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Das Herz der ansässigen Bauern hat sie im Sturm erobert

Die Berner Milchtechnologin Daniela Weber führt als bisher einzige Frau in der Region eine Dorfkäserei. Die junge Frau nutzte ihre Chance und produziert erfolgreich GruyèreAOP-Käse. Akzeptiert wurde sie von Anfang an.

«Hier hat es alles und man kennt sich.» Die Bäckerei, der Dorfladen, die Beiz, die Kirche und das Schulhaus sind in Gehdistanz zur Käserei Wünnewil. Daniela Weber, Pächterin der Käserei, gefällt es in dieser Gegend. Wie kommt es, dass eine engagierte junge Berner Milchtechnologin als erste Frau in der Region eine Käserei führt und erfolgreich Gruyère-AOP-Käse produziert? «Ich bin auf einem Bauernhof in Innerberg aufgewachsen und habe immer gerne handwerklich gearbeitet.» Schmunzelnd erwähnt Daniela Weber, dass sie als Kind nicht wirklich Interesse an der Schule hatte. «Mir war immer klar, dass ich nach der neunten Klasse gleich eine Lehre machen will.» Sie schnupperte in verschiedenen Berufen, als Bäckerin, als Köchin, Gärtnerin, Metzgerin und eben auch als Milchtechnologin. «Diese Ausbildung faszinierte mich, weil sie sehr vielseitig ist und einen starken Bezug zur Landwirtschaft hat.»

Gleichberechtigung und Tradition gehen Hand in Hand
Nach der Lehre und einigen Jahren Berufserfahrung kam im Sommer 2020 die grosse Chance. Die bisherigen Pächter der Käserei wollten aufhören, suchten eine Nachfolgelösung – und fanden Daniela Weber. «Ein Kollege meinte, dass die Käserei doch etwas für mich wäre. Ich habe mir die Käserei angeschaut. Und dann ging plötzlich alles schnell.» Daniela Weber erhielt den Zuschlag und zügelte in die grosse Wohnung über der Käserei. «Ich hatte doch nichts zu verlieren. Als Pächterin zahle ich der Genossenschaft einen sogenannten Hüttenzins. Das ist ein Betrag pro Kilo Milch, die mir die Bauern bringen. Damit bezahle ich den Zins für das Gebäude mit Käserei, Laden und der grossen Wohnung im ersten Stock.» Diese bewohnt Daniela Weber zusammen mit ihrer Schwester und einer ihrer beiden Mitarbeiterinnen. «Meine Schwester studiert Tierärztin und wohnt gratis bei mir. Wir haben abgemacht, dass sie hier Kost und Logis erhält, dafür ab und zu in der Käserei hilft und den ganzen Haushalt macht.» Entschlossen geht die junge Chefin ihren Weg. Sie ist vielseitig interessiert und kann es dank ihrer ruhigen, humorvollen Art gut mit Menschen. «Die Bauern, die uns die Milch bringen, haben mich schnell akzeptiert und auch unsere Kunden schätzen meine neuen Ideen und kommen gerne bei uns einkaufen.» Neben ihrem Beruf liegt ihr auch die Landwirtschaft am Herzen und die Trachtengruppe, in der sie seit ihrer Kindheit Mitglied ist. Ihre Vielseitigkeit zeigt sich noch auf einem ganz anderen Gebiet. Daniela Weber engagiert sich für Gleichberechtigung und für gleiche Berufschancen von Mann und Frau. «Schon als Kind störte mich, dass wir Mädchen in der Unterstufe den Handarbeits-Unterricht besuchen mussten und die Buben das Werken. Diese erzwungene Aufteilung habe ich nie begriffen. In der Oberstufe kam noch der getrennte Turnunterricht dazu. Mit dieser Trennung wird die vielseitige Entwicklung der Kinder gehemmt. Einige Mädchen wären gerne ins Handwerken gegangen oder hätten Fussball gespielt.»

Arbeitsbeginn ist um 4 Uhr morgens
Zurück in die Käserei, wo das Licht schon früh am Morgen brennt. Zwischen vier und halb fünf Uhr beginnt Daniela Webers Arbeitstag. Zuerst geht sie für rund eine Stunde in den Keller und pflegt die Käselaibe. Etwa um halb sechs startet auch ihre Mitarbeiterin. Zusammen packen sie die Käse des Vortages aus den Pressformen und geben sie ins Salzbad. Danach waschen sie die Pressen und machen alles für die neue Produktion bereit. Kurz nach sechs bringen die Bauern ihre Milch. Diese kommt, zusammen mit der Abendmilch, in das grosse Kessi, wo sie vorreift und die Kulturen beigegeben werden. «Danach, etwa um sieben Uhr, essen wir zusammen Zmorge. Nach dieser Pause geht es weiter mit Käsen, bis wir die frischen Käse in die Pressformen abfüllen können.» Damit ist die tägliche Hauptarbeit in der Produktion abgeschlossen. Bis zum frühen Zmittag um elf Uhr arbeitet Weber noch im Käsekeller oder im Büro.

Jürg Morf

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