Brigitte Roux, Produzentin von Rendez-vous Bundesplatz erklärt, wie all die Feen, Kobolde und singenden Bäume entstehen und gestochen scharf am Bundehaus erscheinen.
Noch bis am 25. November sind sie an der Fassade des Bundeshauses zu bewundern. Die mystisch- sagenhaften Gestalten im Märchenwald. Mit dem Programm «Mystic» nimmt das Licht- und Tonspektakel seine Gäste mit auf einen aussergewöhnlichen Waldspaziergang. Die Fassade wird dreimal pro Abend von kräftigen Baumwurzeln und bunten Pilzen bewuchert, in blaues Mondlicht getaucht und mit kunstvollen Spinnennetzen überzogen. Das Publikum wird Zeuge einer faszinierenden Show für Nachtfalter und eines rhythmusbegabten Honigbären. Wie so oft bei Rendez-vous Bundesplatz versteckt sich hinter Ästen und Zweigen aber auch eine Botschaft: Schnell wird klar, dass unzählige Tier- und Pflanzenarten im Wald Schutz und Geborgenheit finden.
Brigitte Roux, die Initiantin und Produzentin von Rendez-vous Bundesplatz, hat sich vor rund 15 Jahren auf Lichtkunst spezialisiert. Die ehemalige Werberin gibt uns spannende Einblicke hinter die Kulissen. Sie erklärt, wie ihre Geschichten entstehen und was es alles braucht, bis das Bundeshaus millimetergenau und gestochen scharf verzaubert wird.
Wie entwickeln Sie ein neues Thema für Ihr Rendez-vous Bundesplatz-Spektakel?
Brigitte Roux: Manchmal wache ich in der Nacht auf und habe eine Idee. Für das aktuelle «Mystic»-Programm haben wir uns auch vom Erfolg der letztjährigen Unterwasserwelt rund um den «Point Nemo» und vielen leuchtstarken Effekten inspirieren lassen. Die Gäste hatten grossen Spass daran, konnten staunen und einfach nur geniessen. Uns war klar, dass wir mit solch emotionalen und berührenden Geschichten weiterfahren müssen. Deshalb gehen wir in diesem Jahr in den Wald und lassen uns dort verzaubern.
Wer macht aus der Idee eine Geschichte, die an der Bundeshaus-Fassade funktioniert und die Menschen fesselt?
Jedes Programm hat drei Ebenen. Erstens die Geschichte, dann die Bildwelten und drittens die Musik, welche die Geschichte untermalt. Wenn das Hauptthema steht, diskutiere ich mit meinen Künstlern während Monaten sehr intensiv. Die Künstler, das ist Tim Schmelzer und sein Team von Lumine Projections aus Wien. Sie denken kreativ mit, schreiben das Storyboard, wählen mit mir zusammen die Musik aus und kreieren die Bildwelten.
Das ist ein guter Punkt. Wie realisieren sie diese fantastischen Bildwelten?
Das ist ein hochkomplexer Prozess. Die 3D-Mapping-Spezialisten aus Wien zeichnen, gestalten und komponieren am Computer die einzelnen Bilder. So entstehen rund 80 000 Einzelbilder, die am Schluss zur fertigen Story zusammengefügt werden. Das ergibt jeweils ein riesiges Datenvolumen. Deshalb kann der fertige Film nicht online verschickt, sondern muss auf einer Festplatte nach Bern transportiert werden.
Die Bilder sind exakt auf die Fassade des Bundeshauses angepasst. Wie ist diese Millimeterarbeit überhaupt möglich?
Auch dafür haben wir Spezialisten. Einige Tage vor der ersten Show sitzt der bekannte Mediadesigner Frank Junghahn drei Nächte lang mit Computer und Feldstecher ausgerüstet vor der Hauptkabine. Von dort aus passt er alle Bildsequenzen millimetergenau an die Bundeshaus-Fassade an. Diese Arbeit – das sogenannte Einmappen – kann er nur machen, wenn es dunkel ist. Seine Arbeitsnächte dauern jeweils von zehn Uhr abends bis zum Morgengrauen.
Die Bilder passen nicht nur haargenau auf die Fassade. Sie sind auch gestochen scharf. Wie schaffen Sie diese verblüffende Bildqualität?
Wir setzen modernste Licht- und Tontechnik ein. Die Bilder werden von acht extrem lichtstarken Laser-Phosphor-Projektoren an die Fassade projiziert. Diese Geräte sind auf drei verschiedenen Projektionstürmen vis-à-vis vom Bundeshaus aufgebaut und werden ganz präzise ausgerichtet. Gleichzeitig sind sie sehr energiesparend, laufen mit 30 Prozent weniger Strom als ihre Vorgänger. Überhaupt: Damit wir die ganze Show in dieser hohen Qualität realisieren können, braucht es zwei Sattelschlepper, die das ganze Material und die technische Ausstattung nach Bern bringen.
Jürg Morf
PERSÖNLICH
Brigitte Roux (66), die Initiantin und Produzentin von Rendez-vous Bundesplatz, realisiert bereits das 13. Lichtspektakel am Bundeshaus. Ihr Leben ist geprägt von einem Hermann Hesse-Zitat: Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen. Roux wohnt in Kilchberg am Zürichsee und geht während der Pilzsaison gerne in den Wald Eierschwämme sammeln.