Vg 9127 Opt

Das Museum, das direkt mit seinem Publikum spricht

Seit 2010 ist die Thunerin Jacqueline Strauss Direktorin des Museums für Kommunikation mit rund 50 Mitarbeitenden. Jahr für Jahr kann das Haus steigende Besucherzahlen vermelden. Der Erfolg kommt aber nicht von ungefähr.

Das Museum für Kommunikation segelt seit einigen Jahren auf Erfolgskurs, keine Frage. Besuchten Ende der 1990er-Jahre keine 40000 Personen das Museum, waren es 2006 knapp 60000 und 2018 konnte ein Besucherrekord von 104700 Personen verzeichnet werden. «So wie es heute aussieht, dürfte diese Zahl 2019 nochmals übertroffen werden», verrät Museumsdirektorin Jacqueline Strauss. Worauf basiert dieser Erfolg? Das Museum für Kommunikation entspricht spätestens seit der Gesamterneuerung vor zwei Jahren in keinster Weise dem Klischee des «verstaubten Museums». Strauss erklärt es so: «Bei uns kann man Kommunikation erleben, spielerisch interaktiv tätig sein. Die Besuchenden sind nicht bloss Konsumenten, sondern Akteure.»

Kommunikation ist alles
Bei der Gesamterneuerung der Kernausstellung hat es sich das Museumsteam nicht einfach gemacht; die Vorarbeiten dauerten fünf Jahre, ein Jahr lang war das Museum geschlossen, bis es im August 2017 wiedereröffnen konnte. Dazu Jacqueline Strauss: «Bevor wir mit der Gesamterneuerung begannen, befragten wir verschiedene Zielgruppen nach ihren Erwartungen ans Museum für Kommunikation. Auch arbeiteten wir mit erfahrenen holländischen Szenografen zusammen, die uns die fachliche Aussensicht vermittelten; diese sagten: ‹Kommunikation ist alles.›» Das Resultat darf sich sehen lassen. Ohne Zweifel wird das Haus heute als Museum für umfassende Kommunikation wahrgenommen. In den Ausstellungszonen wird Kommunikation in allen Facetten präsentiert. «Ich denke ans Datacenter mit der gesamten digitalen Transformation und deren Auswirkung auf unser Leben oder an den Raum mit 66 Kommunikationstheorien», begeistert sich die Direktorin. Die neue permanente Ausstellung ist so angelegt, dass eine dynamische Kuratierung möglich ist: Neue Themen wie «Influencing» oder «Alexa, die digitale Assistentin für Sprachbefehle» können laufend integriert werden.

Wie entsteht ein Thema?
Um es vorweg zu nehmen: Von der Themenfindung bis zur Ausstellungseröffnung findet ein Prozess von anderthalb bis zwei Jahren statt. An einem moderierten Kreativworkshop mit dem Museumsteam und Externen wird ein so genannter Themenkorb gefüllt. «Die Frage lautet immer: Was sind gute Ausstellungsthemen der Zukunft? Was bewegt uns? Brainstormmässig füllt sich dann der Themenkorb», erläutert Jacqueline Strauss den kreativen Prozess. Die endgültige Filterung obliege dann der Geschäftsleitung. «Letztlich verbleiben vielleicht fünf Themen, worüber die Geschäftsleitung zusammen mit dem Kurator definitiv entscheidet.»

Kommunikator – ein neuer Beruf
Die Zeiten der gelangweilten Aufsichten, die nur reagieren, wenn ein Besucher einen Ausstellungsgegenstand berührt, sind im Museum für Kommunikation endgültig vorbei. Mit der Kommunikation im Firmennamen drängt es sich förmlich auf, Menschen im Museum zu beschäftigen, die in aktiven Kontakt mit dem Publikum treten. So gibt es seit der Gesamterneuerung der Kernausstellung exklusiv Kommunikatorinnen und Kommunikatoren, die das Publikum begrüssen, Führungen bewältigen und die Besuchenden nicht selten direkt ansprechen: «Haben Sie ein Lieblingsobjekt in unserem Museum? Darf ich Ihnen meinen persönlichen Favoriten zeigen?» Die Besuchenden erkennen sie an den schwarzen T-Shirts oder Hemden, worauf sie einen individuellen, originellen Spruch anbringen können. «Diese Mitarbeitenden sind das Herzstück unseres Museums und schweizweit einmalig!», fasst Jacqueline Strauss zusammen. Die Direktorin verbringt auch ihre Freizeit oft in Museen. «Dort bin ich jeweils eine etwas auffällige Besucherin, weil ich bereits im Eingangsbereich stehen bleibe und mich nach möglichen Objekten, Texten und Besucherführungen umschaue. Oft geht es nicht lange, bis mir eine Aufsichtsperson – nicht Kommunikatoren! – ihre Hilfe anbietet», lacht Jacqueline Strauss über ihre «Déformation professionnelle».

Peter Widmer

Weitere Beiträge

Weitere Beiträge