Isabelle von Graffenried: Eine junge Frau macht Politik – mit einer ganz klaren Meinung

Isabelle von Graffenried (seit vergangenem Freitag 16 Jahre alt) ist nicht ganz so wie andere Mädchen in ihrem Alter. Anstatt über die neusten Schminktrends diskutiert sie mit ihren Freunden lieber über Politik. Von Donnerstag bis Sonntag diskutierte sie mit 199 anderen Jugendlichen an der Jugendsession im Bundeshaus.

Mit einem festen Händedruck begrüsst Isabelle von Graffenried den Bärnerbär am Donnersatgabend vor dem Bundeshaus. Von Donnerstag bis Sonntag hat die 16-jährige Gymnasiastin an der Jugendsession – oder kurz Juse – mit anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen über aktuelle politische Themen wie etwa das Krankenkassengesetz oder die Finanzierung der AHV diskutiert und Änderungs- und Lösungsvorschläge vorgebracht.

«Ich wollte mitdiskutieren»
«Ich habe mich ganz spontan dazu entschieden, an der Juse teilzunehmen», erzählt Isabelle. Sie habe an der Schule ein Plakat der Juse gesehen und sich dann in der kleinen Pause zwischen zwei Lektionen schnell angemeldet. Es ist ihre erste Teilnahme an der Jugendsession, doch Politik habe sie schon immer interessiert. «Schon als ich im Kindergarten war, wollte ich immer und überall mitdiskutieren», erinnert sie sich mit einem Schmunzeln. Auch am Familientisch war und ist Politik immer ein Gesprächsthema. «Je älter ich wurde, desto mehr habe ich dann angefangen, mich über die Themen zu informieren», sagt Isabelle.

An der Juse beschäftigte sie sich mit dem Thema Adoptionsrecht. «Es ist ein umstrittenes Thema mit vielen unterschiedlichen Standpunkten, deshalb finde ich es umso interessanter.» Es gebe aber eigentlich auch kein Thema, das sie nicht interessiere, sagt Isabelle dann nach kurzem Nachdenken. In der Sekundarschule sei es teilweise schwierig gewesen, mit den gleichaltrigen Klassenkameraden über Politik zu diskutieren, da sich diese kaum für Politik interessierten. «Jetzt am Gymnasium ist es schon besser», erzählt sie. Auch deshalb hat sie sich sehr auf ihre erste Juse gefreut. «Hier kann ich mit Gleichgesinnten zusammen sein», so die 16-Jährige. Was das Mitspracherecht in der Politik angeht, da sei sie in der Schweiz schon privilegiert, so Isabelle, «das schätze ich sehr.»

Für ein Stimmrecht ab 16
Noch hat sich Isabelle keiner Jungpartei angeschlossen. «Für diese Entscheidung muss ich mich zuerst noch ganz genau mit den Parteiprogrammen auseinandersetzen», meint sie. Doch ihre Zukunft sieht die engagierte Gymnasiastin ganz klar in der Politik. «Ich finde es sehr wichtig, dass sich Jugendliche und junge Erwachsene mit der Politik beschäftigen. Denn man kann jetzt entscheiden,  wie das Leben als Erwachsener aussehen wird.» Deshalb spricht sie sich auch dafür aus, dass Jugendliche bereits mit 16 an die Urne dürfen, da diese am längsten mit den getroffenen Entscheidungen leben müssten. Als Beispiel erwähnt sie die Brexit-Abstimmung in Grossbritannien: «Ich denke, das Resultat wäre anders ausgefallen, wenn nur die Jungen hätten abstimmen dürfen.»

Nein zur No-Billag-Initiative
Ein politisches Vorbild hat Isabelle nicht. «Barack Obama finde ich einen sehr interessanten Politiker, auch, was er alles erreicht hat, wie etwa die Einführung von Obamacare, beeindruckt mich», sagt Isabelle.

Was sie denn an der Schweizer Gesetzgebung ändern würde, wenn sie könnte? «Ich würde sofort die Masseneinwanderungsinitiative rückgängig machen», antwortet sie ohne zu überlegen. Auf das wohl aktuell meistdiskutierte Thema in der Schweizer Politik, die No-Billag-Initiative, angesprochen, wählt Isabelle, ganz die Politikerin, ihre Worte mit Bedacht. «Ich würde mit Nein stimmen», meint sie schliesslich. Denn ohne diese Gebühr könne die SRG langfristig nicht dieselbe Leistungsqualität erbringen, so wie sie jetzt existiert.

Auf ihre Hobbys abseits der Politik angesprochen, zeigt sich, dass sie trotz allem eine ganz normale 16-Jährige ist: «Ich singe leidenschaftlich gerne und nehme auch Gesangsstunden», erzählt sie. Auch Lesen, Backen und Kochen zählt sie zu ihren Freizeitbeschäftigungen. Eine reine Berufspolitikerin zu werden, das kann sich Isabelle aber nicht vorstellen. «Ich will an die Universität gehen und etwas studieren.» Was genau, weiss sie allerdings noch nicht.

Annina Häusli

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