Celan Marzili 7846

Meister der Marzili-Menüs

Seit elf Jahren arbeitet Sellan Natkunarajah in der Küche der Marzili-Badi. Dort brät er Burger im Sekundentakt – vor allem weiss er, wie man trotz Hitze einen kühlen Kopf bewahrt: mit Humor.
Schon um 10 Uhr morgens ist es in der Küche der Marzili-Badi ziemlich warm. Sellan Natkunarajah stört das nicht im Geringsten. Mir raschen, routinierten Handgriffen packt der 54-Jährige ein paar Brötchen, die er für den berühmt-berüchtigten «Chicken-Badi-Burger» braucht. Danach schneidet er Salat und macht die Friteusen parat. Ab 11.30 Uhr wird der grosse Ansturm von hungrigen Badegästen erwartet, dann muss alles bereit sein.
Kuna, so sein Rufname, stammt ursprünglich aus Sri Lanka, wo er in einer Familie mit acht Geschwistern aufgewachsen ist. Abgesehen von einem Bruder, der in Paris lebt, ist er der Einzige der Familie, der ausgewandert ist. 1991 kam Kuna in die Schweiz. «Die politische Situation in Sri Lanka war schwierig», erklärt er knapp. Einfach war es am Anfang auch in der neuen Heimat nicht. «Ich hatte keine Arbeit und lebte im Asylzentrum.» In Sri Lanka war Kuna als Maler tätig gewesen, in der Schweiz konnte er bald in der Gastronomie Fuss fassen.
Eine erste Stelle fand er im Restaurant Schützen in Oppligen, wo er mit seiner Frau und seinem 17-jährigen Sohn lebt. Auch in einem Thuner Restaurant und in der Kantine der Hochschule der Künste in Bern arbeitete er je fünf Jahren lang. «Wenn du Erfahrung hast, wird alles einfacher», so Kuna. «Jetzt ist alles gut.»
Seit 11 Jahren nun schuftet er in den Sommermonaten in der Küche der Marzili-Badi. Der Tag beginnt jeweils um 9 Uhr morgens. Als Erstes macht er die Gipfeli und die Sandwiches parat. Danach wäscht und schneidet er Salat und «macht die Küche warm», wie er es ausdrückt. Um 11 herrscht dann Hochbetrieb, denn ab 11.30 ist die Küche offen. «Man muss schauen, dass alles vorbereitet ist.» Pommes, Fischknusperli, Burger und Hot-Dogs werden hier im Sekundentakt zubereitet.

Nie von oben herab behandelt
Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch wird in der Küche gesprochen – und manchmal auch mit Händen und Füssen kommuniziert. Im Team kommen die unterschiedlichsten Nationalitäten zusammen, wobei nicht alle immer Deutsch sprechen.
Küchenchefin Sonja Mosimann (27) schätzt die umtriebige, aber fröhliche Stimmung. «Es ist anstrengend, aber es macht auch viel Spass.» Das kulinarische Angebot findet sie typisch für eine Badi. «Man kommt zum Geniessen und gönnt sich auch mal etwas Deftigeres.»
Kuna ist mittlerweile im Schuss. Mosimann muss ihm mehrmals sagen, dass es in Ordnung ist, wenn er kurz Pause macht, um mit dem Bärnerbär zu sprechen. Schliesslich erzählt er bei einem Gespräch unter einem Sonnenschirm vor dem Restaurant bereitwillig von seinem Alltag. Regelrecht ins Schwärmen gerät er, wenn er von seinen beiden Chefs Manuel Schmid und Claudio Maestretti spricht. «Man wird nie von oben herab behandelt. Beide sind tiptop», beschreibt Kuna das freundschaftliche Verhältnis. Die beiden Pächter wirten seit 2022 in der Marzili Lounge GmbH, wie das Restaurant offiziell heisst. In der Küche der Marzili-Badi sind insgesamt sieben Leute beschäftigt. «Sellan ist von allen am längsten bei uns. Wir sind sehr froh um ihn», meint Maestretti zufrieden.

Selber mal eine Runde drehen? «Keine Zeit»
Im Winter müssen alle Mitarbeitenden einen anderen Job suchen, was in der aktuellen Situation – es fehlt vielerorts an Personal – kein Problem sein dürfte. Ausserdem profitieren viele von dem Netzwerk, das sie bei der Marzili Lounge GmbH aufbauen können.
Auf die Frage, ob er im Marzili auch mal baden gehe, sagt Kuna lachend: «Keine Zeit.» Wenn er ein Schwimmbad besuche, dann eher das Schwimmbad Langenhof, das sich nur sieben Minuten von seinem Wohnort Oppligen befinde. Im Herbst möchte er gerne für drei Wochen nach Sri Lanka reisen. «Coronabedingt bin ich schon sehr lange nicht mehr dort gewesen.» Sein Sohn macht gerade eine Lehre als Elektriker, seine Frau arbeitet in einer Pilzzucht. Wenn alle frei haben, geht die Familie gerne gemeinsam spazieren. «Zuhause kocht meistens meine Frau», sagt Kuna. «Srilankische Spezialitäten.»
In der Küche der Marzili-Badi brutzelt er heute noch einige Stunden. Wie geht er mit Stress um? «Wir lachen viel.» Gestikulierend erklärt er, wie man sich gegenseitig aufmuntert, wenn es mal hektisch zu und hergeht. Ein Schulterklopfen scheint Wunder zu wirken. Hygiene ist schon vor der Corona-Pandemie wichtig gewesen. Kuna trägt Handschuhe und demonstriert, wie man diese wäscht.
Er ist nun zurück in der Küche und legt exakt acht Brötchen auf ein Blech. Effizienz ist wichtig. Es ist mittlerweile noch ein gutes Stück wärmer geworden. «If you can’t stand the heat get out oft he kitchen», sagen die Amerikanerinnen und Amerikaner und meinen damit: Wenn du mit dem Druck nicht umgehen kannst, bist du am falschen Ort. Kuna ist hier genau richtig.

Helen Lagger

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