Regula Unteregger leitet das Alters- und Versicherungsamts der Stadt Bern (AVA) und ist damit auch für jene 23’979 ältere Menschen zuständig, die das ordentliche Pensionsalter erreicht und damit Anspruch auf AHV und, je nach finanzieller Situation, auch auf Ergänzungsleistungen haben.
Das Büro von Regula Unteregger ist lichtdurchflutet, schlicht und sehr stilvoll eingerichtet. Es ist ein Abbild der Frau, die darin wirkt, schaltet und waltet. Auf die Frage hin: «ab wann ist man alt?» schmunzelt sie und bedient sich erst des geflügelten Wortes «man ist so alt, wie man sich fühlt». Dann wird sie ernst: Denn sie ist sich – Kraft ihres Amtes und als Mensch – mehr als bewusst, wie wichtig das Thema Alter ist und wie gross die Herausforderungen, in Würde älter zu werden, in Zukunft Politik und Gesellschaft beschäftigen werden. Ihr Credo – angelehnt an die Bundesverfassung – ist: «Die Gesellschaft misst sich an der Art, wie sie mit Schwachen umgeht.»
Immer mehr Kundinnen und Kunden
Der Anteil der Bevölkerung 60+ in der Stadt Bern steigt. Im Jahr 2015 betrug die Gesamtbevölkerung 140’567 Menschen. Der Anteil der Personen 60+ mit total 30’065 betrug 21,4%. Prognosen für das Jahr 2035 ergeben eine Gesamtbevölkerung von 153’842 Personen und die Gruppe 60+ hat bei 34’522 Personen einen Anteil von 22,4%. Aktuell erhalten 4’521 AHV-RentnerInnen Ergänzungsleistungen. Aufgrund der demographischen Entwicklung werden es 2035 rund 5’190 Personen sein. Tendenz steigend. Regula Unteregger und ihr Team betreuen also immer mehr Kundinnen und Kunden. Viele davon sind fit und aktiv. Andere haben gesundheitliche Probleme, sind in ihrem Alltag eingeschränkt und nicht wenige plagen finanzielle Engpässe. «Oft reicht die AHV nicht aus, um die Lebenshaltungskosten zu decken», betont Unteregger. Hier greife das Anrecht auf Ergänzungsleistungen (EL). «Die AHV und die EL sind auf Bundesebene geregelt, die Ausrichtung von EL obliegt den Kantonen», ergänzt die Chefin. Die EL bestehe aus zwei Kategorien: einerseits aus jährlichen Leistungen, die monatlich ausbezahlt würden und andererseits aus der Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten.
Bern ist «Age friendly»
Die Stadt Bern gehört zu den «Age friendly cities» WHO (altersfreundliche Städte der Weltgesundheitsorganisation). Das Kompetenzzentrum Alter des Alters- und Versicherungsamtes setzt die städtische Alterspolitik um, trifft Massnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität von älteren Bürgerinnen und Bürgern nach ihren individuellen Möglichkeiten und Bedürfnissen und fördert eine möglichst lange Wahrung der Selbstständigkeit. «Dafür hat die Stadt Bern ein Alterskonzept 2020 mit Massnahmeplänen umgesetzt und arbeitet jetzt an der Strategie 2030. Die Stadt Bern will für alle diese Menschen eine attraktive Stadt sein», sagt Unteregger und betont, dass die Partizipation mit unterschiedlichen Anspruchsgruppen den Kern der Arbeit bilde. «Es ist unsere Aufgabe, die Bedürfnisse der älteren Bevölkerung wahrzunehmen, zu erkennen und diese auf kantonale Ebene und Bundesebene zu bringen. Dies im Bestreben und in der Hoffnung, dass gesellschafts- und finanzpolitische Anpassungen auf allen Ebenen umgesetzt werden.» Das Nachbarschaftsprojekt «Socius Bern – zuhause in der Nachbarschaft» ist gemäss Unteregger von zentraler Bedeutung. «Quartiere sollen so ausgestaltet werden, dass entsprechende Dienstleistungsangebote für ältere Menschen vorhanden sind und die Nachbarschaftshilfe greift», sagt Unteregger. Die Stadt Bern sei mit der Realisierung einer Caring Communitiy auf gutem Weg. Dabei weist Unteregger auf das laufende Pilotprojekt der Stadt hin, in dessen Rahmen gezielt Betreuungsleistungen finanziert werden (siehe Kasten). Unteregger fordert die Bevölkerung 65+ auf, diese Möglichkeit für Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen, wenn ein Bedarf besteht und eigene Finanzierungsmöglichkeiten fehlen.
Carina Ammonn