Dänu Stöckli, Phile Knuchel und Küre Hauser – dieser drei Männer standen vor 50 Jahren am Anfang der heutigen Band Roots 66. Nun blicken sie zurück auf eine Zeit ohne Internet, aber vielen Verehrerinnen.
Wie war es, vor fünfzig Jahren vor Publikum zu spielen – und wie ist es heute?
Dänu: Ich war Anfang der Siebziger bei Grünspan aktiv, wir haben viel mit den Rumpelstilz gespielt. Zu jener Zeit lagen die Menschen in den Sälen rum und haben gekifft. Technisch bewegten wir uns damals in einer komplett anderen Welt: Wir hörten uns selber kaum, besassen keine Monitore. Unser Manager bei der ersten Band The Livings kassierte sämtliche Gagen und bezahlte davon das Equipment. Heute sind die Zeiten der miefigen Keller vorbei, ausserdem haben wir gewisse Ansprüche. Wir spielen nicht nur, damit wir gespielt haben. Der Erfolg gibt uns recht, so waren etwa sämtliche «Weisch no»-Konzerte bis jetzt ausverkauft, teilweise schon zwei Jahre im Voraus.
Das macht schon ein bisschen stolz.
Küre: Ja, natürlich. Ich meine: Leute in unserem Alter gehen nicht mehr so häufig in den Ausgang, die Clubs, in denen wir und unsere Fans noch verkehrten, existieren ja praktisch kaum mehr. Wenn wir dann auf der Bühne stehen, freuen sich die Menschen, uns und einander mal wieder zu sehen. Ich sage immer, dass wir eigentlich eine Art grosses Klassentreffen veranstalten.
«Als wir als jungi Giele probten, gab es danach eine Milch-Grenadine und ein Biberli.»
Phile: Als wir damals auftraten, sind wir im ganzen Land rumgekesselt, die Säle waren pumpenvoll. 600 Leute in der Tanzdiele Matte oder im Tscharni in Bern.
Dänu: … für zwei Franken Eintritt!
Phile: … deswegen … stolz … ja, doch, es macht Freude.
Seid ihr der Meinung, dass es, um eine Phrase zu bemühen, früher besser war?
Dänu: Nein, es war einfach anders. Internet gabs noch lange nicht, wenn eine Single erschien, lief man zum Musikladen, kaufte sich die Platte und schrieb sich vielleicht auch noch mühsam den englischen Songtext raus.
Küre: Beim Musikhaus Bestgen oder beim Krompholz standen die Leute Schlange – das muss man sich heute mal vorstellen: Der Markt ist völlig zusammengebrochen, es wird praktisch nur noch gestreamt. Sogar CDs gelten schon längst als veraltet.
Phile: Was sich verändert hat? Die Technik! Früher hat es gescheppert, es klang wie aus Blumentöpfen. Aber das war auch bei den Stones im Hallenstadion so. Und wir haben bekannten Figuren wie Keith Richards nachgeeifert. Vor allem, wenn du selber in einer Band gespielt hast.
Welches war euer Lieblingskonzert, das ihr selbst gespielt habt?
Dänu: Ab 2001, zusammen mit Polo Hofer, sind wir teilweise vor bis zu 50 000 Menschen aufgetreten. Ganz andere Dimensionen, auch wegen Polo natürlich. Die Konzertsääle waren ebenfalls voll.
Sprechen wir noch über eure weiblichen Fans …
Dänu: Es gab einen Event in der Nähe des Neuenburgersees, wo sich alle Frauen, die ein Welschland absolviert haben, einmal im Jahr trafen. Rund 400, ausschliesslich weibliche Fans, die sehr grosse Freude an uns hatten.
Küre: Hatten wir übrigens auch – mehr verraten wir an dieser Stelle nicht (lacht laut).
Phile: Beim ersten Konzert nahmen wir noch die Freundinnen mit, das ging aber furchtbar in die Hose … man stelle sich das vor: 400 Frauen, jede wollte ein Autogramm, daneben stand die Partnerin, die dann doch etwas eifersüchtig war.
Wer war eigentlich der grösste Festbruder von allen?
Dänu: Ich erzähle diese Geschichte immer wieder gerne. Als wir im Tscharni als jungi Giele probten, gab es danach eine Milch-Grenadine und ein Biberli. Alkohol tranken wir keinen, geraucht haben wir sowieso nicht. Das fing erst in den 70er-Jahren an, als wir schon nicht mehr zusammen auftraten. Das hielt sich alles im Rahmen.
Klingt gar nicht nach Sex, Drugs und Rock ‘n’ Roll.
Küre: Heute wird alles ein bisschen seriöser genommen als früher. Bands wie Motörhead gaben gegen aussen vielleicht noch dieses Bild ab, aber das diente nur der Show, sonst hätten die das ganze Programm gar nicht durchgestanden.
Phile: Viele denken ja: Backstage, da geht es ab! Doch was sieht man? Der eine trinkt einen Tee und der andere streckt die Beine und döst vor sich hin. In den 60er-Jahren, ja, da wurden noch Fernseher rausgeworfen. Ohne aber, dass vorher das Fenster geöffnet wurde (lacht).
Fünfzig Jahre – wie lange wollte ihr das noch machen?
Dänu: Das haben wir nicht definiert. Wir drei sind 67 – wir haben soeben einen nigelnagelneuen Übungsraum bezogen. 2021 feiern wir 25 Jahre «Weisch no», das würden wir gerne noch durchziehen.
Küre: Wir geben Vollgas, solange wir Freude daran haben. Und wir müssen natürlich gesund bleiben.
Phile: Wir investieren ja enorm viel Leidenschaft und Herzblut. Auf der Bühne habe ich in den ersten dreissig Sekunden immer noch Lampenfieber. Solange das bleibt, kann ich noch nicht aufhören.
Welchen Song würdet ihr gerne mal spielen?
Dänu (ohne zu zögern): «079» (lacht). Im Ernst: Das Stück muss einem liegen, aber das Repertoire ist zu einem grossen Teil auf Songs aus den Sixties ausgerichtet.
Küre: Es heisst ja: «Follow the Singer.» Wir schauen zuerst auf Dänu, er ist der Leadsänger. Es bringt nichts, wenn nur der Drummer Freude am Lied hat.
Dänu: Man sieht also: Ich sage, wo es langgeht (lacht).
Yves Schott
Am Freitag, 8. März feiern Roots 66 in der Alten Moschti in Mühlethurnen um 20.30 Uhr ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum. Tickets gibt es unter altimoschti.ch. Weitere Konzerte: Mittwoch, 6. November, 19 Uhr im Berner Volkshaus sowie Freitag, 8. November, 21 Uhr in der Mühle Hunziken («Weisch no»).