Der Aareclub Matte Bern und die Gesellschaft zu Schiffleuten der Burgergemeinde Bern öffnen am Wochenende die Tore mit einem Ritterturnier auf Wasser für Schaulustige und Abenteuerdurstige.
Am Samstag wird der Mühlenplatz in einen Vergnügungspark für Gross und Klein verwandelt und tout Berne versammelt sich um den «Tych» zwischen Rialto-Brücke und Stauwehr, wenn sich Männer auf Weidlingbooten mit Bambus-Lanzen ins Wasser stossen. Auch Nationalrat Erich Hess nimmt teil und versucht, den Sieg ins Trockene zu fahren. Organisiert wird das erste Schifferstäche Berns von Martin «Tinu» Seiler, Präsident des Aare Club Matte Bern, und Andreas Urfer, Präsident der Gesellschaft zu Schiffleuten der Burgergemeinde Bern. Den beiden Co-Präsidenten geht es darum, ihre Leidenschaft für das Wasserfahren dem Volk zu präsentieren und mit Missverständnissen aufzuräumen. «Die Burgergemeinde wird oft als elitär betrachtet», sagt Urfer, «dabei sind wir ein Spiegel der Gesellschaft.» Er selbst ist pensionierter Lehrer und nicht Immobilieninvestor, sein Zuhause ist die Thunstrasse und nicht die Junkerngasse. «Uns geht das ähnlich», erklärt «Tinu» Seiler. «Weidlingfahrer werden oft als eine bierbäuchige und rechtslastige Männerrunde wahrgenommen, dabei sind bei uns viele Frauen sowie Berufsleute aus allen Schichten der Bevölkerung als Mitglieder im Club dabei.» Das Schifferstäche sei denn auch eine fröhlich lockere Gelegenheit, mit diesen Vorurteilen aufzuräumen.
Volksnah ist das nur in Bern
Zur gemeinsamen Mission haben sich die zwei vor drei Jahren gefunden «Wenn ich an Weidlingwettfahrten teilgenommen habe, wurde ich angezündet, dass die Schifferstächer der Zünfte Berns an den Turnieren meiner Kontrahenten in Zürich und Basel teilnehmen.» «Tinu» ist Weidlingfahrer in zweiter Generation, sein Vater eine Legende auf Wasser, er selbst ist heute auch nationale Spitze, hat den Schweizer Meistertitel im Visier. Schon lange wollte er ein Schifferstäche in Bern anbieten, doch das Geld dafür hat gefehlt. Urfer auf der anderen Seite wusste von der Leidenschaft seiner Zunftmitglieder für das Schifferstäche. Auch er wollte den Event nach Bern holen. Doch Boote, Fahrerinnen und Fahrer, die die Weidlinge steuern können, und der passende Zugang zum Wasser haben gefehlt. Als «Tinu» dann einen Brief verfasste, handgeschrieben auf schönem Briefpapier und mit der Einladung ins Café Federal, um den «elitären» Burger ins Fussvolk zu verführen, war «Tinu» überrascht. «Ich traf auf einen bodenständigen, interessanten Kollegen, der insgeheim genau so einen wie mich gesucht hat.» Heute sind sie beiden Freunde, fürs Schifferstäche wirft der eine die Erfahrung in die Waagschale, der andere das Netzwerk. Und das Volk ist dazu eingeladen, am ersten Schifferstäche teilzunehmen. Per Wettbewerb konnten sich Teilnehmer qualifizieren, vier von ihnen sind am Samstag mit dabei. «Das gibt es so nur in Bern, in Zürich und Basel ist das eine interne Angelegenheit der Zünfte.»
Die Konkurrenz ist gross
Das Schifferstäche wollen die beiden OK-Präsidenten künftig alle drei Jahre organisieren, fein säuberlich in den Fahrplan der anderen beiden Schweizer Flussstädte eingebettet. Vom Fahrwasser in Bern haben die Zünfte Zürichs und Basels aber schon Wind bekommen, ihre besten Stecher schicken sie am Samstag an den Mühleplatz. Aus Zürich wird Florian Hunsperger antreten, aus Basel Pan Thurnysen. Er wird auch «der Fels von Basel» genannt. Die noch nicht so erfahrenen Berner Schifferstecher haben sich am Probestechen zwar gut gemeistert. Ob die Stecher aus Bern die Zürcher und Basler vom Podest stossen können, zeigt sich am 30. Juni. «Eine grosse Herausforderung wird es auf jeden Fall», gibt Urfer zu. «Es geht uns natürlich schon auch darum, Zürich und Basel mit unserem eigenen, volksnahen Turnier auszustechen», ergänzt Tinu. Wer am Ende nasse Füsse haben wird, können die Zuschauer am Samstag ab 14.30 Uhr selbst beobachten.
Jürg Federer Fotos: Alexandra Schürch