? «Würde ich mal so sagen, ja. Obwohl wir Bayern ja ‹gsellige Leut san› und ich offen auf die Menschen zugehe.»
«Ich gehöre zu euch».
Linthaler wirkt nicht wie einer, der sich beklagt oder seinen sozialen Status in irgendeiner Form bedauert. Trotzdem schwingt in diesen Worten etwas Wehmut mit. «Schweizer sind schon aufgeschlossen, aber unter sich. Es geht mir einfach darum, mit jemandem schöne Momente zu teilen.» Er sehe sich sowieso nicht als Ausländer, der sich integrieren müsse. «Ich bin ja Bayer, ich gehöre zu euch.» Und das soll so bleiben. Schon bald wird Linthaler nämlich noch mehr gebraucht als derzeit. Dann, wenn die Eisbahn im März schliesst und der grosse Umbau für die Sommersaison ansteht. Wenn das Eis abgetaut, die Rutschbahn aufgebaut und das Wellenbad getestet werden. Für die alte Dame Ka-We-De eine grosse Geschichte. «Ich hatte nie gedacht, dass ich einmal eine Eisbahn übernehme, weil mein Metier eigentlich eher das Wasser ist. Dass ich es sogar im Ausland zum Betriebsleiter geschafft habe, macht mich schon ein bisserl stolz. Ich kam hierher, ohne Vitamin B und war zu Beginn ein absoluter Nobody.» Was sich Frank für die Zukunft wünscht? «Dass wir alle gesund bleiben. Und dass wir ein wenig demütiger und dankbarer werden.» Ein bisschen offener vielleicht auch. Linthaler würde im Sommer sicher gerne mit einem guten Kumpel mitten in der Völkerwanderung die Aare hinauflaufen.
Das Wort «Ka-We-De» steht für «Kunsteisbahn und Wellenbad Dählhölzli». Sie wurde durch die Architekten Rudolf von Sinner sowie Hans Beyeler erbaut, 1933 eröffnet und diente bis 1967 als Spielstätte für den SC Bern. Die Ka- We-De steht unter Denkmalschutz. Mehr Informationen zu Öffnungszeiten und Preisen gibt es unter sportamt-bern.ch.
Yves Schott