«No-Gos beim Flirten gibt es eigentlich nicht»

In Bern spielen die Hormone verrückt. Klar, es ist Frühling! Das Schöne daran: Flirten kann jeder, sagt Single-Coach Patrick Brayenovitch.

Patrick Brayenovitch, wie flirten eigentlich Sie als Experte mit einer Frau?
(lacht) Gar nicht, ich bin seit 15 Jahren verheiratet.

Die Frage wurde schon millionenfach gestellt. Trotzdem: Gibt es die Aufrissmasche?
Nein, die gibt es nicht. Das Einzige, das etwas bringt, ist Authentizität: Man soll mit Freude flirten. Es kommt zudem drauf an, welche Ziele jemand verfolgt: ob er oder sie eine Beziehung anstrebt oder einfach nur einen One-Night-Stand.

Nehmen wir an, ich suche etwas für eine Nacht. Im Club steht eine junge Frau an der Bar, ich spreche sie an und sage: «Du schaust echt toll aus.» Diesen Spruch hat sie schon zehntausendmal gehört.
Wir sind individuell alle verschieden. Das jeweilige Vorgehen, der Spruch muss zu dieser Person passen, nur dann kommt es gut an. Ich bin kein Freund davon, Sprüche auswendig zu lernen. Wer wirklich Mühe hat mit Flirten, der kann das tun, um sich die offene Art anzutrainieren. Wer Selbstsicherheit hat, spricht andere Leute dann automatisch richtig an.

Ich kann also auf jemanden zugehen und mit einem Augenzwinkern sagen: «Ich weiss, du stehst auf mich.»
Richtig, so eine Aussage muss nicht zwingend schlecht sein. Es hängt von der Situation ab. Morgens um 7 im Zug kommt das vielleicht weniger gut an als in einer Bar am Feierabend (lacht).

Oder man macht einen auf schüchtern: «Ich finde dich toll, weiss aber ehrlich gesagt überhaupt nicht, was ich sagen soll.»
Ja, das funktioniert ebenfalls. Fast alle haben doch die Erfahrung gemacht, dass es in den Ferien extrem einfach ist, mit jemandem in Kontakt zu treten. Das ist nur wegen der eigenen Einstellung: Man ist gut drauf. Wenn man sich hier jetzt genau gleich verhält, dann klappt das genauso.

Was raten Sie denn jenen, die schüchtern sind?
Da gibt es verschiedene Methoden: Wir sprechen hier von Ressourcenarbeit, etwa, indem ich meine Klienten frage, welche positiven Erlebnisse sie bereits vorweisen können Grundsätzlich ist es so, dass jeder flirten kann. Wir verfügen über diese Ressourcen, haben sie aber über die Jahre verlernt. Nun geht es darum, diese wiederaufzubauen.

Tönt im Prinzip ganz einfach.
Wer etwas übt, braucht Hilfe. Es ist wie bei einem Verkäufer, der das erste Mal an einer Tür klingelt: Er hat ebenfalls Hemmungen. Nach dem hundertsten Mal fühlt es sich dann ganz normal an.

Das bedeutet auch, mit Abfuhren umgehen zu können.
Klar. Ich bringe den Leuten vor allem bei, dass sie nicht unbedingt Freude am Ergebnis haben sollen, sondern dass sie sich über sich selbst freuen können. Im Sinne von: «Ich hatte den Mut, diese Frau oder diesen Mann anzusprechen!» Der Fokus soll auf dem Geleisteten liegen: der Augenkontakt, das erste Lächeln vielleicht. Wer anständig flirtet, erhält in der Regel auch keine harsche Absage.

Was sind denn, sowohl für Männer wie auch für Frauen, absolute FlirtNo-Gos?
Es ist so: Im Zug heisst zu fest «rangehen», was im Club vielleicht noch zu wenig forsch ist. No-Gos gibt es in dem Sinne eigentlich fast nicht, ausser natürlich primitive Sprüche. Und Berührungen gleich beim ersten Kontakt. Ich erinnere an die MeToo-Debatte.

Apropos: Wer soll eigentlich in die Offensive gehen? Mann oder Frau?
Diese Frage ist mittlerweile gar nicht mehr so einfach zu beantworten. Partnerschaften basieren auf uralten Systemen, da befinden wir uns eigentlich noch auf Primaten-Niveau. Der Mann hat genetisch gesehen das Bedürfnis, seine Gene weiterzugeben, die Frau ihrerseits möchte die besten Gene abbekommen. Deswegen wird es tendenziell immer der Mann sein, der die Sache anreisst. Ich motiviere Frauen in meinen Beratungen aber, selber aktiv zu werden und nicht die Rolle der passiven Schönheit einzunehmen, auch wenn der eine oder andere Mann vielleicht damit überfordert ist (lacht).

Wo flirtet es sich in Bern am besten?
Eigentlich ist das völlig egal. Der Ort muss zu mir passen: Wenn ich in einen Club gehe und mich dort nicht wohl fühle, bringt das kaum etwas. Eine gute Idee ist es, gerade jetzt im Frühling, draussen zu sein. In den Quartierbeizen etwa, wo man relativ einfach in Kontakt kommt.

Nehmen wir an, ich bin verzweifelt und habe schon lange niemanden mehr kennengelernt. Was tun?
Generell: rausgehen. Und sich selber lieben. Etwa, indem ich mir etwas kaufe, worin ich mich wohlfühle. Ganz wichtig: Was man tut, sollte man mit Leidenschaft machen. Es bringt nichts, sich für eine Wanderung anzumelden, wenn man nicht gerne wandert.

Hingabe und Passion.
Ja! Freude, Selbstliebe und Selbstsicherheit.

Yves Schott

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