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«Die dümmsten Verpackungen gibt es zur Weihnachtszeit»

Seit zwanzig Jahren leitet Daniel König (49) den LOLA, den Lorraine-Laden. Hier gibt es unverpackte, vegane und nachhaltig produzierte Lebensmittel.

«Frische Steinpilze», verspricht ein Schild vor dem LOLA in der Lorraine. Drinnen gibt es eine schöne Käsetheke, vegane Teigwaren, lokal gebrannte Spirituosen und Waschmittel, die man gleich selbst abfüllen kann. Daniel König leitet den Laden seit zwanzig Jahren – und es ist ihm bis heute noch nicht langweilig geworden dabei. «Es gefällt mir, das Soziale mit dem Wirtschaftlichen zu verbinden», erklärt er seine Begeisterung. Der LOLA wird von der Stiftung CONTACT betrieben, die verschiedenste Angebote für Suchtkranke offeriert. Klientinnen und Klienten von CONTACT arbeiten im LOLA im Versand oder im Verkauf und finden so zu einem strukturierten Tagesablauf zurück. Manche machen sogar eine mehrjährige Lehre. «Bei uns haben auch Menschen mit einer ungradlinigen Biografie eine Chance», sagt König. «Als Bruder einer geistig behinderten Schwester hatte ich schon immer Verständnis für Andersartigkeit.»
Im LOLA haben schon viele Leute wieder Fuss gefasst. Mit manchen bleibt König in Kontakt und freut sich, wenn er hört, dass jemand seinen Weg gefunden hat. Das Geschäft wirbt mit den Slogans «bio», «saisonal», «unverpackt» und «vegan». «Dass es auch Fleisch gibt, passt radikalen Veganern nicht», sagt König. «Das nehme ich mit Respekt zur Kenntnis.» Anhand eines «v’s» oder eines durchgestrichenen «v’s» kann man auf jedem Produkt erkennen, ob es vegan ist oder nicht.
König selbst ist Vegetarier. Im LOLA biss er einmal aus Neugierde in eine Wurst, die betörend gut roch. Mit ern ü c h t e r n d e m Resultat. «Das olfaktorische Versprechen war grösser gewesen als der eigentliche Genuss.» Die Historie des Ladens reicht weit zurück. «Früher war das Geschäft eine von Freaks geführte Genossenschaft», erklärt König. 1997 hat die Stiftung CONTACT den Laden übernommen und zügelte ihn 2014 an den heutigen Standort, in dem sich in den Vierzigerjahren das erste Migros von Bern befand. König und sein zehnköpfiges Team haben den ursprünglichen Boden wieder hervorgeholt, die Täferwände entfernt und die mit blauen Plättli bestückten Säulen renoviert.

Duschgel mit Gaze
Der LOLA setzt auf zahlreiche Kooperationen. 200 verschiedene Lieferanten sorgen für ein vielfältiges Sortiment, zu dem Marken wie Buddha-Tee oder Gasparini-Eis gehören. Und natürlich arbeitet König mit dem Erfinder des LOLA-Cola-Rezeptes zusammen. Die Idee dahinter: Eine Cola, die nachhaltig produziert wird, aber auch tatsächlich wie eine Cola schmeckt. Geschützt ist der Name «Cola» im Gegensatz zu «Coke» nicht. «Er bedeutet lediglich koffeinhaltige Brause», so König.
Der LOLA war oftmals der erste, der etwas in Bern anbot. Zwischen Migros und Denner eingeklemmt, setzte König voll auf die Nische «bio». In Berlin hatte er vor etwa sechs Jahren gesehen, wie in einem Laden ausschliesslich Unverpacktes verkauft wurde. Seit 2017 ist das auch im LOLA so. «Die dümmsten Verpackungen gibt es jeweils zur Weihnachtszeit», echauffiert sich König. «Da wird ein Duschgel im Karton mit Gaze eingewickelt, nur damit es feierlich aussieht.» König selbst kauft 90 Prozent in seinem eigenen Laden ein. Geht er nie in die Migros? «Höchstens, wenn ich gerade aus den Ferien zurück bin und nicht gleich als erstes in den Laden will.»

Zweiter Shop im Mattenhof
Corona bedingt ist LOLA momentan eine Einbahnstrasse, damit Kundinnen und Kunden nicht querbeet nach Nüssen oder Ingwer suchen. «Corona hat uns wegen Lieferengpässen und Personalausfällen stark gefordert», sagt König.
Mittlerweile hat sich die Lage aber normalisiert. Vor einem Monat hat die Stiftung CONTACT im Mattenhof ein zweites LOLA-Geschäft eröffnet, ausserdem betreut LOLA auch einen veganen Online-Shop. LOLA bedeutet ursprünglich «Lorraine-Laden». Doch der Brand ist mittlerweile so bekannt, dass es keinen Sinn machte, an einem anderen Standort den Namen zu ändern. «Wenn man LOLA googelt, kommt alles von Musik, Film bis hin zu String und Bier», so König. «Und es ist auch einfach ein schöner Name.» Helen Lagger

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