Sein neuestes Werk ist sein bisher ambitioniertestes: Autor Fritz Koby in der Brasserie Chez Edy. Rechts ein Selbstbild aus den 80er-Jahren

Die Vision des friedliebenden und altruistischen Erdenbürgers

Kobi Selbstbildnis 1980

In mittlerweile acht Jahrzehnten hat Fritz Kobi so einiges erreicht. Er war nicht nur Gründer der renommierten Berner Werbeagentur Contexta, sondern machte sich auch einen Namen als Betreiber von mehreren erfolgreichen Gaststätten im In- und Ausland, darunter das legendäre Restaurant Lorenzini in Bern.

Nebenher hatte Fritz Kobi aber immer eine pulsierende kreative Ader und betätigte sich in den verschiedensten Genres von Literatur und Malerei. In seinem neusten Werk – den beiden Bänden «Das Chaos erwartet dich!» und «Das Chaos vernichtet dich!» – zeichnet er ein verrücktes, total verändertes und düsteres Bild des neuen Europa im Jahr 2050. Wir haben uns mit ihm über seine Zukunftsvision unterhalten.

Fritz Kobi, Ihr erstes Buch erschien schon 1968. Schon damals haben Sie sich mit Zukunftsvisionen beschäftigt. Mit den Chaos-Thrillern sind Sie nun noch einen Schritt weiter gegangen?
Man entwickelt sich. Meine früheren Zukunftsromane «Alpina 2020» und «Rattenzeit» steuerten bereits in diese Richtung. Die schrieb ich aber zu einer Zeit als ich, wie soll ich es ausdrücken, noch wilder, jugendlicher und egozentrischer dachte und fühlte. Die nun entstandenen ‚Chaos‘-Bände leben zwar immer noch von freien Erfindungen, aber ich beschreibe in diesen doch eine mögliche reale, zukünftige Welt. Ich wünsche mir, dass ich damit die Leserinnen und Leser dafür sensibilisieren kann, die vor uns schlummernden Gefahren wahrzunehmen. Der Zustand unseres Planeten ist dringend auf unser tieferes Denken und unser verantwortungsvolleres Handeln angewiesen. Gleichzeitig möchte ich aber auch eine ausgesprochen spannende, verrückte, aber ebenso leserfreundliche Geschichte anbieten.

Ein zentrales Thema in Ihrem Buch ist die Überbevölkerung.
Das ist meine Hauptsorge. Wir haben – vorab in Afrika, Asien und Südamerika – schon eine Schwelle überschritten. Fast 10 Milliarden anspruchsvoller Menschen ‚verarbeitet‘ unser Planet nicht auf die Dauer. Allerdings wehrt sich die ‚Natur‘ dagegen: 2050 werden die Menschen im Schnitt nur noch 61 Jahre alt, weil Seuchen, Kriege, Kriminalität, Korruption und frappante ökologische Veränderungen viele Tote fordern. Doch die Genesung des Planeten bräuchte Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte.

Frieden und Wohlstand für alle – das scheint Ihnen wichtig zu sein.
Ich will ein Menschenfreund sein. Und zwar nicht bloss als sozialer Schwärmer, sondern De facto. Ein verantwortungsvoller, friedliebender und altruistischer Erdenbürger. Ob ich es schon bin weiss ich nicht, aber ich arbeite weiter daran. Darum möchte ich auch mit meinen Büchern die Mitmenschen dazu bewegen Sorge zu unserem Planeten zu haben, einander zu respektieren und Verantwortung mitzutragen. Wenn meine ‚Chaos‘-Geschichte auch etwas düster erscheinen mag: Mir geht es darum den Lesern vorzuzeigen wie nahe wir den Gefahren sind, die das Leben auf der Erde auslöschen könnten.

Das war für Sie also der spezifische Anlass die Chaos-Geschichte zu schreiben?
Schreiben war schon früh mein bevorzugtes Hobby und wurde dann sogar zum Beruf. Ich finde die Menschen spannend – und das Spannendste an ihnen finde ich ihre Zukunftsgestaltung. Wir sind gezwungen unser Verhalten zu ändern, in vielem bescheidener werden und unsere Kultur neu erfinden. Wir dürfen unsere Gemeinschaft nicht vom Geld versklaven lassen und wir müssen unsere Empathie für alle Lebewesen vertiefen. Sonst werden wir im 2050 wie in meiner Chaos-Geschichte hausen müssen. Wir sollten Führer auswählen die positive Ökologie genau so wichtig finden wie definitive Ökonomie, Religionsführer die auf Macht setzen verbannen, den Konsumwahn nicht zum Hobby erküren, den Tieren Platz für ein natürliches Leben bieten und jeden einzelnen von uns zum Mitverantwortungsträger machen.

Möchten Sie in dieser Welt nochmals zwanzig sein?
Das ist eine Frage, die sich die meisten älteren Menschen stellen. Und so auch ich. Jung sein ist schön, aber wer nicht älter werden will stirbt. Wenn wir glauben dass man, je länger man lebt, desto glücklicher ist, dann betrügen wir uns. Was mich betrifft: Ich habe mit achtzig mein Ziel erreicht. Natürlich bin ich für jeden weiteren gesunden Tag dankbar, glücklich aber nur, wenn ich mich nicht von einem «Ich will länger Leben als die andern»- Wettbewerb vergiften lasse.

kv

Weitere Beiträge

Weitere Beiträge