Radiourgestein René Maeder feiert mit seiner Sendung «Wop Bop A Loo Bop» dieser Tage 30-jähriges Jubiläum. Seine Idole hat er beinahe alle getroffen, dennoch denkt er keine Sekunde ans Aufhören.
Früher besass er unfassbare 8000 Schallplatten, inzwischen beschränkt er sich auf rund 3000 Tonträger. «Ich hatte irgendwann keinen Platz mehr», gibt die Radiokultfigur René Maeder heute zu. Der Rest – 150000 Songs – passe auf eine handliche Festplatte. Dennoch ist Maeders Wohnung ein schmuckes Sammelsurium musikalischer Schätze und geliebter Erinnerungsstücke. Er ist wahrlich ein Sammler, aber ohne Samthandschuhe und Schutzfolien. Bei ihm lebt jede Platte, jedes Poster, jeder Sammelband. «Die könnte ich nie weggeben», sagt Maeder und deutet auf seine Led Zeppelin-Platten, Beach Boys «Party» und die legendäre Rolling Stones-LP «Sticky Fingers». Die meisten sind signiert. Hier wird er auch etwas nostalgisch. «Als ich aufwuchs, hörte man im Radio Schlager und Orchestermusik. Da war Led Zeppelin etwas völlig Neues und Rebellisches. Einerseits traditionell, andererseits mit Hard Rock-Einschlag.» 1971 begann der Musikliebhaber selbst Radio zu machen, legte als DJ auf. «Ich bin ein Musikbesessener, es hat mich gebissen», beschreibt er seine Passion. In der Schweiz gibt es wohl keinen zweiten Radiomenschen, der so viel über amerikanischen Blues weiss wie er. Trotzdem sieht er sich nicht als Legende.
Das Blues-Netzwerk
Die trifft er lieber. Erst vor zwei Wochen führte er mit seinem Freund Rick Vito von Fleetwood Mac ein zweistündiges Interview. Maeder überrascht gern mit Insiderwissen aus Blues, Country und Rock. Doch wie kommt er da ran? Maeder lächelt und verrät sein unaufgeregtes Geheimrezept: Geduld haben, Kontakte knüpfen, Hintergrundwissen anhäufen. Er ist authentisch, neugierig, charmant. Über die Jahre hat er so in Nashville viele Freunde gewonnen. Dort wissen sie: Dieser «Swiss Guy» hat sein Herz an die Musik verloren. Ob Bill Wyman (Rolling Stones), Brian Wilson (Beach Boys), Delbert McClinton, Dan Baird, Bonnie Raitt oder John Hiatt: «Die meisten Stars sind völlig entspannt, Menschen wie du und ich.» Seine Idole hat Maeder in seiner langen Radiolaufbahn fast alle getroffen. Ein Hochgefühl, aber auch ein Risiko. Maeder schaut über seinen Brillenrand und schmunzelt: «Also ein paar waren auch Arschlöcher.» Glücklicherweise blieben dies aber Ausnahmen. Abgesehen von PR-Managern, die Maeder gelegentlich das Leben schwer machen, ist die amerikanische Bluesszene für ihn sehr offen und bodenständig. «Vince Gill ist eine Countrylegende, hat 20 Grammys gewonnen. Und nach dem Konzert baut er seinen Verstärker immer noch selbst ab», nennt der Radiomoderator ein Beispiel und geht in sein kleines Büro. Hier produziert er wöchentlich seine Sendung «Wop Bop A Loo Bop». Schreibtisch, Computer und Mikrofon – es braucht heutzutage wenig, um gutes Radio zu machen. Den Grundstein für diese langlebige Sendung legte auch Maeders Neugierde. «Ende der 80er studierte ich sechs Semester bei Martin Schäfer von DRS 3 die Geschichte der modernen Musik mit all ihren Wurzeln. Ein riesiges ‹Aha!›-Erlebnis. Den Kopf voller Wissen schlug ich bei Radio Förderband eine Sendung zu amerikanischem Blues vor. Die ersten Jahre arbeitete ich die Geschichte dieser Musik auf.» Und Maeder blieb dabei, spielt Rock, Blues, Country- und Roots-Musik aus den Südstaaten, aber auch aus Europa. «Heute gibt es einen wahnsinnig tollen Mix», sagt er. «Aber letztendlich basieren die meisten Stile auf dem Blues, selbst Rap.» Eine Stunde ist bei «Wop Bop A Loo Bop» immer für neue Musik reserviert. Seine Playlists, Podcasts und Hintergrundgeschichten bewirbt Maeder auf Facebook, Instagram und LinkedIn. Selfmarketing liegt ihm, war er doch über 30 Jahre lang erfolgreicher Werber.
Treue Fans
Ebenso viel Spass an der Sendung wie der Macher selbst, haben offenbar die Hörerinnen und Hörer. Negative Rückmeldungen bekomme er nie. Maeders Fangemeinde ist ihm treu von Radio Förderband über Radio 32 Goldies und CaptialFM zu RadioFR gefolgt, das die Sendung jeden Montag zwischen 20 und 23 Uhr ausstrahlt. In diesem Monat feiert «Wop Bop A Loo Bop» sein 30-jähriges Jubiläum. Dazu gibt es nicht nur eine Spezialsendung, sondern auch einen besonderen Schatz aus dem Archiv: «Wop Bop A Loo Bop» mit Gast Polo Hofer aus dem Jahr 2016. Maeder erinnert sich gerne an seinen Weggefährten und aus seiner Stimme tönt Bewunderung: «Wir schätzten uns gegenseitig sehr, waren musikalisch seelenverwandt. Er hatte ein unglaubliches Hintergrundwissen, las alles. Und wenn er nicht mehr weiterkam, rief er mich an. Ein genialer Typ.» Mit ihm und Schämpu Schär gründete er auch die Schweizer Rock & Blues Cruise. Ans Aufhören denkt Maeder noch lange nicht. Es gäbe einfach noch so viel Neues zu entdecken. Und von welchem Gast träumt Maeder noch? «Die Leute sterben mir langsam weg», lacht er und winkt ab. «Ich habe wirklich alles gesehen, aber ein Interview mit Keith Richards wäre das Nonplusultra. Ihm würde ich Whiskey anbieten.»
Michèle Graf