«Hanery war so viel mehr als der ‹Alperose›-Erschaffer!»

Neujahrsabend in Bern. Es giesst wie aus Kübeln. Hanery Amman, Vater der «Alperose» und Mundart-Legende ist seit zwei Tagen tot. René «Schifer» Schafer, langjähriger Bandkollege und Freund Ammans, öffnet dem Bärnerbär seine Haustüre und würdigt am Kü- chentisch bei einer gemeinsamen Kanne Schwarztee das Leben und Werk des begnadeten Komponisten und Pianisten.

René «Schifer» Schafer. Wie nahe geht Ihnen der Tod von Hanery Amman?
Sehr nahe. Ich verliere einen langjährigen Freund, der mich als Musiker und Mensch fast mein ganzes Leben lang geprägt und begleitet hat. Auch als der Lungenkrebs ihm immer mehr zusetzte, blieb er ein Vorbild. Er gab einem nie das Gefühl, ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, nur weil man gesünder war als er. Er nahm die Krankheit an und jammerte nie.

Sie spielten ab Juni 1972 als Gitarrist für die legendären Rumpelstilz. Damit stiessen Sie zu den Gründern Hanery Amman und Polo Hofer sowie zu Sämi Jungen und Küre Güdel. Kannten Sie damals Hanery Amman schon gut?
Ja, wir schätzten uns bereits als Knaben, obwohl wir in Interlaken nicht in dieselbe Schule gingen. Mit zwölf haben wir bereits zusammen musiziert. Hanery besuchte danach ein Internat. Dies verunmöglichte die weitere musikalische Zusammenarbeit für ein paar Jahre. 1972 ersetzte ich bei Rumpelstilz Jürg Werren, der eigentlich Keyboarder war und nicht Gitarrist. So kam ich wieder mit Hanery zusammen. Wir trafen uns an einer Jam-Session. Es war verblüffend: Wir harmonierten fast vom ersten Ton an. Das erlebt man als Musiker im Leben nur sehr selten.

Vertiefte sich Ihre Freundschaft mit Hanery bei Rumpelstilz?
Ja, die Zeit war intensiv. Wir übten und spielten sehr viel. Hanery und ich bildeten eine Achse, weil sowohl das Piano respektive das Keyboard wie auch die Gitarre bezüglich Melodie und Harmonie entscheidend sind. Hanery hat einen eigenen Stil. Er spielte gerne auf es-Dur und sprach dabei stets von e-Dur. Dieser verschobene Halbton ergibt ein breiteres bluesigeres Klangbild und war übrigens auch ein Markenzeichen von Jimmy Hendrix. Hanerys Musiksprache war sehr charakteristisch und eigen. Ich verstand ihn gut, weil ich Abweichungen vom Schulbuch und der Musiktheorie genauso spannend fand wie er. Wir waren diesbezüglich beides Freigeister. Andere waren da ganz anderer Ansicht.

War Hanery innerhalb von Rumpelstilz der musikalische Leader?
Nein, wir agierten stets auf Augenhö- he und waren alle gut genug, damit der offene Diskurs zu noch besseren Resultaten führte. Hanery war bereits in jungen Jahren extrem gut. Er spielte enorm variabel und hatte auch das Gehör und das Know-how für den orchestralen Überblick. Hanery liess immer mit sich reden und war stets offen für Anregungen. Das schätzte ich sehr an ihm.

War Hanery auch fleissig?
Ja, wir übten oft bis morgens um vier Uhr und loteten die Stücke aus, bis sie wirklich sassen. Diese Nachtschichten bekam Polo oft gar nicht mit. Hanery war auch unser Hauptkomponist. Sicher die Hälfte aller Rumpelstilz-Stücke stammen aus seinem Feder. So auch «Teddybär». Für die Texte war Polo zuständig. Wir ergänzten uns gut. Auch trotz immer wieder auftretenden musikalischen Meinungsverschiedenheiten.

Erst elf Jahre nach der temporären Auflösung von Rumpelstilz folgten 1989 die ersten vielumjubelten Revival-Auftritte. Hatten Sie in der Zwischenzeit immer Kontakt mit Hanery?
Ja. Wir sahen uns immer wieder, wenn auch nicht sehr häufig. Das war auch nicht nötig, denn das Band zwischen uns hielt immer. Wir haben uns stets unterstützt, wenn der eine um Hilfe bat. So half ich Hanery beispielsweise beim Mischen und der Produktion seiner ersten Soloplatte. Auch ich konnte ihm jederzeit anrufen. Das nutzte ich mehrmals.

Letztmals spielten Rumpelstilz 2003 an der Expo zusammen. Hielten Sie und Hanery auch danach den Kontakt aufrecht?
Ja, wir blieben Freunde bis zu seinem Tod. 2016 hatten wir eine gute Zeit auf der Rock & Blues Cruise von Schämpu Schär. Hanery war mit seiner Band dort. Ich mit Stiller Has. Wir schmiedeten Pläne für ein erneutes Revival von Rumpelstilz. Leider war bald klar, dass dies nicht mehr möglich sein würde. Polo war gesundheitlich leider schon sehr angeschlagen.

Wie beurteilen Sie Hanery Ammans Einfluss auf andere Mundartmusiker?
Die war sicher gross, den wir von Rumpelstilz waren landesweit die Mundart-Pioniere. Auch nach der Zeit mit Rumpelstilz war Hanery mit seiner eigenen Band und als Solo-Künstler erfolgreich. Er war so viel mehr als der ‹Alperose›-Erschaffer und sprach mit seinen hervorragenden Werken die Menschen an. Auch blieb er stets seiner Musik treu und ignorierte manche Trends.

Dominik Rothenbühler

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