Sein Handy ist nie ausgeschaltet, er blockt keine Anfrage ab: Gundekar Giebel, Leiter Kommunikation der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern, wurde dank Corona zu einem bekannten Gesicht. Auch wegen seines Namens.
Seit Beginn der Corona-Pandemie ist im Leben von Gundekar Giebel nichts mehr so wie es einmal war. Seine Arbeitstage sind länger geworden – elf bis zwölf Stunden sind die Regel –, planbar ist fast nichts mehr, die Ereignisse bestimmen seinen Alltag. Trotzdem sind beim 61-Jährigen noch keine grauen Haare sichtbar. «Doch, doch, schauen Sie!», widerspricht er und weist auf einzelne graue Exemplare hin, man kann sie zählen…
Ab und zu den Rasen mähen
Der Job von Gundekar Giebel war schon vor der Pandemie anspruchsvoll. «Ich erinnere beispielsweise an das Sozialhilfegesetz oder an die Gesamterneuerungswahlen des Regierungsrats 2018», blickt er zurück. Mit dem Beginn der Pandemie verschoben sich die Prioritäten fast ausschliesslich auf Corona, es war eine neue, für alle unbekannte Dimension, «das Unvorhersehbare gab für uns den Ton an», ergänzt der GSI-Kommunikationschef.
«Ich wusste, dass viele Menschen auf Informationen des Kantons warteten. Es galt, wenig Zeit zu verlieren und möglichst umfassend und verständlich zu informieren. Das spornte uns an, wir mussten nie die Sinnfrage stellen!»
Gundekar Giebel macht aber keinen Hehl daraus, dass durch die langen Arbeitstage das Privatleben derzeit zu kurz kommt. Er windet seiner Frau ein besonderes Kränzchen, die für diese besondere Situation von Anfang an grosses Verständnis zeigte «und mir alle privaten Aufgaben abnimmt. Ich beschränke mich zurzeit aufs Rasenmähen», gesteht er schmunzelnd.
Musik spielt im Leben von Gundekar Giebel eine bedeutende Rolle. Der studierte Anglist und Musikwissenschaftler hört beim Arbeiten zuhause gerne klassische Musik. «Sie beflügelt und beruhigt mich zugleich. Eine Umgebung in Bewegung erhöht bei mir die Konzentrationsfähigkeit.» Er ist aber ein ebenso grosser Liebhaber von Soul und Funk und gediegenem American Songbook. Wenn es ihm die Zeit erlaubt, spielt er einige Akkorde auf dem Klavier im Untergeschoss seines Hauses, wo er sich ein Tonstudio eingerichtet hat. Und wer weiss, vielleicht spielt er dereinst wieder in einem Tanzorchester, wie in jungen Jahren? «Ich war mit 16 Jahren damals der jüngste Schüler der Jazzschule in Luzern», sagt er nicht ganz ohne Stolz.
«Der mit dem komischen Namen»
Es vergeht zurzeit wohl kaum ein Tag, an dem Gundekar Giebels Gesicht nicht auf dem Bildschirm von SRF oder des Lokalfernsehens erscheint oder sein Name in den Printmedien zu lesen ist. Wie geht er damit um, stets im Rampenlicht zu stehen? «Mein etwas ungewöhnlicher Vorname bleibt nie unbemerkt. ‹Das ist doch der mit dem komischen Namen›, sagen die Leute. Zudem habe ich an früheren Arbeitsstellen zusammen mit Fachleuten zahlreiche Medientrainings organisiert, war selber in der Ausbildung von Mediamatikern involviert, aber auch meine Auftritte mit dem Tanzorchester haben mir schon eine gewisse Sicherheit gegeben, vor Publikum zu sprechen», erklärt Kommunikator Giebel.
In der Tat, er wirkt bei seinen Auftritten stets beherrscht, sicher, klar im Ausdruck, ruhig, überlegt, strahlt Vertrauen und Sicherheit aus. «Die Leute suchen doch in dieser unsicheren Situation irgendwo Sicherheit, und die versuche ich ihnen zu vermitteln. Das ist schliesslich meine Aufgabe», untermauert Giebel seine Tätigkeit. Es kommt auch hie und da vor, dass er auf der Strasse erkannt und angesprochen wird, dass sich die Menschen bei ihm bedanken. Oder dass Leute seine private Telefonnummer ausfindig gemacht haben und ihn zu Impfterminen befragen oder wissen wollen, wie das Covid-Impfzertifikat beschafft werden kann. «Ich versuche, alle Fragen so gut wie möglich zu beantworten, blocke niemanden ab. Kommunikation findet schliesslich immer und überall statt», so die Maxime von Gundekar Giebel.
So hat er sich auch das stabile Vertrauen der Journalistinnen und Journalisten erworben. War er zu Beginn seiner Tätigkeit vor vier Jahren vor allem Vermittler von Fachpersonen, ist er heute die Anlaufstelle für sämtliche Medien-Anfragen. Nicht selten erreichen ihn die letzten Medienanfragen noch um 22 Uhr zuhause. «Wir haben in der GSI-Kommunikation eine klar geregelte Aufgabenteilung. Regierungsrat Pierre Alain Schnegg gibt Auskunft über politische und strategische Belange der Krise, Kantonsärztin Linda Nartey über alle medizinischen und epidemiologischen Fragen und deren Interpretation. Ich übernehme dann diese Erkenntnisse und informiere so über die Haltung des Kantons Bern. Die interne Drehscheibe ist der Sonderstab ‹Corona›.»
Der Sommer steht bevor, die Corona-Lage hat sich merklich entspannt. Liegen Ferien für Gundekar Giebel in greifbarer Nähe? «Ja, auf alle Fälle», lässt die Antwort nicht lange auf sich warten. «In den ersten beiden August-Wochen hört und sieht man mich nicht in der Öffentlichkeit. Meine Frau und ich bleiben in der Schweiz und besuchen sicherlich unsere betagten Mütter, ohne dass wir auf die Uhr schauen müssen.» Sonst plant er nichts, setzt auf Spontaneität – fast wie im Berufsalltag.
Peter Widmer