Guillaume Hoarau Bscyb
Guillaume Hoarau tritt am 2. Dezember in der Mühle Hunziken in Rubigen auf. Fotos: Remo Neuhaus

«Ich war kein Lionel Messi»

Guillaume Hoarau (39) über sein Selbstverständnis sowie seine Liebe zu «Gäub und Schwarz», Bob Marley und Topmodel Manuela Frey.

Sie konnten kürzlich den fran­zösischen Präsidenten Emmanuel Macron treffen. Wie kam es dazu?
Die französische Botschaft hatte bei seinem Staatsbesuch in der Schweiz zu einem Empfang eingeladen. Ich hatte die Ehre, dabei den Präsidenten der Republik persönlich kennenzulernen. Obwohl die Begegnung nur zehn Minuten dauerte, fanden wir Zeit, um über Fussball zu sprechen. Ich war erstaunt, dass er mich kannte. Er ist eben ein Fussball-Fan! (Lacht)

Sie sind auch ein Musik-Fan. Was bedeutet es Ihnen, vier Jahre nach Ihrem ersten Konzert wieder in der Mühle Hunziken aufzutreten?
Es ist ein Geschenk an die Menschen, die ich in Bern schätzen lernte, anlässlich der Rückkehr aus meiner Heimat La Réunion. Ich freue mich, dass ich hier tun kann, was ich – neben dem Fussballspielen – am liebsten mache.

Ihre Band heisst The One Lovers und das Motto lautet «Positive Vibrations», wohl als Hommage an Bob Marley. Wie wurde er zu Ihrem Idol?
Ich habe ich meiner Jugend mit Hilfe seiner Lieder Englisch gelernt. Zuerst habe ich sie nur phonetisch nachgesungen, dann Songbooks gekauft, weil es noch kein Internet gab, und die Texte schliesslich mit dem Dictionnaire übersetzt. Erst als ich verstand, dass seine Kernbotschaften Liebe und Frieden waren, bin ich richtig Fan von ihm geworden.

Die Reggae-Musik scheint Ihnen aber auch zu gefallen.
Ja, das ist ein Rhythmus, den ich mag, da er mich zum Tanzen bringt und in Ferienstimmung versetzt.

Sie haben Bob Marley auf eine Ihrer Waden tätowiert. Gibt es dort auch Büne Huber?
Nein, eines Tages vielleicht, aber jetzt noch nicht. (Lacht)

Wie ist es zu Ihrer Aufnahme des YB-Songs «Gäub und Schwarz», einer Abwandlung des Patent-Ochsner-Hits «Scharlachrot», gekommen?
Wenn ich auf dem Platz stand und die Fans dieses Lied sangen, dachte ich immer «Wow, ist das schön», verstand aber nicht, was sie sagen, da es Bärndütsch ist. Ich liess mir den Text von meinem Deutschlehrer übersetzen und bekam Gänsehaut. Während Covid kam ich dann auf die Idee, ein Video aufzunehmen, und fragte Büne an, ob er mir dabei helfen würde.

Wie hat er reagiert?
Er sagte, dass er mit Fussball nichts am Hut habe, worauf ich antwortete, ich würde ihn nicht als Sportler fragen, sondern als Mensch, der Musik liebt. Da haben wir uns gefunden. Mein Bärndütsch ist zwar schwer verständlich, aber die Leute finden es süss.

Trauen Sie sich auch, das Lied live zu singen?
Dafür braucht es keinen besonderen Mut, da das Publikum jedes Mal, wenn ich es anstimme, sofort die Führung übernimmt – und das ist einfach wunderbar!

Wie lautet eigentlich Ihr Lieblingswort auf Berndeutsch?
Äuä! (Lacht)

Wie schafften Sie es bescheiden zu bleiben, obwohl Sie so oft im Rampenlicht standen?
Ich war mir immer bewusst, dass ich nur Tore erzielte, weil meine Teamkollegen sie vorbereitet hatten. Ich war ja kein Lionel Messi oder Ronaldo, die Spiele im Alleingang entscheiden. So habe ich nach den Toren nie eine Jubelchoreografie gemacht, sondern sie immer mit der Mannschaft gefeiert.

Wollten Sie als Kind Fussballer oder Musiker werden?
Fussballer, aber es war damals erst ein Traum. Musik habe ich nur am Wochenende gemacht, mit meinen Cousins und Onkeln, mit der ganzen Familie.

Sie spielten bei Paris St-Germain und bei den Young Boys. Wo lagen die Unterschiede?
Als junger Spieler brauchte ich einen Verein wie PSG, um zu wachsen, und der Mann, der ich war, brauchte einen Verein wie YB, um glücklich zu werden. Beides zusammen war die perfekte Kombination. Am Ende konnte ich mit Bern den ersten Meistertitel seit 32 Jahren gewinnen, Champions League spielen und ein Maximum an Emotionen erleben. Das Adrenalin, dass da frei wurde, war für mich wie eine Droge. Weil ich süchtig bin und mit der Welt des Fussballs in Kontakt bleiben will, arbeite ich jetzt in der Westschweiz und Frankreich als TV-Experte.
Nach Ihrer letzten Saison in Sion gingen Sie zurück nach La Réunion, spielten noch etwas Fussball und überlegten, eine Fussballakademie zu eröffnen. Weshalb sind Sie nach einem Jahr wieder in die Schweiz zurückgekehrt?
Ich habe immer gesagt, dass ich meine Karriere dort beschliessen würde, wo ich sie gestartet habe, bei JS St. Pierre. Das Akademieprojekt ist für mich wichtig, weil ich den Jugendlichen weitergeben möchte, was mir der Fussball geschenkt hat. Ich merkte jedoch, dass auf La Réunion alles länger dauert als ich es nach zwanzig Jahren in Europa gewohnt bin, weshalb die Vorbereitungen noch einige Zeit dauern werden.

Sie spielen nun für Muri-Gümligen. Weshalb gerade für diesen Klub?
Als ich sagte, dass ich auch nach dem Spitzensport noch Fussball spielen möchte, um mich fit zu halten, war der Verantwortliche bei Muri-Gümligen, mit dem ich befreundet bin, sehr interessiert, sagte jedoch: «Das Problem ist, dass wir dich nicht bezahlen können.» Ich antwortete ihm, dass es mir nicht darum gehe, sondern um einen Klub, der versteht, dass ich wegen der Arbeit fürs Fernsehen und anderen Aktivitäten nur unregelmässig spielen und trainieren kann.

Wie wohl fühlen Sie sich nun in der 2. Liga interregional?
Ich schätze die Mitspieler, den Trainer und die familiäre Atmosphäre sehr. Ich gebe meine Erfahrung gerne weiter, geniesse es, ohne Druck auf dem Platz zu stehen, ein paar Tore zu machen und von den Spielern der gegnerischen Mannschaften respektvoll behandelt zu werden.

Wohnen Sie nun wieder in Bern?
Manchmal bei meinem Cousin, aber auch in Fribourg, Zürich und Paris, je nachdem. Ich bin noch nicht wieder sesshaft geworden.

Sie sind seit drei Jahren mit Manuela Frey zusammen. Was ist bei Ihnen anders als bei manchen Beziehungen zwischen einem Fussballer und einem Model?
Manu ist eine aussergewöhnliche Frau, eine unglaubliche Persönlichkeit, attraktiv, smart und ein bisschen wie meine Reggae-Musik: Sehr positiv, ein Sonnenschein! Trotzdem ist es weder einfach, als Fussballer mit einem Model zu leben, noch als Model mit einem Fussballer. Da wir beide besonderes gefordert sind, da sie aus New York zurückgekommen ist und ich nach meinem Rücktritt, lassen wir uns in unserer Beziehung Zeit. Wir wollen nicht alles auf einmal und möglichst schnell konsumieren, sondern uns in Ruhe weiterentwickeln. Jeder für sich und beide zusammen müssen wir unseren Rhythmus und unsere Stimme finden.

Reinhold Hönle

PERSÖNLICH

Guillaume Hoarau wurde am 5. März 1984 auf La Réunion (Nachbarinsel von Mauritius im indischen Ozean) geboren. Sein Talent brachte ihm 2004 einen Vertrag bei Le Havre und 2008 bei Paris St-Germain ein. Dort erzielte der 1,94 Meter grosse Stürmer in fünf Jahren 38 Tore, zwischen 2014 und 2020 bei Young Boys 94 Tore. Mit YB feierte er drei Meistertitel und einen Cupsieg. Hoarau hat einen Sohn (14) aus einer früheren Partnerschaft und ist seit drei Jahren mit Manuela Frey («Switzerland’s Next Topmodel») liiert. Als Sänger tritt er am 2. Dezember mit Reggae, Afrobeat und Latin-Rhythmen in der Mühle Hunziken in Rubigen auf.

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