Sie produzieren feine Käse­sorten, Joghurts und Crème Fraiche auf rein pflanzlicher Basis. Wie zwei junge, engagierte und furchtlose Menschen ein preisgekröntes Pionierunternehmen aufbauten.

Mit zwanzig haben alle Jungen grosse Träume, wollen die Welt verändern und ihre Sehnsüchte verwirklichen. Leider gelingt es nur wenigen, ihre Jugendträume in die Tat umzusetzen. Alice Fauconnet und Freddy Hunziker haben es getan – und wie! Sie lernten sich 2012 in Frankreich kennen. Die Französin Alice, damals 22-jährig, studierte in Paris Sozialanthropologie. Der 19-jährige Freddy war als professioneller Downhill-Biker erfolgreich. Sie teilten viele ethische Grundsätze, interessierten sich zum Beispiel für Tierrechte, sorgten sich um die Zukunft unseres Planeten und lebten als überzeugte Veganer. Diese Wertvorstellungen deckten sich jedoch nicht mit ihrer Leidenschaft für Käse und so begannen sie, über Alternativen auf rein pflanzlicher Basis nachzudenken. Erfahren Sie von Co-Gründerin Alice, wie die beiden aus Überzeugung und mit viel Hingabe die vegane Molkerei «new roots» aufbauten und zum Erfolg führten. (Freddy weilte zum Zeitpunkt des Gesprächs im Spital, da er wenige Tage zuvor beim Gleitschirmfliegen verunfallt war.)

Wie habt ihr angefangen, um euren Traum vom veganen Käse zu verwirklichen?
Alice Fauconnet: Alles begann 2014, als sich Freddy beim Downhill-Biken verletzte und mehrere Monate zu Hause blieben musste. Er experimentierte in unserer Küche stundenlang mit verschiedenen Arten von Nüssen und mit Pflanzenmilch. Bald schon standen auch im Keller allerlei Maschinen und Geräte. Wir hatten beide etwas Erfahrung mit dem Fermentieren von Lebensmitteln. Alles weitere lernten wir mühsam nach dem Prinzip «try and error». Doch siehe da, nur wenige Monate später konnten wir erste vegane Frischkäse-Sorten auf dem Thuner Bio-Märit verkaufen.

Es begann also spontan in Küche und Keller. Was war euer Plan?
Vielleicht waren wir noch zu jung, um alle Konsequenzen abschätzen zu können. Wir hatten keinen Plan, aber ganz viel Leidenschaft und einen grossen Traum: wir wollten authentischen handgemachten Käse produzieren, aber mit mehr Respekt für die Tiere, die Umwelt und die Gesundheit der Menschen. Vor allem Freddy war fest entschlossen. Wenn er ein Ziel vor Augen hat, geht er ohne Furcht und Kompromisse los und gibt alles.

War von Anfang an klar, dass ihr die tierische Milch durch Cashewnüsse ersetzen wollt?
Freddy fand beim Experimentieren bald heraus, dass sich Cashewnüsse gut eignen. Sie sind der Milch bezüglich Protein, Fett und Zucker sehr ähnlich. Vermischt mit Wasser haben die gemahlenen Nüsse die gleiche Farbe und Konsistenz wie tierische Milch und können mit herkömmlichen Molkerei-Verfahren weiterverarbeitet werden.

Wie unterscheidet sich der Käse von new roots von anderen veganen Käsesorten?
Wir stellen unsere Käse nach traditionellen handwerklichen Methoden her, die wir hier in der Region kennenlernten. Andere Hersteller suchen die Lösung, indem sie Textur und Geschmack von Käse durch Zusatzstoffe nachbilden.

Die neue Fabrik in Oberdiessbach ist beeindruckend. Wie habt ihr diese hochprofessionelle Infrastruktur gebaut?
Unsere Ingenieure liessen sich von einer japanischen Technologie inspirieren und entwickelten ein sehr sparsames, auf flüssigem und festem CO2 basierendes Energiesystem. Die Produktionsanlage läuft mit Wasserkraft und ganz ohne fossile Brennstoffe. Die erzeugte Energie wird in einem kontinuierlichen Kreislauf wiederverwendet. Die neue Fabrik haben wir über Bankkredite finanziert, denn wir wollen uns unabhängig von Investoren weiterentwickeln.

Wo können interessierte Berner:innen eure «new roots»-Produkte kaufen?
Sie sind seit längerem in zahlreichen Berner Filialen von Coop und Migros erhältlich. Auch in den Rüedu-Containern und praktisch allen Bioläden und Reformhäusern können «new roots»-Spezialitäten Produkte gekauft werden. Wir bieten ja nicht nur den bekannten Soft White, die vegane Alternative zum Camembert. Es gibt bereits ganz feine Alternativen zu Fondue, Raclette und Grillkäse sowie verschiedene Joghurts, Crème fraiche und Kochcrème.

Jürg Morf