Adrien Schmidt ist gerade einmal 18 Jahre alt und kandidiert für den Nationalrat. Der Jungfreisinnige räumt sich keine grossen Chancen ein, erhofft sich aber einen Wahlsieg für die Liberalen. Und dass er beim Wahlkampf viele Erfahrungen sammeln und sein Netzwerk erweitern kann.
Adrien Schmidt trägt ein blaues Hemd und blaue Sportschuhe. Es ist die Farbe des Freisinns. Am 20. Oktober werden die Mitglieder des Nationalrats für die nächste Legislatur gewählt. Bereitwillig posiert Schmidt vor dem Bundeshaus und erzählt, warum er gerne dort einziehen würde. Er ist Mitglied bei den Jungfreisinnigen und kandidiert mit gerade einmal 18 Jahren um einen Sitz im Parlament. Bisher hatte er jedoch kaum Zeit für Wahlkampf, wie er verrät. Er ist gerade aus Südwestfrankreich zurückgekehrt, wo er gekellnert hat. Der gebürtige Berner ist Doppelbürger. Sein Vater ist der Schweizer FDP-Politiker Alexandre Schmidt und seine Mutter die französische Politikerin Isabelle Schmidt-Duvoisin. Er sei in Bern ineinem sehr politischen Haus aufgewachsen, erzählt Schmidt. Am Esstisch werde sehr viel über nationale, französische und Lokalpolitik diskutiert. «Auch mein zwölfjähriger Bruder interessiert sich bereits dafür.» Seine Chancen schätzt er als gering ein. «Es geht mir vor allem darum, Erfahrungen zu sammeln und mein Netzwerk zu erweitern.» Der Vater, der ebenfalls kandidiert, freue sich natürlich über sein Engagement. Sie stünden sich politisch nah. Nun gelte es, Freunde und Nachbarn zu mobilisieren. Ein Liberaler sei er aus Überzeugung. «Ein schlanker aber starker Staat ist mir wichtig», so Schmidt. Gerade im Vergleich mit Frankreich sehe er immer wieder, dass die Schweiz es punkto Bildung und Wirtschaft richtig mache. Von der französischen Spezialität – dem Streiken und der 35-Stunden-Woche – hält Schmidt gar nichts. «Die Unternehmen müssen frei sein.» Über den Präsidenten Emanuel Macron sagt Schmidt: «Er sagt viel, tut wenig und wirkt arrogant.» Das liege auch am französischen Wahlsystem, bei dem vorwigend Eliten an die Macht kämen.
Alter ist kein politisches Profil
Versteht sich von selbst, dass Schmidt sich weder an den Klimastreiks noch am Frauenstreik beteiligt hat. «Streik ist nie die Lösung», ist er überzeugt. Das Thema Ökologie beschäftigt ihn allerdings schon. Sinnvoller als dem Unterricht fernzubleiben sei Umweltbildung. Die Schweiz habe aber schon viel richtig gemacht, glaubt er. Sie sollte andere Länder mit Ideen und neuen Technologien unterstützen. «Jeder kann auch selbst viel tun», ist Schmidt überzeugt. Er selbst fliege zum Beispiel nur, wenn es unbedingt nötig sei. Dass die Zukunft weiblich sei, findet er gut. «In meinem Jahrgang haben mehr Frauen als Männer die Matura am Freien Gymnasium Bern abgeschlossen», sagt er. Wenn man bedenke, dass Frauen vor fünfzig Jahren noch kein Wahlrecht hatten, habe sich doch vieles zum Positiven verändert. Eine klare Position hat Schmidt zum Rentenalter: «Beide Geschlechter sollten bis 66 arbeiten.» Wenn es um das Thema Migration geht, gibt er sich moderat. Von der Radikalität der SVP hält er nichts, die SP sei ihm zu nachsichtig. Zwischen der Mutterpartei und den Jungfreisinnigen sieht er keine grösseren Differenzen. «Wir kommunizieren ein wenig anders und sind tendenziell weniger konservativ», sagt er nach einigem Zögern. Das Liberalisieren von weichen Drogen etwa, stünde eher auf der Agenda des Jungfreisinns. Dass er der jüngste Kandidat ist, das wolle er nun auch für seinen Wahlkampf nutzen. Ein Umstand, der noch kein politisches Profil schafft. Aber es sorgt für Aufmerksamkeit.
Helen Lagger