Düsteres Zimmer, laute Musik? Nicht bei Dänu Marqués. Seit sechs Jahren tätowiert der Berner. Die Körperkunst ist seine grosse Passion. Seine älteste Kundin zählt 75 Jahre.
Was bis vor gar nicht allzu langer Zeit mit Seeräubern und Gefangenen assoziiert wurde, ist heute zum Kult geworden und hat sich in der Gesellschaft etabliert: das Tattoo. Seine Geschichte ist lang und reicht bis in das alte Ägypten zurück. Der bekannteste tätowierte Mensch, der entdeckt wurde, bleibt die 5300 Jahre alte Gletschermumie Ötzi. Tattoos widerspiegeln mit ihrer Symbolik Religion, Kultur und Gesellschaft.
Düstere, sticke Kellerräume; laute, ohrenbetäubende Musik, schummriges Licht und dunkle, volltätowierte Gestalten – so stellen sich jene, die sich nicht stechen lassen, ein Tattoo-Studio häufig vor. Diese Klischees und Vorurteile räumt der sympathische Berner Dänu Marqués in Windeseile aus dem Weg. Er empfängt uns in seinem modernen, hellen, von angenehmer Musik erfüllten und klinisch sauberen Studio an der Statthalterstrasse in Bümpliz.
Der 37-Jährige tätowiert seit gut sechs Jahren hauptberuflich, vor einem Jahr hat er sein eigenes Studio eröffnet. Schon als Kind hat er gerne gezeichnet. Seine musisch-gestalterische Ader war dann auch ausschlaggebend für die Lehre als Steinhauer. Während er 15 Jahre auf dem Beruf gearbeitet hat, ist sein Interesse und seine Passion für das Tätowieren entstanden. Er hat sich dieses Handwerk angeeignet, bei renommierten Namen gelernt und sich schliesslich dieser Arbeit verschrieben.
Eine anerkannte Ausbildung kann man in diesem Berufsfeld nicht machen. Allerdings gebe es Bestrebungen, die das ändern sollten, was Marqués sehr begrüssen würde. Auf die Frage hin, wie man sich denn die Fähigkeiten aneigne, schmunzelt er. «Learning on the Job» sei das zentrale Element. Es gibt aber ebenso die Möglichkeit, an einer Grapefruit, auf Schweinehaut oder mit Latex zu üben. Über 1000 Tattoos hat er bis jetzt gestochen. Alle zur Zufriedenheit seiner Kundschaft.
«Jede Arbeit ist einzigartig»
Die Gesellschaft wandelt sich, die Wünsche und Bedürfnisse ändern. Das schlägt sich auch in der Wahl der Motive nieder. «Mandalas, Schriftzüge und Symbole liegen im Trend und haben andere Motive abgelöst. » Ein Tattoo soll Individualität und Persönlichkeit symbolisieren. So lautet die Philosophie von Dänu. Entsprechend geht einer Umsetzung eine professionelle Beratung voran. In den sozialen Medien finden sich zig Motive. Eins zu eins wird bei Dänu Marqués aber nichts umgesetzt. «Angepasst an die Trägerin, den Träger ist jede Arbeit einzigartig. » Ein grosses Plus bei Marqués ist, dass er ein Allrounder ist, selbst zeichnet und so den Kundenwünschen gerecht werden kann.
Einmal ist keinmal
Ob das Sich-stechen-Lassen eine Sucht ist, möchten wir wissen. «Es zeigt sich in der Tat, dass viele mit einem kleinen Tattoo anfangen. Auf diese Weise entstehen neue Ideen, die dann umgesetzt werden. So können die Körperbilder wachsen und die Lebensgeschichte eines Menschen visualisieren.» Dabei ist die Motivwahl von zentraler Bedeutung. Sich also den Namen der ersten grossen Liebe auf der Brust zu verewigen, erweist sich in den meisten Fällen als wenig schlau.
Tattoos kennen keine Altersgrenze
Mit Einwilligung der Eltern kann man sich ab dem 16. Altersjahr ein Tattoo stechen lassen. Ansonsten gilt das Erreichen der Volljährigkeit – also 18 Jahre. Danach existiert gegen oben hin keine Limite mehr. Die älteste Kundin von Dänu ist übrigens 75 Jahre alt.
Dänu ist eher bescheiden tätowiert. Darauf angesprochen, lacht er und meint, er hätte einfach zu wenig Zeit um weiterzufahren. «Aber eine Fortsetzung ist geplant.» Politische und farbige Motive kommen dabei für ihn nicht infrage. Sein erstes Tattoo hat er sich vor rund acht Jahren im elterlichen Zuhause selbst gestochen. Ein «M». Wo auf seinem Körper es sich befindet und was es ihm bedeutet, bleibt sein Geheimnis.
Carina Ammon