Feiler01opt

«Eine gute Einrichtung ist weder zu plüschig noch zu karg»

Lisa Feiler (57) führt ihr gleichnamiges Wohngeschäft an der Grabenpromenade. Im Gespräch verrät sie, wie man sich richtig einrichtet und warum wir uns momentan nach warmen Farben und natürlichen Materialien sehnen.

«Sie sitzen auf einem handgemachten Sessel der norddeutschen Marke Freifrau», verrät Lisa Feiler. Der mit tannengrünem Samt überzogene Stuhl ist bequem und fühlt sich gut an. Es gibt hier viele raffinierte Einzelstücke. Zum Beispiel ein rostrotes Sofa, auf dem ein moosgrünes Kissen liegt. Feiler ist Inhaberin des Wohngeschäfts an der Grabenpromenade, das ihren Namen trägt. Ursprünglich hatte die Bauerntochter eine Lehre in einer Kleiderboutique absolviert. Nach einigen Jahren im Büro fehlte ihr der Kundenkontakt. Als sie Ferien in Spanien verbrachte und in einem Wohnmagazin blätterte, sei es ihr wie Schuppen von den Augen gefallen: «Man sollte den Bernerinnen und Bernern Leinenvorhänge näherbringen.» Bis zur Eröffnung des eigenen Geschäfts dauerte es noch eine Weile. 1999, im Alter von 37 Jahren, wagte sie schliesslich den Schritt in die Selbstständigkeit. Leinen ist nach wie vor ein von Feiler bevorzugtes Material, das es im Laden in vielen Varianten gibt. Vorhänge daraus zu nähen, sei allerdings alles andere als ein Kinderspiel. Der Stoff verziehe sich wie Kaugummi, so die Wohnexpertin. Die Zusammenarbeit mit einem virtuosen Nähatelier sei deshalb Gold wert. Als sie angefangen habe, seien Vorhänge gerade ziemlich out gewesen oder aus Polyester gefertigt. Doch der Minimalismus der Neunzigerjahre sei zum Glück vorbei. Weisse Wände, Möbel aus Chrom und ein Ledersofa – so hätten vor zwanzig Jahren viele Wohnzimmer ausgesehen, erinnert sich Feiler mit Schaudern. «Heute liegen warme Farben, Wolle und natürliche Materialien wie Holz im Trend.»

Persönlicher Hingucker
Doch wie richtet man sich richtig ein? Aus Lisa Feilers Sicht ist es wichtig, dass man nicht zu viele und nicht zu wenige Möbel in einen Raum stellt und dass alle Stücke von guter Qualität sind, sprich: schön verarbeitet. «Man soll sich aber auch einen persönlichen Hingucker oder etwas Exotisches leisten», so die Expertin. «Etwas, das dem Besitzer am Herzen liegt.» Sie selbst sammelt etwa kleine geflochtene Strohbesen, die sie auf Reisen in verschiedenen Kulturen findet und als Installation an einer Wand hängt. Es braucht ihrer Meinung nach auch immer etwas Textiles – sei es ein Teppich oder ein Stück Stoff, damit man sich in einem Raum wohlfühle. «Mittlerweile gibt es spezielles Gewebe, das Schall aufnimmt», so Feiler. Vorhänge, die Lärm absorbierten, könnten viel zum Wohlbefinden beitragen.

Ikea? Nein, danke!
«Eine gute Einrichtung ist weder zu plüschig noch zu karg», ist sie überzeugt. Bei ihrer Kundschaft stellt Feiler Unterschiede zwischen den Geschlechtern fest. Frauen litten regelrecht darunter, wenn es nur Glas, Leder und Metall in ihrem Wohnzimmer habe. Doch mittlerweile hätten auch Männer gemerkt, dass etwas Weiches ihnen guttue. Sie brauche jeweils viel Feingefühl beim Beraten. «Man darf nicht für den einen oder anderen Partner Partei ergreifen.» Vorhänge seien nach wie vor Frauensache. «Sie kommen meistens alleine in mein Geschäft, um den Stoff auszusuchen.» Punkto Farben gäbe es ebenfalls Unterschiede zwischen den Geschlechtern. «Frauen lieben Pudertöne.» So habe sie letzthin ein Wohnzimmer eingerichtet, an das sich der Mann erst gewöhnen musste. In Feilers Geschäft kann man auch einzelne Farben kaufen, um seine eigenen Wände zu streichen. Es sei so auch für kleine Budgets möglich, einen Raum mit wenig Aufwand wohnlicher zu gestalten, so Feiler. Bereits mit einem Kübel zu 102 Franken könne man 15 Quadratmeter streichen. Auch so genannte Plaids – Decken aus Wolle oder Baumwolle – sorgten, über ein nicht mehr ganz neues Sofa gelegt, rasch für mehr Wohnlichkeit. Es lohne sich aber auch, für ein schönes Stück zu sparen, so wie das die Leute früher taten. Mit Billiganbietern wie Ikea habe sie Mühe. «Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass diese Möbel nachhaltig produziert wurden.» Es fehle diesen Stücken an Seele. In Zeiten des Klimawandels komme man nicht darum herum, sein Konsumverhalten zu hinterfragen. «Man sollte lieber etwas Schönes kaufen, dass man auch in zwanzig Jahren noch hat, statt eine Überproduktion zu unterstützten», so Feiler.

«… das wäre mir zu dogmatisch»
Die Frage, ob sie an einer «Déformation professionelle» leide und überall die Einrichtung scanne, verneint Feiler. «Ich muss nicht immer allen sofort mitteilen, was man verbessern könnte.» So gehe sie zum Beispiel öfters in ein Restaurant, in dem sie die Wirte und das Essen möge, die Einrichtung aber schrecklich finde. «Erst vor kurzem habe ich meine Hilfe diskret angeboten», gibt sie lachend zu. Um sich über neue Trends zu informieren, besucht Feiler oft Messen. Viele ihrer Möbel stammen aus Italien, oft aus kleinen Manufakturen oder Familienbetrieben. Ein besonderer Lounge Chair, der ganz aus Holz ist, stammt aus Sarajevo. Trends folge sie nicht blind, sie verlasse sich lieber auf ihr eigenes Gefühl, führt Feiler aus. Auch beim Einrichten halte sie es so. «Alles nach Feng-Shui einzurichten, das wäre mir zu dogmatisch.» Farbberatungen führt Feiler oft vor Ort gemeinsam mit den Kunden oder Bauherren durch. Alles müsse am Ende zusammenspielen. Die Leute wissen oft, was sie mögen und was nicht. «Ich zeige ihnen, wie man es kombinieren kann.»

Helen Lagger

Weitere Beiträge

Weitere Beiträge