Der Umzug ist geglückt: Seit rund einem Monat finden notleidende Tiere im neuen Zentrum des Berner Tierschutzes einen Pflegeplatz. Lukas Bircher und Delia Schweizer führen durch die topmoderne Anlage.
«Hier entsteht eine Schauvoliere. Und auf diesen Bildschirmen können die Besuchenden die Tiersteckbriefe schon mal sehen.» Als Lukas Bircher vom Berner Tierschutz das Foyer des neuen Zentrums zeigt, hört man die Begeisterung für diesen Ort für Tier und Mensch aus seiner Stimme. Erst vor rund vier Wochen sind Kaninchen, Nager, Katzen, Ziervögel und Hunde aus dem alten Tierheim in Oberbottigen hierher gezügelt.
Funktional, gross und freundlich kommen die Räume daher, weniges ist noch in Arbeit. Das neue Zentrum steht auf der Waldlichtung Eymatt im Bremgartenwald bei Bern und ist gut per Postauto erreichbar. Für Bircher ein Idealstandort: «Schon seit meinen Anfängen 1995 plante man das Neubauprojekt. Nach 14 Jahren Bewilligungsverfahren konnten wir 2020 endlich mit dem Bau beginnen.»
Fast 70 Jahre bestand das Tierheim Oberbottigen, nun hoffen die Tierschützer, dass die neue Anlage auch für eine lange Zeit vorhalten wird. Photovoltaik, Luft-Wärme-Pumpe, Schallisolierung, viel Holz und Glas, ein mietbarer Schulungsraum – der Bau ist für die Zukunft gerüstet. Auf dem Grundstück gibt es auch Auslaufgehege und eine noch freie Fläche.
Wieso Hunde im Heim landen
Bisher existieren gleich viele Plätze wie im alten Tierheim. 16 Mitarbeitenden, grösstenteils in Teilzeit, kümmern sich 365 Tage im Jahr um die Tiere, den Unterhalt und die Administration. Das Zentrum finanziert sich aus Spenden, Patenschaften, Legaten, Gemeindebeiträgen. Die Lage sei stabil, die Eigenmittel des Vereins sind in den Neubau geflossen.
Im Hundehaus herrscht derweil helle Aufregung und Gebell. Jeder Hund hat hier seinen Raum mit Aussenbereich. Oft landen in der Obhut der Tierschützer grosse Hunde, Listenhunde, geschunden oder vernachlässigt. «Die kleinen, unkomplizierten Hunde finden meist privat schnell einen neuen Halter. Zu uns kommen meist die schwierigen und verhaltensauffälligen», erklärt Schweizer.
Oft waren die Herrchen überfordert, mussten den Hund aus Altersgründen abgeben oder weil einfach das Homeoffice endete. «Nach Corona spürten wir klar eine Rücklaufwelle», sagt Delia Schweizer. Andere stammen gar aus Beschlagnahmungen. «Es gab auch schon Hunde, die versuchten, in die Kehle zu beissen», erinnert sich Bircher.
Solche Szenen bleiben zum Glück die Ausnahme. Die eifrigen Tierpfleger bauen oft eine tolle Bindung zu den Hunden auf, zusammen mit Verhaltenstrainern können sie das Tier wieder an Menschen und andere Tiere in ihrer Umwelt gewöhnen. Die potenziellen Herrchen und Frauchen sollten erfahren sein und durchlaufen beim Zentrum eine längere Kennenlernphase. «Es muss matchen. Sonst wären wir verantwortungslos. Ein Hund braucht nicht nur Futter, sondern auch menschliche Nähe», so Bircher. Manche Tiere sind zwei Wochen, andere über viele Monate da.
Eine erfolgreiche Vermittlungsgeschichte hat Schweizer selbst auf Lager und zeigt ihren kleinen Hund, der ihr treu in die Augen schaut. «Ich wollte ihn eigentlich nur zur Pflege aufnehmen.» Sie lacht: «Naja, das ist jetzt zehn Jahre her.»
Michèle Graf
Persönlich
Lukas Bircher (62) ist Zoologe und arbeitet seit 1995 für den Berner Tierschutz. Er ist Geschäftsführer des Berner Tierzentrums. Der Berner ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Delia Schweizer (51) stammt aus Laupen und wohnt in Bösingen FR. Die gelernte Hochbauzeichnerin ist verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. Seit 1994 ist sie beim Berner Tierschutz aktiv und arbeitet als Buchhalterin und Webmasterin.