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Diese drei Frauen bringen Berns Bärte in Topform

Da muss jeder Griff sitzen: Mit messerscharfen Rasierklingen verhilft das weibliche Team des Bärner Barber männlichem Gesichtshaar zu neuem Glanz.

In ihrem Job kommt es auf jeden Millimeter an: Exakt setzt Manuela Kocher das Rasiermesser an der Bartlinie ihres heutigen Kunden Manuel Carreira an. Mit geschickten Griffen und viel Feingefühl gibt sie seinem Bart eine exakte Kontur, schneidet die Partien an der Wange mit Schere und Kamm feinsäuberlich zurecht. «Um die Konturen gut zu sehen, nehme ich ein durchsichtiges Rasiergel», erklärt die Topstylistin und Managerin des Barber Shops im Berner Salon Der Frisör. Seit inzwischen über zweieinhalb Jahren bietet der Coiffeur in einem speziell eingerichteten Zimmer Bartpflege als Bärner Barber an.

Häufigster Fehler?
Die Form Damit erfüllte sich Inhaberin Andrea Hirschi, die derzeit im Ausland lebt, einen langgehegten Traum: einen klassischen Barber Shop nach englischem Vorbild. So dürfen die Kunden dort in einem verchromten Oldschool-Rasierstuhl Platz nehmen, grüne Tapete und Schwarz-Weiss-Fotos zieren die Wände. Vor dem Eingang dreht sich die bekannte blauweiss-rote Barber’s Pole. Nicht nur das Ambiente, auch die in der Schweiz bisher noch eher unbekannte Dienstleitung kommt bei den Bernern super an. «Die Männer schätzen die Bartpflege und unsere Tipps für Zuhause sehr. Wir nehmen uns viel Zeit für jeden», erklärt Manuela Kocher. Nur mal schnell den Bart stutzen? Ist hier nicht zu haben. Ein Termin dauert 50 bis 90 Minuten, inklusive Bartreinigung und abschliessenden kalten Kompressen. Zudem dürfen die Männer eine Kopfmassage geniessen, es gibt Bartpeelings und Gesichtsmasken. Ein kombinierter Coiffeur- und Barber-Shop-Besuch ist ebenfalls möglich. Derzeit nehmen pro Tag etwa drei Männer den Service rund ums Gesichtshaar in Anspruch. Eine individuelle Beratung gehört stets dazu. Stylistin Corina Huber, die 2018 das Diplom der Barber Schule Schweiz absolviert hat, erkennt genau, wann es sich für Mann lohnt, die tägliche Bartroutine umzustellen. Häufigster Fehler? «Die Form!», sind sich die Bartkennerinnen vom Bärner Barber sofort einig. «Der Bart muss zum Gesicht passen», sagt Corina Huber. Die Form ist nicht von Natur aus gegeben, so könne der richtige Bart ein Gesicht viel markanter machen. Das sei für ihre Kunden immer der grösste Überraschungseffekt nach der professionellen Rasur. «Dann hören wir oft: ‹Wow, macht einen mega Unterschied!›»

Bartöl, Wachs und Conditioner
In der Ausbildung spielt die Rasur zum Leidwesen der jungen Coiffeurinnen nur eine kleine Rolle und wird eher theoretisch vermittelt. So eigneten sich Huber und ihre Kolleginnen ihr Bartwissen in einem Zusatzkurs an. «Aber das meiste ist Learning by Doing und Erfahrung», ergänzt Sabrina Ridolfo, die neu im Barber Shop arbeitet. Der Griff zum scharfen Rasiermesser kostete sie erstmal Überwindung. So musste bei den Stylistinnen anfangs auch schon mal der eigene Freund als Übungsobjekt herhalten. Oder ein mit Wasser gefüllter und eingeschäumter Ballon. Dass das Team nur aus Frauen besteht, ist eher Zufall. Die gelernten Coiffeurinnen sind in den Beruf hineingerutscht. «Wir finden es toll, dass wir mit dem Barber ein spezielles Erlebnis für die Männer anbieten können. Oft geht es ja beim Coiffeur mehr um die weiblichen Kunden», sagt Huber. Das alt modische Bild vom Barbier als Männerdomäne durchbrechen die drei Stylistinnen leichtfüssig. Barttipps von einer Frau? Warum nicht. Haar ist Haar. Von Jung bis Alt, Vollbart bis Dreitagebart – unter den Kunden ist alles vertreten. Sehr spezielle Wünsche haben diese eher selten. «Ich kann mich nur an einen Bartträger erinnern, der sich einen besonderen Henriquatre-Bart wünschte», erzählt Corina Huber. Bei diesem Rund-umden-Mund-Bart mit einigen Aussparungen war ihre ganze Handwerkskunst gefragt. Derzeit sei eher ein gepflegter Vollbart Trend. «Aber auch Schnauz- und der Ziegenbart sind in», sagt Manuela Kocher. «Doch an den reinen Oberlippenbart wie in den 80ern trauen sich nur wenige.» Die Berner seien eben weniger mutige Bartträger, gehen nicht jede Mode mit. So ist Bartfärben im Barber Shop nur selten ein Thema. Allerdings: Die Auswahl an Bartprodukten ist mittlerweile riesig, geht von Bartöl über Wachs bis hin zu Wachstumsserum. «Es gibt sogar Bart-Conditioner», erklärt Manuela Kocher. Und welche Bärte mögen die Barber-Shop-Frauen persönlich am liebsten? Die Stylistinnen müssen lachen. Die Runde ist gespalten, doch Vollbart oder ein etwas längerer Dreitagebart sind die Favoriten. «Hauptsache gepflegt, weich und sauber!»

Michèle Graf

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