
Stephanie Jutzi freut sich auf die zweite Ausgabe des Kino im Kocher. Der Bewilligung voraus gingen allerdings einige Diskussionen mit der Stadt und lärmempfindlichen Anwohnern.
«Ich bin nicht die typische Cineastin», entfährt es Stephanie Jutzi spontan, als sie gefragt wird, wie präsent der Film als Kunstform denn in ihrem Alltag zutage trete. Nun, Cineastin, das muss die junge Frau auch gar nicht sein – schliesslich ist die Bernerin beim Kino im Kocher fürs Sponsoring und nicht für das Programm zuständig. Die Zusammenarbeit in der Kocher-Crew funktioniert so: Jeder betreut ein eigenes Ressort, etwa Kommunikation, Food oder Partner, in den monatlichen Sitzungen wird dann koordiniert. «Ich geniesse es aber», fügt Jutzi rasch an, «neue Filme zu entdecken, Perlen, die gar nicht oder nur kurz im Kino liefen.» Streifen, wie sie ab Mittwoch im Kocherpark gezeigt werden. Keine klassischen Blockbuster, dafür Geschichten mit Herz. Und immer mit Happy End. «Das gehört zum Konzept. Wir möchten den Menschen, die zu uns kommen, einen guten Abend bescheren.» Wir, das sind neben Jutzi Projektleiterin Deana Gariup und Pablo Sulzer, der als Produzent das Triumvirat komplettiert. Wobei: So ganz stimmt die Geschichte mit Hollywood ja nicht. Letztes Jahr lief der erste Teil der «Stirb langsam»-Franchise. Im Haus der Uni am oberen Ende des Parks feierte ein junges Pärchen fast gleichzeitig seine Hochzeit. «Wir entschuldigten uns bei den beiden in dem Sinne, dass es sich hier nicht um den romantischsten Streifen aller Zeiten handle. Gleichzeitig sagten wir ihnen, sie sollen ein genau so starkes Team sein wie Bruce Willis und sein Partner im Film.» Was dann folgte, entlockt Jutzi noch heute ein Lächeln: «Alle Zuschauer haben gejubelt und den zwei Frischvermählten, die sich den zweiten Teil des Films übrigens noch angesehen haben, zugeklatscht.»
Kein Blankoscheck
Das Kino im Kocher feiert dieses Jahr seine zweite Ausgabe. Dem Event gingen verschiedene Diskussionen mit den städtischen Behörden voraus. Einen Bewilligungs-Blankoscheck erhielten die Betreiber des Open-Air-Anlasses jedenfalls nicht. Auch weil sich letztes Jahr durch zwei weitere Veranstaltungen Parkonia und das Techno-Festival Stadtoasen – die Lärmklagen mehrten. Also klopften Stephanie Jutzi und ihre Leute an die Türen der Schlösslistrasse, erklärten den Anwohnenden ihre Idee, ihr Konzept sowie deren Umsetzung. «Die direkten Nachbarn sollen Teil unseres Publikums sein, deshalb wissen wir, dass wir Rücksicht nehmen müssen. An die Bewilligung, die wir erhalten haben, sind Bedingungen geknüpft.» Man habe mit den Berner Behörden bis jetzt stets einen guten und freundschaftlichen Austausch gepflegt, betont die 31-Jährige. Das Fazit der Parkonia-Betreiber, die Ende Juli um kurz nach 19 Uhr ein Konzert abrupt beenden mussten, weil sie für diesen Wochentag keine Bewilligung für Lautsprecher hatten, dürften in dieser Hinsicht wohl etwas weniger versöhnlich ausfallen. Im Kino im Kocher sind dieses Jahr hingegen neue Lautsprechertürme im Einsatz, die den Ton tendenziell eher gegen unten statt gegen oben Richtung Liegenschaften verbreiten, ausserdem dauern die Filme unter der Woche weniger lange als am Freitag und Samstag. Falls Jutzi selber mal in einem Film mitspielen würde, sähe sie sich am ehesten als Mattie in «True Grit»: «Sie jagt einen Gangster im Wilden Westen und rächt damit den Tod ihres Vaters. Eine tolle Rolle!» So viel Cineastin muss dann doch sein.
Yves Schott