Wirtschaftskopf der Woche
Lorenz Hess durchlebt intensive Zeiten. Als Visana-Präsident ist er nach dem Selbstmord von CEO Urs Roth auf der Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin. Zudem beginnt jetzt der Nationalratswahlkampf, gleichzeitig steigt der Druck auf ihn, sich für die Nachfolge von Beatrice Simon im Regierungsrat bereitzuhalten.
Wegen des Suizids von CEO Urs Roth ist die Visana operativ führungslos. Können Sie uns als Visana-Präsident und damit Vorgesetzter von Urs Roth sagen, weshalb er freiwillig aus dem Leben geschieden ist?
Einspruch! Die Visana war zu keinem Zeitpunkt führungslos. Bereits am ersten Tag habe ich Urs Roths Stellvertreterin, Valeria Trachsel, mit der Geschäftsführung betraut. Sie und die Direktion haben die Geschäfte nahtlos und trotz der belasteten Situation für alle Mitarbeitenden mit höchster Professionalität weitergeführt. Weshalb Urs Roth sich das Leben nahm, bleibt für uns ein trauriges Rätsel.
Nach der Tragödie kommt trotzdem der «Courant normal». Wer wird der Nachfolger von Urs Roth?
Die Nachfolgeregelung ist in vollem Gang; das gefragte Profil ist sehr anspruchsvoll. Deshalb rechnen
wir damit, frühestens im Spätherbst die Funktion wiederbesetzen zu können.
Die Krankenkassen sind wegen der stetig steigenden Prämien immer wieder Thema von Debatten im Nationalrat. In welche Rolle schlüpfen Sie dann, in jene des Visana-Präsidenten oder jene des Volkvertreters?
Ich muss mich nicht zwischen zwei Rollen entscheiden, denn die Prämienzahler entsprechen unserer Bevölkerung und damit den Wählern. In ihrem Interesse setze ich mich für ein bezahlbares Gesundheitswesen ein. Die Kassen gehören nicht zu den grossen Kostentreibern. Sie haben lediglich die (undankbare) Aufgabe, die anfallenden Gesundheitskosten zu berappen. Oder anders ausgedrückt: Die Prämien sind das Abbild der Gesundheitskosten. Und diese entstehen immer noch durch erbrachte und bezogene medizinische Leistungen, die der Prämienzahler mit seinen Prämien finanziert.
Politisch Sie sind Nationalrat und Gemeindepräsident in Stettlen. Für die ehemalige Kartonfabrik Deisswil waren Sie der Wirtschaftsförderer von Stettlen, als Präsident der Visana gebieten Sie über ein Unternehmen von 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sind Sie mehr Wirtschaftsfachmann oder Politiker?
Ich bin froh, beides zu sein, weil ich es wichtig finde, dass man als Politiker mit einem Bein auch «im richtigen Leben» steht. Es gibt schon genug Berufspolitiker.
Regierungsrätin Beatrice Simon kandidiert für den Ständerat. Wenn sie es schaffen wird, werden Sie für ihre Nachfolge in den Regierungsrat durchgewunken, selbst dann, wenn Matthias Aebischer für die SP antritt, sagen selbst einflussreiche SVPler. Das sind doch schöne Aussichten?
Diese Einschätzung ehrt mich in gewisser Weise, aber im Moment entspricht das nicht meinen Plänen. Schauen wir zuerst einmal, was die eidgenössischen Wahlen vom kommenden Herbst bringen!
Persönlich
Der 57-jährige PR-Unternehmer Lorenz Hess ist Verwaltungsratspräsident der Visana-Krankenkasse, Gemeindepräsident in Stettlen und BDP-Nationalrat.
mm