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Erwischt er wirklich jeden giftigen Pilz?

Wer sicher sein will, dass sein Pilzgericht nicht das letzte war, bringt seine Funde zur amtlichen Kontrollstelle. Besonders heikle Exemplare nimmt Marco Bürki ganz genau unter die Lupe.

«Momentan prüfen wir auf der Kontrollstelle viele flockenstielige Hexen-
Röhrlinge, Rotfuss-Röhrlinge, Feld-Champignons und auch Steinpilze.» Marco Bürki (64), einer von drei Kontrolleuren der amtlichen Pilzkontrollstelle Bremgarten b. Bern, stellt sicher, dass die Freude über den Fund nicht zum Albtraum wird.

Im alten Schulhaus prüft er heute zusammen mit seiner Tochter Tala die Körbe und Taschen der Sammlerinnen. Die Prüfresultate tragen sie detailliert im offiziellen Kontrollschein ein. So sind sie sicher, dass ihre Kunden keine giftigen oder gar tödliche Exemplare mit nach Hause nehmen. «Die Leute vertrauen uns schon. Einige sind einfach enttäuscht, dass wir ihnen das eine oder andere Exemplar nicht zum Essen freigeben.»
Sind sie immer zu hundert Prozent sicher, dass sie alle giftigen oder unverträglichen Pilze aussortiert haben? «Erfahrung ist eminent wichtig und die meisten Sorten können wir rein optisch bestimmen. Auch der Geruch oder die Sporenfarbe geben Aufschlüsse. Um bei heiklen Arten ganz sicher zu sein, kennen wir aber noch viele weitere Prüfkriterien.»

«Pilzlen» wird immer beliebter.

Die Pilzkontrollstelle in Bremgarten bei Bern ist seit Anfang August und noch bis Ende Oktober jeden Mittwoch und Samstag/Sonntag von 17 bis 18 Uhr geöffnet. «Jetzt ist Hochsaison.» Marco Bürki freuts, dass immer mehr Menschen in die Pilze gehen. «Normalerweise kontrollieren wir pro Nachmittag rund 10 Pilzsammlungen. Seit Anfang September kommen etwa zwei- bis dreimal mehr Leute zu uns. Letzten Sonntag waren 40 Personen da.» Auffallend ist, dass viele der mitgebrachten Körbe und Stofftaschen prall gefüllt sind. «Etwa die Hälfte unserer Kunden bringt zwei Kilo und mehr zur Kontrolle.»

Neuerdings kommen auch extrem viele jüngere Pilzfreunde. Offenbar ist das Pilzsuchen bei umweltbewussten, naturverbundenen Jugendlichen voll im Trend. Sie wollen die Pilze selbst sammeln und nicht im Laden kaufen. «Während der Kontrollen stellen sie mir unzählige Fragen und sind dankbar für jede Erklärung und Information. Dieser Enthusiasmus gefällt mir, ich gebe ihnen gerne Einblicke in die Pilzkunde.»

Marco Bürki wird von den pilzsammelnden Menschen auch oft nach Kochtipps gefragt. «Es gehört zur Aufgabe eines Pilzkontrolleurs, bei gewissen Sorten, wie etwa dem Hallimasch, zwingend auf die richtige Zubereitung hinzuweisen. Sie können bei falscher Behandlung unverträglich oder sogar giftig sein. Alle, die solch tückische Arten mit nach Hause nehmen, erhalten auf ihrem Kontrollschein einen entsprechenden Hinweis.»

Als Pilzfan und profunder Kenner hat Bürki sicher auch ein entsprechendes Lieblings-Rezept? «Ein eigentliches Lieblingsgericht nicht. Als leidenschaftlicher Hobbykoch zaubere ich jedoch immer wieder gerne üppige Pilzgerichte auf den Tisch – es kann auch schon mal ein Menü mit acht Gängen sein.»

Genau das Tempo der Kinder

Wie ist Bürki Pilzkontrolleur geworden? «Schon mein Vater hat mich zum Sammeln mitgenommen. Später bin ich dann selbst mit meinen Kindern pilzlen gegangen. Unsere Funde brachten wir jeweils auch zur Pilzkontrolle. Dort hörte ich immer gut zu und stellte viele Fragen. So lernte ich mit den Jahren die Welt der Pilze immer besser kennen. Ein Kollege motivierte mich eines Tages, die Prüfung zum Pilzkontrolleur zu machen.»

Es ist kein Zufall, ist auch Bürkis Tochter Tala Pilzliebhaberin und seit rund drei Jahren ausgebildete Kontrolleurin. «Sie begleitete mich schon früh auf meinen Streifzügen. Als studierte Biologin hat sie heute ein sehr fundiertes Wissen über die Welt der Pilze.» Tala Bürki nickt: «Ich habe einfach Freude an den Pilzen und schätze es, bei der Kontrolle mit den Pilzsammlern zu plaudern und ihnen meine Erfahrung und Kenntnisse weiterzugeben.»

Man merkts: Pilze sind bei Bürkis Familiensache. Vater Bürki meint strahlend: «Das Geniale am Pilzsuchen ist, dass es genau dem Tempo der Kinder entspricht. Es gibt so viele schöne gemeinsame Erlebnisse. Wie stolz etwa die Kleinen sind, wenn sie ein tolles Exemplar viel schneller unter den Sträuchern entdecken als wir Erwachsenen.»

Zum Schluss möchten wir von den Pilzprofis noch den ultimativen Sammel-Tipp. Marco Bürki verweist uns auf die Homepage der Vapko (Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane
der Schweiz). Tala Bürki meint lachend: «Entscheidend ist, dass es Spass macht und alle Sorge zu den Pilzen tragen.»

Jürg Morf

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