Ich bin Uwe, der Löwe. Der Berner Löwe aus Bayern

Uwe E. Jocham. Ehemaliger Direktionspräsident der CSL Behring Bern, Golfspieler, Ehemann, Vater und und Hobbykoch. Ein ehrgeiziger Macher, der seine Liebe zum Menschen als Antrieb sieht.
Uwe E.Jocham steht an einem frühen Juni-Morgen im Garten des Restaurants Haberbüni im Liebefeld. Und pflückt Erdeeberen. Mit der hellblauen Leinenjacke und dem dunkelblauen Sommerhut gleicht er eher einem französischen Touristen, denn einem der einflussreichsten Unternehmer des Kantons. Seit einigen Tagen ist der 53-Jährige stellenlos, er hat das australische Biotechunternehmen CSL Behring verlassen. Der Mensch Uwe habe sich in den vergangenen Jahren anders entwickelt, als das Unternehmen, sagt er. Es folgte die Trennung nach 17 Jahren.

Bärnerbär: Als Direktionspräsident haben sie 1500 Mitarbeiter geführt und den Umsatz von CSL Behring Bern verachtfacht. Wie fühlt es sich an, jetzt nur noch sich zu managen?
Ich bin kein Manager. Darauf lege ich Wert. Ich verstehe mich als angestellter Unternehmer, denn ich manage nicht, ich führe. Die Angestellten der CSL Behring AG haben mich mit einem Bild verabschiedet, auf dem Porträts aller Mitarbeiter zu sehen sind. Darunter steht: «Für unseren Patron.» Das ist das höchste Kompliment, das man mir machen kann. Denn mein Anspruch ist, ein Unternehmen so zu führen, als ob es mein eigenes ist. Mit Herz und Leidenschaft Dinge bewegen, Menschen führen, das macht für mich einen Unternehmer aus.

Und dieser Unternehmer hat nun mehr Zeit fürs Kochen.
Ja, meine Frau Michaela hat sich schon beklagt, weil nun immer ich einkaufe und die Küche blockiere. Aber diese Woche bin ich beispielsweise kaum zu Hause, ich habe ja als Präsident des Berner Arbeitgeberverbands und in meinen verschiedenen anderen Ämtern noch immer genug zu tun. Aber das schöne ist, dass Michaela und ich morgens nun zusammen Kaffee trinken. Darüber hat sie sich noch nicht beschwert. In der Küche der Haberbüni empfängt uns Küchenchef Daniel Wyss. Jocham inspiziert die Geräte, holt sich Tipps über Thermomixer und Tepaniakiplatten. In Jochams Haus steht eine professionell eingerichtete Küche. 100 Gewürze besitze er, koche Menüs mit 14 Gängen. Und heute bereitet er eine asiatische Suppe mit Hummer zu.

Sie beschreiben sich selber als äusserst ehrgeizig. Macht Uwe E.  Jocham keine halbe Sachen, nicht mal in der Freizeit?
Nie. Das kann ich nicht. Als Jugendlicher habe ich wie besessen Tennis gespielt, hätte eine Profikarriere machen können. Doch ich entschied mich dagegen und habe von einem Tag auf den anderen den Tennisschläger an den Nagel gehängt. Und jahrzehntelang keinen mehr angefasst. In der Schule war ich Mittelmass, doch ich setzte mir in den Kopf, Abitur zu machen – und schloss es als Zweitbester meines Jahrgangs ab. Aus der Passion für den Sport, wurde schliesslich auch die Passion für den Beruf.

Worin gründet dieser Ehrgeiz?
Ganz einfach: In meinem Vater. Er war ein unglaublich ehrgeiziger Mensch. Er spielte in der Eishockey-Bundesliga, war ein herausragender Sportler. Ich bin extrem stolz auf das, was er erreicht hat und deswegen bestehe ich auf das «E» in meinem Namen. Es steht für Erwin, den Vornamen meines Vaters, und dies ist meine Art, den Stolz nach aussen zu tragen.

So viel Ehrgeiz birgt aber auch Konfliktpotential in einer Vater-Sohn-Beziehung.
Wir befanden uns in einem stetigen Wettkampf. Und bis ins höchste Alter konnte mein Vater nie eingestehen, dass ich ihn in einer Sportart überflügelt hatte. Das war furchtbar. Nur im Eishockey kam ich nie an seine Leistungen heran. Wir hatten ein schwieriges Verhältnis, das ist wohl wahr.

Und wie halten Sie es mit Ihren beiden Söhnen?
Es gab eine Phase, in der ich aufpassen musste, dass dieser Ehrgeiz nicht krankhaft wurde. Ich habe versucht, ihn auf meine Söhne zu übertragen und dabei war ich zu hart. Irgendwann ist es mir mit Hilfe meiner Frau gelungen, ein bisschen Abstand davon zu gewinnen, Persönlichkeiten so anzunehmen wie sie sind und sie sich entfalten zu lassen. Das Verhältnis zu meinen beiden Söhnen ist seither fantastisch, als wäre die Last weg, die ich ihnen auferlegt hatte. Und für den Beruf gilt: Man muss Menschen lieben um sie führen zu können. Lieben, das kommt vom Herzen und das spüren sie. Jocham, der studierte Apotheker, riecht an den Zutaten für die asiatische Suppe, befühlt deren Textur.

Sind Sie eigentlich jemals gescheitert?
Um Erfolge zu erreichen, sind Niederlagen unerlässlich. Die grösste persönliche Niederlage und dies werde ich wohl nie verwinden ist, dass ich meine Doktorarbeit nicht beendet habe. Während des Verfassens wurde ich in meine erste Stelle geholt und habe die Arbeit nie eingereicht. Es war für mich ein persönliches Scheitern. Ansonsten habe ich das Glück, selten etwas nicht geschafft zu haben.

Man würde vermuten, dass eine Persönlichkeit wie Sie Medizin studiert. Dieser Beruf mit seinem Prestige würde irgendwie besser passen als die Pharmazie.
Woher wissen Sie das? Ich wollte eigentlich Chirurg werden, doch mein Notendurchschnitt von 1,5 (in der Schweiz; 5,5) hat nicht gereicht. Wegen des Nummerus Clausus hätte ich ein Jahr warten müssen. Ich? Warten?! Unmöglich! Und so bin ich Apotheker geworden. Im Nachhinein die absolut richtige Entscheidung.

Und was wollen Sie als nächstes erreichen?
Ich habe eine Vision für den Kanton Bern. Man sieht ihn als Bauernund Verwaltungskanton, dabei ist er eine Wirtschaftsmacht. Es muss uns gelingen, von einem Nehmer- zu einem Geberkanton zu werden. Durch langfristige Politik. Klar, wir haben Handicaps, wie etwa die hohen Steuern. Doch es ist keine Lösung nur zu jammern, man muss sich bewegen.

Bern ist behäbig, so wie München, wo sie aufgewachsen sind. Was an Ihnen ist sonst noch typisch deutsch?
Meine direkten Antworten. Das Streben. Ich will immer das Beste.

Dann dürfen wir Sie im Titel «Uwe, der Ver-Besserer» nennen?
Nein, das klingt arrogant. Besser Sie nennen mich «Uwe, der Löwe» oder «Uwe, der Berner Löwe aus Bayern». Ich bin im Sternzeichen Löwe geboren und Bayern hat mich geprägt. Ich liebe zudem Traditionen, Trachten. Und bin auch grosser Schwing-Fan. Diese Mischung aus Spitzensport, Tradition und Disziplin, das gefällt mir.

Sie sind offenbar nicht nur auf dem Papier Schweizer geworden.
Ich lebe seit fast 20 Jahren in der Schweiz, wir sind hier zu Hause und haben unser Paradies gefunden. Und deswegen will ich mich hier auch weiterhin einbringen.

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