
Susanne Lichtenhahn, Pflegefachfrau HF bei der Spitex
61-jährig und motivierter denn je: Für Susanne Lichtenhahn ist ihr Beruf nach 40 Jahren noch immer eine Berufung. Sie pflegt für die Spitex Region Bern Nord ihre Patientinnen und Patienten mit viel Herz und Verstand.
«Ui, ui, ui – Joker! Wie viele Menschen ich bei der Spitex bisher betreut habe? Da muss ich passen, ich könnte mich krass täuschen», erklärt Susanne Lichtenhahn lachend und streicht sich dabei eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Nach gründlichem Nachrechnen ist klar: Es sind wohl weit über tausend. Die Pflegefachfrau ist eine Spitex-Koryphäe und lebt ihre Berufung seit fast 40 Jahren. Bereits während ihrer Ausbildung zur Krankenschwester konnte sie ausgiebig Spitex-Luft schnuppern. «Es machte klick; ich wusste sofort: Hier werde ich meine Berufung finden», betont sie. «Und es klickt noch immer – die Motivation ist dieselbe wie damals, auch wenn ich mittlerweile doch schon etwas in die Jahre gekommen bin», scherzt Susanne Lichtenhahn.
Selbständige Teamplayerin
An ihrer Tätigkeit schätzt sie viele Aspekte. Die Verbindung zur Medizin beispielsweise: «In der engen und guten Zusammenarbeit mit den Ärzten und Spitälern bilden wir uns permanent weiter.» Noch bereichernder ist für Susanne Lichtenhahn ganz klar ihre Kerntätigkeit, die umfassende Pflege. «Ebenfalls ein enorm vielfältiges und anspruchsvolles Gebiet», erklärt sie bestimmt. «Auch bei uns gibt es Spezialisten.» So tauscht sie sich in ihrem Team regelmässig mit Wundexpertinnen, Psychiatriefachleuten, Berufsbildnerinnen und Kolleginnen und Kollegen aus, die in der Palliativpflege, also der Sterbebegleitung, über Spezialwissen verfügen. «Ich bin zwar oft alleine unterwegs, aber stets in eine gut funktionierende Crew eingebunden. Ich kann meine Verantwortung deshalb auch teilen», freut sich Susanne Lichtenhahn, die ebenfalls als Berufsbildnerin tätig ist und Lernende betreut. «Die Arbeit mit den Jungen bereitet mir besondere Freude!»
«Ich bekomme viel zurück.»
Genauso reizvoll wie ihr Fachgebiet ist für die passionierte Pflegefachfrau HF der tägliche Umgang mit ihren Patientinnen und Patienten: Sie begleitet diese auf deren Lebenswegen – manchmal nur ganz kurz, manchmal lange. Je nachdem, ob chronische Beschwerden vorliegen oder nicht. «Dabei bekomme ich von meinen Patienten auch sehr viel zurück. Liebe Worte, eine schöne Geste oder einfach nur die Tatsache, dass es ihnen besser geht und sie Fortschritte erzielen oder weniger Schmerzen haben. Die Komplimente an mich sind zum Glück genauso vielfältig wie die Menschen», freut sich Susanne Lichtenhahn. «Sie sehen, die Pflege ist spannend, vielseitig und anspruchsvoll!» Auch das Umfeld der Patientinnen und Patienten ist für Susanne Lichtenhahn enorm reizvoll. «Die Angehörigen sind für uns wichtig. Sie spielen oft eine entscheidende Rolle. Sie gilt es, genauso zu berücksichtigen wie die zu pflegenden Menschen.»
Für Jung und Alt, rund um die Uhr
Wer denkt, dass die Spitex-Fachleute ausschliesslich betagte Leute pflegen, der irrt sich. «Wir pflegen alle. Dies gemäss unserem Slogan ‹Für Jung und Alt, rund um die Uhr›», betont Susanne Lichtenhahn. Dies sei aber gleichzeitig auch das Problem der Spitex. «Wir leisten Service Public und sind für die lächendeckende Grundversorgung zuständig. Deshalb kümmern wir uns – im Unterschied zu den privaten Anbietern – um sämtliche Patientinnen und Patienten. Das geht auch im politischen Diskurs zu oft vergessen.»
Ambulant vor stationär
Die Vorteile der Spitex liegen für Susanne Lichtenhahn auf der Hand: «Ambulant vor stationär: Jeden Menschen, den wir in seinem zu hause, also in seinem Umfeld pflegen können, ist nicht in einem Heim oder Spital. Falls sie möglich und sinnvoll ist, gibt ein Grossteil der Bevölkerung der ambulanten gegenüber der stationären Pflege den Vorzug.» Zudem sei die Spitex viel moderner und effizienter als viele denken. «Wir sind mit iPads unterwegs und damit längst im eHealth-Zeitalter angekommen», betont Susanne Lichtenhahn.
Besonders schade findet sie aber, dass im Schweizer Gesundheitswesen viel zu wenig Pflegekräfte ausgebildet werden und jährlich tausende Berufskräfte aus dem Ausland rekrutiert werden müssen. «In einem reichen Land sollte dies nicht so sein. Umso dringender ist die Nachwuchsförderung und die Kommunikation mit den Jugendlichen», erklärt die für die Spitex Region Bern Nord im Stützpunkt Wohlen bei Bern tätige Powerfrau. Im Kanton Bern sei der Pflegeberuf bei den Lehrlingen hinter dem KV weiterhin die zweitbeliebteste Wahl. «Wir müssen die Jungen nach der Lehre besser betreuen. Sonst verlassen uns zu viele Talente zu schnell wieder.» Dies hänge auch damit zusammen, dass für die Patientenbesuche immer weniger Zeit bleibe. «Dies ist eine indirekte Folge der Sparmassnahmen», ergänzt
Susanne Lichtenhahn sorgenvoll.
Text: dr, Fotos: Alexandra Schürch