Portrait.

Er bringt Italianità nach Bundesbern

Vom Secondo zum Berner Original: Seit 35 Jahren ist Salvatore Casaluci als Modeunternehmer und Event­organisator bekannt. Ein Porträt über einen glück­lichen Berner, der sich seine Bubenträume erfüllt hat.

Lederjacken, auffällige Jeans, ein Kleid mit Pizza-Print. Daneben gibt es Panettone und Italo-Weine. Wer den kultigen Laden von Salvatore Casaluci in der Berner Marktgasse betritt, wähnt sich sofort in Little Italy. Zwischen den Kleiderstangen lächelt der Besitzer hervor.

Seit 35 Jahren ist Casaluci in Berns Modewelt eine feste Grösse und verrät sein Erfolgsrezept: «Bei uns ist Einkaufen ein Erlebnis. Hier steht der Patron noch selbst im Geschäft. Wir beraten gut, haben Leidenschaft und Freude, die ansteckt.» In Casalucis Stimme schwingen Dankbarkeit und Stolz mit, auch in Zeiten von Fast Fashion seinen Modeladen immer noch erfolgreich zu führen. «Wenn die Kunden mit neuer Hose, Jacke und Kleid herausgehen, happy und schön, bin ich glücklich. Manche kaufen schon in dritter Generation bei uns ein.»
Nicht einen verklemmten Berner, den er mit einem lockeren Spruch und Charme nicht geknackt hätte. Es sei das Menschliche, das den Unterschied macht, ist er sich sicher. Gepaart mit Dolce Vita-Lifestyle. «Ich wollte immer meine Träume und meinen eigenen Geschmack in meinem Business verwirklichen.»
Schon als Jugendlicher schnupperte Casaluci, Sohn einer Niederländerin und eines Süditalieners, in der Boutique seiner Mutter im Breitenrain Modeluft. Er schwärmt von der Wärme in seiner Familia Italiana, die ihn immer unterstützt. Und von seinem Vater, der sich mit Fleiss und Ent-
behrungen viel aufbaute.
Casaluci zeigt alte Fotos, als junger Mann habe er Vollgas gegeben: «Wir Italos waren immer gut angezogen, geile Lederhosen, am Samstagabend fielen wir in der Disco auf. Aber hier in Bern konnte man die italienische Mode nicht kaufen.» Mit 21 Jahren wagte er den Schritt, gründete seinen eigenen Laden: «In dem 15 Quadratmeter kleinen Kiosk am Burgerspital, wo es heute Kebab gibt. 1988, stell dir vor. Damals gabs Olmo, Kitchener, mich und sonst nix», erinnert er sich amüsiert. Alle erklärten ihn erst mal für verrückt, so hatte Casaluci aber auch Narrenfreiheit. Startbudget? Bescheiden. «Ich fuhr mit meinem kleinen Lancia nach Italien und stopfte ihn voller Ware. Zurück in Bern habe ich mit meiner Community, DJs und viel Fantasie ein kleines Italien in die biedere Stadt gebracht. Das schlug ein wie eine Bombe.»

Gelbe Jeans, Hemden mit Ananas-Prints und grossen Rosen, in einer Zeit, in der Nadelstreifen als Standard galten. 1994 zog das Casalucis dann in einen Keller in der Marktgasse um, wo der Laden heute noch Farbtupfer setzt. «Ich wollte die ganz grossen Marken Dolce & Gabbana, Just Cavalli und so weiter verkaufen. Da wurde ich von den Zulieferern erstmal verlacht.»

Der gute Kaffee aus Italien
Tausendsassa Casaluci gründete in Bern auch die Gelateria Bellini, den Technoladen Absolut Joy und das Caffè Roma mit Panini und kräftigem Espresso. «Ich dachte damals, Filterkaffee, das kanns doch nicht sein. Komm, wir holen den guten Kaffee aus Italien hierher.» Auch diese Idee funktionierte. Zudem ist Casaluci seit Jahren als Eventorganisator bekannt. Seine Scandal-Parties im DüDü sind schräg, bunt, versprühen überbordende Lebensfreude. Hinter all seinen Projekten steht er mit Seele und Passion.

Casaluci, der heute eine Mischung aus Partytiger und Familienvater ist, ist sich seiner Wirkung bewusst: «Ich bin immer begeistert, temperamentvoll, auch polarisierend. Das gefällt nicht allen.» Seis drum, ihn kümmert das wenig. Bern sei aus seiner zurückhaltenden Art längst erwacht: «Die Berner sind nicht mehr so ruhig, es hat sich eine coole Szene entwickelt mit jungen Kreativen und vielen Popup-Stores.»

In seinem «Berner Bermudadreieck» zwischen Adrianos, Lorenzini, Kornhaus und Kater Karlo fühlt Casaluci sich zu Hause. Als junger Mann träumte er noch von London oder New York, heute ist er glückliches Berner
Original. «Mittendrin, jeder kennt mich. In dieser sandsteinbepflasterten Stadt bin ich ein sonniges Wesen. Bern braucht Farbe und Wärme. Ich bin eben ein kreativer Chaot.» In seinen Augen gibt es immer weniger Originale und Persönlichkeiten, die aber für die Stadt sehr identitätsstiftend seien.

Der Anpassungsfähige
An seiner Heimatstadt würde er gar nichts ändern wollen, ausser vielleicht die Bürokratie, die den Kaufleuten zuweilen Steine in den Weg lege. Und die hohen Ladenmieten in der Innenstadt. Über 20 Wechsel hat er in den letzten Jahren in seiner Nachbarschaft erlebt. Offen gibt Casaluci zu, dass er auch mal Geld in den Sand gesetzt hat und im Geschäft ab und zu Flaute herrscht: «Wir werden natürlich von der
digitalen Welt geplagt. Auch den grossen Modeläden geht das so. Doch Angst habe ich keine.»

Casalucis passt sich an, sein neuster Coup sind die Fairtrade-Stücke des Labels Blutsgeschwister. Nachhaltig ist in. So erreiche er auch die «Anti-Fashion»-Leute. Der in der Presse herum-
schwirrende Titel Fashionkönig von Bern gefällt Casaluci aber nicht. «Ich bin doch der Fashionpirat», sagt er mit Schalk im Nacken.

Expandieren will Casaluci nicht mehr, aber ein Traum treibt das Energiebündel doch noch um. «Ah, ich liebäugle mit der Gastronomie», raunt er und zeigt Beispielfotos seines Traumrestaurants im Industrial Chic auf dem Bildschirm seines Smartphones. «Mit Strohstühlen und Steintischen und richtig gutem italienischem Essen. Das wäre voll meins.» Jeden seiner Bubenträume konnte er bisher verwirklichen, sagt er versonnen. «Ich bin ein dankbarer, glücklicher Mensch. Gott hat mir viel geschenkt. In meinen 35 Jahren hier durfte ich so tolle Leute kennenlernen, habe Spass an der Arbeit, zwei fantastische Kinder. Ich schaue auf tolle Spuren des Lebens zurück und geniesse es immer noch. Es ist schön, spannend und aufregend.»

Michèle Graf

Salvatore Casaluci (58), geboren in Bern, liiert, ist Kaufmann, Modeunternehmer und Eventveranstalter. Er ist Vater eines Sohnes und einer Tochter. Ein perfekter Tag besteht für ihn aus Treffen mit Freunden, gutem Essen und Dolce Vita.

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