100 Dezibel, viel Staub und ein wenig Muskelkater

Laubbläser Ramon Sutter

Aktuell sieht man sie in der ganzen Stadt, doch noch mehr hört man sie: Die Laubbläser, die mit lautem Gebrumm das Herbstlaub von den Strassen Berns blasen. Doch was macht ein Laubbläser eigentlich im Sommer? Und wie geht er selbst mit dem Lärm um? Der Bärnerbär hat Ramon Sutter bei seiner Arbeit begleitet. 

«Wir beschäftigen etwa 30 Laubbläser», erklärt Christoph Teuscher (44), Leiter des Unterhaltskreis Ost von Stadtgrün Bern, gleich zu Beginn. «In der ganzen Stadt gibt es aber etwa rund 100 Laubbläser, die entweder privat oder für das Tiefbauamt der Stadt Bern arbeiten», fährt er fort. Der Unterschied zwischen den Laubbläsern von Stadtgrün und dem Tiefbauamt liege im Einsatzort: Während die Laubbläser des Tiefbauamtes die Berner Strassen vom Laub befreien, kümmern sich die Stadtgrün-Laubbläser um die Parkanlagen wie den Kocherpark oder die grosse Allmend. So zum Beispiel auch Ramon Sutter (36), dessen Arbeitsplatz der Rosengarten ist. Ein schönerer Arbeitsplatz findet sich in Bern wohl kaum, oder? «Die Aussicht ist schon schön», meint Sutter lächelnd. Der gebürtige Basler ist aber nicht bloss Laubbläser. «Das nimmt über das ganze Jahr gesehen nur einen kleinen Teil meiner Arbeit ein», sagt Sutter. Denn ein Laubbläser ist im Sommer nicht einfach arbeitslos. Sutter arbeitet dann als Vorarbeiter in einer von Berns schönsten Parkanlagen. «Ich schaue zu den Bäumen, jäte Unkraut oder giesse die Blumen.»

Bis 800 Tonnen Laub
Der gelernte Landschaftsgärtner arbeitet seit rund vier Jahren für Stadtgrün Bern als Vorarbeiter. Im Herbst und Winter auch als Laubbläser. «Die Hochsaison beginnt im Oktober», erklärt Teuscher. Das letzte Laub werde dann in der Regel kurz vor Weihnachten zusammengeblasen, aber das hänge auch von der Wetterlage ab. «Wenn es regnet oder schneit, können wir das Laub schlecht zusammenblasen, da es zu schwer ist.» Etwa alle zwei bis drei Wochen werde der ganze Rosengarten vom Laub befreit; falls die Wettervorhersage Regen oder Schnee ankündigt, auch häufiger. Wie viel Laub denn da insgesamt zusammenkommt, mag sich manch einer fragen. «Wir von Stadtgrün sammeln jedes Jahr etwa 600 bis 800 Tonnen ein», führt Teuscher aus. Dieses werde dann in eine Kompostieranlage gebracht und weiterverarbeitet.

Laut wie ein Rockkonzert
Laubblasen ist eine laute Arbeit. Je nach Art des Bläsers können gut und gerne 100 Dezibel erreicht werden – das sind in etwa so viel wie bei einem Rockkonzert. «Wir achten darauf, je nach Einsatzgebiet die Arbeitszeiten anzupassen», sagt Teuscher. So werde etwa der Spielplatz im Rosengarten am Vormittag gereinigt, damit die Kinder am Nachmittag ungestört spielen können. «Natürlich lassen wir auch immer gesunden Menschenverstand walten, wann, wo und wie wir das Laub beseitigen», ergänzt Sutter. Auf kleineren Grünflächen nutze man etwa einen Elektrobläser, der leiser ist als sein benzinbetriebener Artgenosse, oder es werde ganz altmodisch mit dem Rechen gearbeitet.

Neben dem Lärm sei aber auch der aufgewirbelte Staub ein grosses Problem, erzählen Teuscher und Sutter. Je nach Gebiet sei das Laub sehr dreckig und wirble dementsprechend viel Staub auf, was sehr unangenehm sei beim Einatmen. Teuscher bekommt wegen des Lärms auch öfters Telefonanrufe von Bewohnern, die sich beschweren wollen.  «Etwa von Leuten, die eine Nachtschicht hatten und am Vormittag schlafen.» Meistens stelle sich dann aber heraus, dass es sich dabei nicht um einen Laubbläser von Stadtgrün Bern gehandelt habe.

Fundgrube Herbstlaub
Ab und zu entdecken Sutter und seine Kollegen auch verlorene Gegenstände im Laub. «Schlüssel und Smartphones sind die häufigsten Fundstücke», so Sutter. Aber auch Münzen und Geldscheine sowie Parkbussen – letztere vor allem im Gebiet der Grossen Allmend, wie Sutter mit einem Lächeln erklärt – finde man ab und zu im Laub. Die gefundenen Gegenstände werden dann gesammelt und auf dem Fundbüro der Stadt Bern abgegeben.

Sutter mag seinen Beruf, das wird schnell klar, wenn er davon erzählt. Auch das Laubblasen mache ihm nichts aus, da es Abwechslung in den Beruf bringe, findet er. Doch: «Laubblasen ist keine einfache Arbeit, es ist anstrengend und am nächsten Tag habe ich oft Muskelkater.» Und auch mit dem Benzingestank und dem Staub müsse man auskommen können. Dafür kann Sutter nach getaner Arbeit den Ausblick auf die Stadt Bern geniessen. Das hat ja dann auch etwas.

Annina Häusli

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