Der Berner Fabian Lütolf ist Co-Regisseur des Dokumentarfilms «Il nonno che non c’è». Nun läuft der Film über eine Suche nach einem verschollenen Grossvater als lokale Premiere an der Kurzfilmnacht in Bern.
Ein schwarzweisses Bild eines Paares, das vor dem Florentiner Dom posiert, dient als Auftakt zum Film «Il nonno che non c’è». Es ist der Grossvater der Filmemacherin Sara Furrer, den weder sie noch ihre Mutter je kannten. Geblieben sind ein paar Urlaubsbilder und Briefe, die der Verschollene einst an Saras Grossmutter geschrieben hatte. Der Familie wurde lange Zeit gesagt, er sei in seine ursprüngliche Heimat, nach Syrien zurückgekehrt. «Eine Spur führt uns zur nächsten, ähnlich wie bei einem Krimi», so Fabian Lütolf, der gemeinsam mit Sara Furrer, seiner Studienkollegin aus Luzern, bei dem Film Regie geführt hat. «Der Film ist im Rahmen unserer gemeinsamen Diplomarbeit an der Hochschule Luzern entstanden.» Fabian und Sara haben sich auf Spurensuche gemacht und wussten nicht, was sie vor Ort herausfinden würden. Ein Hinweis führte schliesslich zur Information, dass Saras Grossvater nicht nach Syrien zurückgekehrt war, sondern während vieler Jahre in der Hafenstadt La Spezia als Apotheker gelebt hatte. Wer ist der Mann namens Kamran Taan? Lebt er vielleicht sogar noch? Von diesen Fragen angetrieben, machten sie sich auf nach Italien. Entstanden ist ein dokumentarischer Kurzfilm, der die Suche selbst, die dabei entstandenen Begegnungen und schliesslich die überraschenden Funde dokumentiert. Mit rudimentären Italienischkenntnissen schlagen sich die beiden durch. Die Kamera (Marlen Schmid) folgt Sara und Fabian auf verschiedenen Stationen. Den Anfang machen Apotheken in La Spezia. «Alles in allem hatten wir mit unseren Begegnungen grosses Glück», so Lütolf.
In der Wald-Kita
Der Bärnerbär trifft den Filmer in seinem Studio «Setrunners» im Längasse-Quartier. 2018 hat er sich gemeinsam mit David Yela und Saare Yosief selbstständig gemacht. Gemeinsam realisieren die Kommunikationsspezialisten Filme, meist für kommerzielle Zwecke. Eines der ersten gemeinsamen Projekte war ein Auftragsfilm für eine Wald-Kita. «Wir haben die Kinder während eines ganzen Jahres filmisch begleitet, sind regelmässig in ihren Alltag eingetaucht.» Das gefalle ihm am dokumentarischen Arbeiten, diese Einblicke in andere Leben. Bei «Setrunners» machen grundsätzlich alle alles. Doch Lütolf ist am liebsten unterwegs, in Interaktion mit den Menschen. «Das Schneiden ist hingegen weniger mein Ding. Andere, wie zum Beispiel unser Cutter Christian Büttiker, können das besser.» Spannende Geschichten gäbe es überall, findet er. «Es kommt darauf an, wie man diese erzählt.» Bei «Il nonne che no c’è» war das Ergebnis völlig offen. Trotzdem mussten Lütolf und sein Team ein Dossier einreichen, um Fördergelder vom Schweizer Radio Fernsehen, das sie schliesslich erhielten, zu bekommen. «Manchmal sind die Abweichungen von dem, was man ursprünglich plant, gross.» Das Leben der Leute verlaufe nicht nach einem Drehbuch. Da könne es schon mal vorkommen, dass der Protagonist eines Filmes nicht mehr in der spanischen Kommune lebe, in den man ihn hätte porträtieren wollen. «Auf solche Veränderungen zu reagieren, darin liegt ein Teil der Faszination dieser Arbeit», so der Filmer.
Offene Herzen
Dokumentarfilme begeistern Fabian Lütolf besonders. «Authentizität fasziniert mich.» Dabei ist er sich als Regisseur seiner Verantwortung bewusst. Eine isolierte, zugespitzte Aussage, könne rasch ein falsches Bild eines Menschen vermitteln. «Die Tatsache, dass der Gesuchte in unserem Film ein Syrer ist, tut nicht viel zur Sache», so Lütolf. «Wir wollten das nicht ausschlachten.» Die Menschen in Italien reagierten zum Teil skeptisch bis ablehnend, als sie den fremden Namen hörten. Doch sobald Sara sagte, dass sie ihren «nonno» sucht, öffneten sich die Herzen. «Wie schön, dass eine Nichte nach ihrem Grossvater sucht», sagt etwa eine ältere Frau im Film.
Helen Lagger
PERSÖNLICH
Fabian Lütolf wurde am 4.3.1992 in Bern geboren. Er hat Medien- und Kommunikationswissenschaft in Fribourg und «Video» an der HSLU (Hochschule Luzern) studiert. Mit seinen Mitstudentinnen Sara Furrer und Marlen Schmid hat er den Film «Il nonno che no c’è» realisiert. Lütolf führt gemeinsam mit zwei Freunden das Filmstudio «Setrunners» im Berner Länggasse-Quartier.
KURZFILMNACHT
Am 5. Mai macht die Kurzfilmnacht Halt in Bern. Eröffnet wird der Anlass mit der lokalen Premiere «Il nonno che non c’è» von Sara Furrer und Fabian Lütolf in der Cinematte um 19 Uhr und im cineBubenberg um 20 Uhr.
www.kurzfilmnacht.ch