Ein wenig abgehoben darfs schon sein

Christoph Graf, Inhaber und Berufspilot bei den Mountainflyers mit Basis auf dem Belpmoos, erfüllt sich seinen Traum vom Fliegen. Auf dem Weg zu seiner heutigen Position gab es jedoch das eine oder andere Intermezzo …
Der Mann hat nicht bloss einen faszinierenden Beruf, er ist auch eine faszinierende Erscheinung, spricht klar aus, was Sache ist, redet nicht um den heissen Brei herum, hört gut zu und antwortet dann entsprechend professionell. Christoph Graf ist seit 2012 Besitzer der Mountainflyers 80 Ltd, die, wie es der Firmenname andeutet, 1980 gegründet wurden, von Ueli Soltermann, dem seinerzeitigen Basisleiter der Rega Belp. Es folgte anschliessend eine wechselvolle Firmengeschichte, in deren Verlauf ein Schweizer Investor eine grosse Rolle spielt und schlussendlich dafür verantwortlich ist, dass die Helis der Mountainflyers auch heute noch abheben.

Tausche Post-Lastwagen gegen Helikopter
Christoph Graf wird 1975 geboren und eigentlich ist sein Berufsweg bereits in der Kindheit vorgespurt, als Posthalter in Bleiken bei Oberdiessbach, eine Gemeinde mit heute knapp 400 Einwohnern. Bereits sein Urgrossvater war dort Posthalter, sein Grossvater und sein Vater ebenso. Und so ergibt es sich, dass auch Christoph eine Lehre in der Post absolviert, doch nach erfolgreichem Abschluss seiner Ausbildung ist ihm der Postbetrieb zu einseitig, weshalb er zur Logistik wechselt und nach bestandener Prüfung als Post-Lastwagenfahrer mit Anhänger arbeitet. 1998 wird ihm von Swiss Ski ein Job als Servicemann bei den Europacup-Rennen angeboten, sodass er sich fortan nicht mehr auf gelb, sondern auf weiss konzentriert. «Es kam der Moment, da wollte ich mir meinen Berufstraum erfüllen, nämlich als Helikopterpilot», sagt er heute rückblickend, «zumal man mir bei Swiss Ski keinen festen Job als Servicemann im Weltcup anbieten konnte. Also ging ich vorübergehend zur Post zurück.» Das Angebot kommt etwas später doch noch. Was jetzt? «Ich erinnere mich noch gut, einmal um 21:30 Uhr habe ich im Post-Lastwagen bei der Berner Schanzenpost sitzend, dem Verantwortlichen von Swiss Ski zu seinem völligen Unverständnis abgesagt», womit der Weg zur Ausbildung als Helipilot frei war.

The American Dream
Christoph Graf fliegt 2002 für fast ein Jahr an die US-Westküste, in die Nähe von Los Angeles, und erwirbt dort schliesslich das Brevet als Berufspilot. Wenn er nicht gerade für seine Ausbildung büffelt, wäscht und reinigt er in jeder freien Minute Camper bei einer Vermietungsfirma, für sieben Dollar die Stunde. Auch eine Art des American Dream… Zurück in Schweizer Landen darf er noch einmal alle Prüfungen in Angriff nehmen, weil sein US-Abschluss hier keine Gültigkeit hat. Immerhin: Ganz bei «Adam und Eva» muss er nicht nochmals beginnen, da alles andere als ein Greenhorn. 2005 stösst er zu den Mountainflyers und wird 2006 deren Geschäftsleiter, bis er sechs Jahre später den Laden übernimmt, sehr salopp ausgedrückt. Heute sind 18 Leute für die Mountainflyers tätig, eine Mehrzahl als Vollzeitangestellte. Sieben Helikopter verschiedenster Typen stehen in den Hangars.

Ausbildung und vieles mehr
Das Kerngeschäft seines Unternehmens gibt Christoph Graf kurz und bündig mit der Ausbildung künftiger Helikopterpiloten an. Und aus welchen Schichten kommen diese Flugschüler? «Aus allen sozialen Schichten – vom jungen Erwachsenen, der sich seinen Bubentraum in den letzten Jahren zusammengespart hat, bis hin zu ambitionierten Geschäftsleuten, die während ihrer Freizeit in die Luft wollen.» Ungefähr 90% der Lernenden sind Männer. «Unser Trainingscenter bietet alle Stufen der Ausbildung an, von A bis Z, es gibt keine Ausbildung, die man bei uns nicht machen kann», sagt er, wobei hörbarer Stolz in seiner Stimme mitschwingt. Aus der Bibel stammt die bekannte Weisheit, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt. Komplettiert wurde es auch von Woody Allen mit: «Nach einer Weile braucht er einen Drink.» Spass beiseite. Die Mountainflyers sind einerseits Ausbildner, andererseits bereiten sie mit ihrem Angebot an Rundflügen und Spezialprogrammen vielen Menschen eine grosse Freude.

Bern aus der Vogelperspektive
Sie möchten Bern während vollen 20 Minuten einmal aus der Vogelperspektive betrachten – und die unmittelbare Umgebung der Bundestadt dazu? Die Mountainflyers bieten Ihnen die Gelegenheit dazu, ab 190 Franken. Ein Alpenrundflug in Richtung Eiger, Mönch und Jungfrau – 45 Minuten in der Luft? Ein Drei-Seen-Rundflug über Murten, Neuenburg und Biel? Alles kein Problem. Und keine Angst: Bei schlechtem Wetter oder sonstigen Turbulenzen wird nicht geflogen, schliesslich soll Ihnen der Flug in guter Erinnerung bleiben. Erstmals überhaupt von Belp aus bieten die Mountainflyers mit ihrem neuen und luxuriösen Leonardo AW109 SP GrandNew VIP-Flüge nicht nur nach Gstaad an. Es kann nämlich durchaus vorkommen, dass ein Auftraggeber den Heli nach Genf bittet, um von dort aus nach Courchevel geflogen zu werden. Und später zurück. Den Möglichkeiten sind praktisch keine Grenzen gesetzt. Zum Schluss will ich von Christoph Graf wissen, was in der Firmengeschichte ein eher ungewöhnlicher Auftrag gewesen sei. Und siehe da, es kommt ein echter Thriller: Für eine englische Produktionsgesellschaft musste Christoph Graf beim (für einige Stunden abgesperrten) Klausenpass das Kreuzen eines Wingsuit-Fliegers – nur fünf Meter vom Boden! – mit einer Chevrolet Corvette aus der Luft verfolgen, von Bord gefilmt von einem Operator und mit einer Cinflex-Kamera aussen am Heli montiert. Erwähnenswert auch: Die Mountainflyers haben im dritten aufeinanderfolgenden Jahr die Tour de Romandie aus der Luft produziert und realisieren seit sechs Jahren «SRF bi de Lüt» mit Nick Hartmann. Business as usual ist das wirklich nicht.

Bärn Liebi/ Thomas Bornhauser

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