Nina Burri ist die Schlangenfrau. Verbiegen musste sich die Bernerin beim Interview-Termin mit dem Bärnerbär an der Aare aber selten: Offen und ehrlich spricht sie über Heimat, unerfüllte Liebe und – natürlich – ihren Körper.
Nina Burri, sind Sie ein Gfröörli?
Ja, es ist echt schlimm. Bei Shootings kämpfe ich oft mit dem Problem, dass ich, wenn ich einmal kalt habe, nicht mehr warm werde. Als ich mich am Oeschinensee unter einem Wasserfall habe ablichten lassen, klapperte ich noch zwei Stunden später mit den Zähnen. Ich bin in dieser Hinsicht nicht so robust und habe eine schlechte Durchblutung!
Was wäre für Sie die optimale Aaretemperatur?
Aktuell zeigt das Thermometer 19,7 Grad an … Wenn es draussen so schön und warm ist wie jetzt, gehe ich natürlich sofort rein. Kälter dürfte es aber nicht sein.
Also verbringen Sie lieber Zeit am Meer als an der Aare?
Der Fluss macht mir manchmal ein bisschen Angst, weil ich denke: Wenn der so reisst, wie komme ich da wieder raus? Das war bei mir schon als kleines Kind so, als wir bööteln gingen. Ich habe mir immer vorgestellt, was passieren würde, wenn ich jetzt nicht aussteige und in eine Schleuse gerate. Mein Trauma, obwohl nie etwas passiert ist (lacht).
Wir müssen zu unseren Leserinnen und Lesern ehrlich sein: Sie waren vor ungefähr zehn Jahren das letzte Mal in der Aare!
Ich war mit etwa 15 das letzte Mal auf dem Boot, seither noch ein- bis zweimal im Marzili. That’s it! Was damit zu tun hat, dass ich sehr lange im Ausland gewohnt habe.
Sie wissen schon, dass sich sehr viele in Bern nicht zuletzt über die Aare definieren?
Ich bin ja seit Februar wieder in Bern angemeldet und freunde mich mit allem und jedem neu an.
Kein schlechtes Gewissen?
Ich war halt eben weg und habe andere Dinge entdeckt. Ich fühle mich immer dort zuhause, wo ich auf der Bühne stehe, kann mich schnell irgendwo integrieren.
Also war Heimweh nie ein Thema.
Hatte ich nie so fest, da ich seit 16 ständig im Ausland unterwegs bin. Manchmal mehrere Jahre am Stück, hier war ich deshalb eher Zaungast, hatte nie einen grossen Freundeskreis. Wenn ich also Zeit in Bern verbringe, treffe ich vielleicht mal jemanden und bin dann schon wieder weg. Dinge einfach so zu machen, nur fürs Gemüt, das fehlt deshalb etwas in meinem Leben.
Wer mit 16 das Elternhaus verlässt, wird früh zur Selbstständigkeit gezwungen.
Als Balletttänzerin musst du dich mit 14 entscheiden, ob du Profi werden willst oder nicht. Ich habe Tag und Nacht trainiert, lebte damals in einer Glaskugel – nur ich und das Training. Erst später merkte ich dann, dass ich auch noch ein wenig leben sollte.
Wo fühlen Sie sich denn derzeit zuhause?
Berlin liebe ich schon sehr. Eine Weltstadt, in der alles möglich scheint mit vielen grünen Ecken. Gleichzeitig komme ich gerne zurück, um hier in der Schweiz zu arbeiten. Ich mag beide Seiten.
Bern ist international gesehen eine kleine Stadt. Haben Sie nicht manchmal das Gefühl, wenn Sie sich lange im Ausland aufgehalten haben, ein Dorf zu betreten?
Das ist ja das Schöne! Dass hier teilweise immer noch alles gleich ausschaut wie vor dreissig Jahren, dass der Pöstler immer noch weiss, wer ich bin, obwohl ich seit 14 nicht mehr auf dieser Post war (lacht). Sonst ändert sich im Leben ja ständig alles: andere Bühnen, andere Menschen, die mit mir zusammenarbeiten. Mein Training ist die einzige Routine. In Bern kennt man sich und das ist gut so.
Auf welches Essen freuen Sie sich am meisten, wenn sie nach Hause kommen? Fondue?
Nein, mag ich gar nicht. Ich sage meiner Mutter, sie solle einen Hörnliauflauf machen, manchmal gibt es Brätbraten, ihre Spezialität.
Sie stehen im Rampenlicht nicht nur auf der Bühne, sondern generell. Was würden Sie von sich nie preisgeben?
Es gibt einen geschützten Bereich. Ich würde auf Instagram nicht täglich Kussfotos posten, wenn ich in einer Beziehung wäre. Sonst? Ich poste relativ viel auf Social Media, man ist heutzutage ja eh quasi ein gläserner Mensch. Insgesamt bin ich aber froh, wenn über mich als Künstlerin generell geschrieben wird und sich die Leute dann sagen: «Ah ja, die Schlangenfrau, die könnten wir ja noch für unseren Geburtstag buchen!»
Wenn Sie aber einen Freund hätten, würden Sie das kundtun?
Ich würde sicher nicht sagen, ich sei Single, wenn ich in einer Beziehung wäre, logisch.
Sie könnten sagen, dass Sie Ihren Beziehungszustand privat halten möchten.
Ich kann mich nicht andauernd verstecken. Da ist es wohl einfacher, mal zu sagen, dass man jetzt einen Freund hat. Die Öffentlichkeit wird erst neugierig, wenn man abblockt.
Seit wann sind Sie eigentlich schon Single?
Ich hatte letztes Jahr eine Beziehung, die aber nicht lange dauerte. Geschieden bin ich seit zwei Jahren.
Ist eine Beziehung überhaupt ein Thema?
Ja, natürlich. Rein äusserlich habe ich viele gute Männer kennengelernt. In meinem Alter treffen aber häufig zwei sehr gefestigte Leben aufeinander. Die Frage ist dann: Wie viel ist jeder bereit, von sich zu geben? Wenn ich dann Männer treffe, die sehr in ihrem 08/15-Schema gefangen sind, dann denke ich mir, dass ich vielleicht als eine Art Chamäleon in dieses Leben eindringen könnte. Doch wäre das auch gut? Wenn zwei aufeinander zugehen, sollte es schon eine Schnittmenge geben.
Viele Männer in dem Alter haben Kinder
… Ja, viele haben das ganze Game schon erlebt, sind möglicherweise geschieden. Es gibt selten jemanden in meinem Alter, der noch ein unbeschriebenes Blatt ist. Oder aber er ist ein sehr schräger Vogel, der noch nie eine Beziehung hatte. Dann will ich aber nicht diejenige sein, die diese Fesseln löst (lacht).
Wer Sie datet, würde Sie – bei all Ihren Shows – vielleicht Mitte August sehen und dann am 13. Dezember wieder.
Das stimmt wohl (lacht). Es passiert schon mal, dass ich jemanden kennenlerne und denke: «Wann sehe ich den denn wieder?» Und wenn er ebenfalls einen so vollen Terminkalender hat, wirds echt schwierig. Dann müssen beide überzeugt sein, alles füreinander stehen und liegen zu lassen. Also ist zu Beginn ein gemeinsamer Termin wohl zwingend. Später dann, wenn man zusammen ist, muss eh eine Lösung gefunden werden, sonst funktioniert das nicht.
Am besten wäre doch ein Berliner oder zumindest jemand, der dort wohnt.
Ich habe einen Mann kennengelernt, ein Schauspieler, der war aber die ganze Zeit am Drehen. Kaum hatte er frei, war dann das Kind bei ihm. Und daneben führst du eine Whatsapp-Beziehung. Vielleicht ist mir aber die Liebe auch gar nicht vergönnt und ich bleibe für ewig die Schlangenfrau (lacht).
A propos: Ihr Körper ist Ihr Heiligtum.
Sicher. Aber nicht aus Eitelkeit, ich esse sehr gerne, weiss aber auch, wann genug ist. Wenn ich eine Kontorsion mache, spüre ich jedes Stück Kuchen. Das ist dann «huere» hert! Und schliesslich buchen dich ja die Leute und du musst auf der Bühne die beste Version von dir selber sein. Ich weiss also, wieso meine Figur lieber gut ist als schlecht. Deshalb ist mein Körper mein Kapital, ja.
Dass andere Menschen Sie nackt sehen, ist für Sie kein Problem?
Sonst würde ich das ja nicht machen! Es muss künstlerisch einfach stimmen, von der Idee über den Fotografen bis hin zur Inszenierung. Ich ziehe mich nicht für jeden aus, lehne viele Anfragen ab.
Bei allem Respekt: Sie werden nicht jünger. Was ist, wenn Sie in fünf oder zehn Jahren plötzlich beginnen, an Ihrem Körper rumzunörgeln?
Durch Schönheits-OPs kann man etwas höchstens für einen Moment aufhalten. Im Gesicht würde ich sowieso nie etwas machen lassen. Sagen wir mal, ich hätte drei Kinder und mein Busen würde runterhängen, würde ich mir vielleicht eine kleine Straffung gönnen. Aber nicht, um meiner alten Version zu entsprechen. Und ich würde nie zu Silikon greifen oder mir Botox spritzen lassen. Da ist doch viel schöner, wer graue Haare, dafür aber blaue Augen hat. Madonna würde sich doch auch viel besser eingestehen: Hey, ich bin eine coole Alte!
Sie hingegen können zu Recht behaupten: Ich bin 40 und stolz, denn an mir ist alles echt.
Das würde ich auch sagen, ja. Ich habe schliesslich nie etwas machen lassen.
Zurück zum Anfangsthema: Wann sind Sie das nächste Mal in der Aare?
Falls nicht heute mit meinem Kumpel…am 23. August habe ich Geburtstag, dann bin ich wieder in Bern.
Wir zählen auf Ihr Wort.
Toll, und dann schauen alle, ob Nina Burri am 23. August in die Aare springt (lacht).
Yves Schott