«Sind Sie mit Ihrer Ausbildung eigentlich zufrieden?» Diese Frage hat der Bärnerbär Menschen in Bern gestellt. Der Tenor: Kaum jemand fühlt sich in dieser Hinsicht vernachlässigt. Viele machen aber darauf aufmerksam, dass ihnen der Unterricht an der Uni oder an der Hochschule zu theoretisch war. Der Auftrag an die Dozierenden lautet also: Mehr praxisnahe Themen, bitte!
Fotos und Umfrage: Ueli Hiltpold
Sunda Ravel Natarajan (Software-Ingenieur), Liebefeld «Nachdem ich meine Ausbildung und mein Studium in Indien gemacht habe, arbeite ich nun seit einigen Jahren in der Schweiz. Ausbildung und Bildung sind sehr wichtig für das Leben und das Bildungssystem in der Schweiz ist eines der besten. Darum bleiben meine Frau und ich auch hier, damit unsere Kinder hier zur Schule gehen können.»
Melanie Bigler (links), Jegenstorf und Andrea Penitzka (beide haben gerade den Gymer beendet), Bern «Den Gymer haben wir gut hinter uns gebracht. Vorher musste man sich halt ab und zu durchkämpfen. Was das kommende Studium anbetrifft, sind wir sicher gut vorbereitet und ausgebildet.» Melanie meint aber auch, dass «Alltagsdinge» wie Politik oder wirtschaftliche Themen im Gymnasium viel zu kurz gekommen seien. Andrea wirft ein, dass sie sich im Unterricht «mehr tagesaktuelle politische Entwicklungen als Geschichte» gewünscht hätte. Beide studieren unterdessen ihr Traumfach: Melanie absolviert ein Musikstudium, Andrea studiert Schauspiel.
Lukas Lehmann (Auszubildender Fachmann Betriebsunterhalt Werkdienst), Hinterkappelen «Die Schulzeit von der 1. bis zur 9. Klasse ist etwas Spannendes gewesen. Eine gute Zeit, die ich manchmal vermisse. Jetzt gehe ich während meiner Lehre in Hinterkappelen in die Berufsschule in Thun. Eine spannende Ausbildung, wenn nur der Weg nicht wäre. Das ist eine grosse Umstellung. Ich werde aber nicht auf dem Beruf bleiben. Mein Traumjob ist Radiomoderator oder Grenzwache.»
Kushtrim Thaci (Master in Betriebswirtschaft) und Lea Rogenmoser (KV), Bettlach Kushtrim: «Ich habe meine Schulzeit als sehr gut erlebt. Gerade durch die ‹Kanti› und das Studium habe ich eine Menge Dinge gelernt und eine grosse Gesamtbildung sowie ein grosses Allgemeinwissen vermittelt erhalten. Und ich finde, dass mich dieses breite Wissen offener für die Welt macht.» Lea: «Ich bin wirklich froh, dass ich meine KV-Lehre beim Kanton Solothurn machen konnte. Man lernt viel und bekommt eine solide Grundausbildung. Damit kann man nach der Lehre viele verschiedene Richtungen einschlagen. Und natürlich wird man während dieser Zeit erwachsen und bekommt einen anderen Blick auf die Welt.»
Catharina (Kinderassistenzärztin; ist wegen ihrem Doktorvater in Bern), Lübeck «Ich habe meine Ausbildung in Deutschland als sehr aufregend empfunden, da ich an einer relativ jungen Fakultät studieren durfte. Mir wurde damit ermöglicht, dass ich in Europa studieren konnte und so nicht nur die verschiedenen Gesundheitssysteme vergleichen, sondern auch andere Studierende aus ganz Europa kennengelernt habe. Das gibt mir jetzt die Möglichkeit, als ‹fertige› Ärztin im Ausland mitzuarbeiten.»
Vanessa Fornasier (wissenschaftliche Mitarbeiterin), Oberaargau «Ich bin wirklich sehr zufrieden mit meiner Ausbildung, hätte mir allerdings gewünscht, dass ich vor und während des Studiums besser auf meine beruflichen Chancen und Möglichkeiten nach Abschluss hingewiesen worden wäre. Ich möchte nichts anderes, vielleicht würde ich mir aber wünschen, dass ich den Mut gehabt hätte, ein naturwissenschaftliches Studium zu machen.»
André Vuagniaux (Postangestellter), Yverdon «Ich habe bei der Post eine Lehre gemacht, ein ganzes Arbeitsleben bei der Post hinter mir und arbeite in einem Verteilzentrum. In vier Jahren werde ich pensioniert. Das Wichtigste ist, dass ich bei guter Gesundheit meinen Ruhestand antreten kann.»
Sherry Siegenthaler (Serviceangestellte), Zollikofen «Ich bin sehr zufrieden mit meiner Schulausbildung, auch wenn ich rückblickend meine, dass dem Erwachsenwerden und der Vorbereitung auf das wahre Leben viel mehr Gewicht hätte gegeben werden sollen. Jetzt, nach zwölf Jahren im Service, beginne ich bald eine Handelsschule. Für meine Zukunft, da ich nicht mein ganzes Leben lang im Service tätig bleiben will.
Lukas (Medizinstudent, l.) und Jonas (Student Sozialwissenschaften), Bern Lukas: «Der Gymer hat mir sicher eine sehr gute Grundlage für mein Studium mitgegeben und es war toll, dass die Ausbildung sehr breit gefächert war. Diese Diversität muss unbedingt beibehalten werden. Ich denke aber, dass Bildung nicht mit dem Abschluss des Studiums aufhört, sondern ein Prozess ist, der einen das ganze Leben lang begleitet.» Jonas: «Durch den Gymer bin ich sicher sehr gut ausgebildet, auch wenn ich mir mehr Spielraum, etwa bei der Auswahl von Blockkursen, gewünscht hätte. Ich kann aber nicht ganz einschätzen, wie sinnvoll meine jetzige Ausbildung für später ist. Alles ist sehr theoretisch, forschungsorientiert und nicht unbedingt praxisnah.»