Mundart-Poet Pedro Lenz – «Mit Bärndütsch geit's besser!»

Poet, Diskussionsteilnehmer, Interviewer, Kolumnist, Performer, YB-Fan und schon bald Vater: Pedro Lenz (52) ist omnipräsent. Das folgende Gespräch entstand vorletzten Sonntag auf dem Gurten beim Bäre-Talk: Der Berner Schriftsteller traf die Zürcherin Angelica Moser (20), eine hoffnungsvolle Stabhochspringerin.

Bärnerbär: Während Angelica schon früh auf Leichtathletik setzte, haben Sie – als YB-Fan – vermutlich Fussball gespielt.

Nein, auch ich versuchte mich als Leichtathlet – mit mässigem Erfolg. Viel lieber hätte ich mit meinem Bruder in Langenthal Fussball gespielt. Mein Vater fand diesen Sport aber zu proletarisch. Während der Maurer-Stifti war ich bei den Pontonieren auf der Aare. Dafür kicke ich heute, zum Plausch, mit Freunden ohne Lizenz, aber mit grossem Engagement.

In der Schule zeigen sich oft bald die vorhandenen Talente. So gesehen waren Sie im Deutsch bestimmt besser als im Rechnen…

Das war zuerst gar nicht so. Ich galt als Rechenkünstler. Aber bald einmal interessierten mich die Sprachen, entdeckte ich eine gewisse Schreiblust, die auch von einzelnen Lehrerinnen gefördert und von einigen Lehrern eher gebremst wurde.

Maurerlehre statt Gymnasium –
haben Sie trotzdem viel profitiert?

Ja, die Lehre öffnete mir eine völlig neue Welt. Ich lernte vor allem viel im Umgang mit Menschen, verschiedene Sprachen, Mentaltäten kennen. Schon damals habe ich diese faszinierenden Lebensgeschichten aufgeschrieben. Aber es war schon eine grosse Distanz zwischen Baustelle und Bibliothek.

Wurden diese «Lebensgeschichten» damals schon veröffentlicht?

Erst viel später. Ich schrieb zuerst einen Kriminalroman, den ich verschiedenen Verlagen schickte, ohne je eine Reaktion zu erhalten. Da bat ich den bekannten Berner Schriftsteller Beat Sterchi, diesen Roman kritisch zu lesen und einem Verlag zu vermitteln. Sterchi ging hart ins Gericht und meinte, er sähe meine Stärke an einem ganz anderen Ort: Ich solle nicht Geschichten erfinden, sondern meine Beobachtungen umsetzen, so wie er mich an meinen Lesungen erlebt hatte.

Aber Mundartsprache war in dieser Phase noch nicht angesagt?

Erst nach einer gewissen Anlauf- und Probezeit getraute ich mich, in Mundart vorzutragen und fühlte mich plötzlich wohler, näher am Publikum.

Eigentlich könnte man Sie auch als Polo Hofer der Schweizer Literatur bezeichnen.

Polo – und nicht etwa Mani Matter – war in meiner Kindheit eine Rieseninspiration. Auf einem Kassettengerät spulte ich seine Lieder immer wieder ab, um seine damals sehr inspirierenden Text erfassen zu können.

Der Berner Lyriker Raphael Urweider sagt oft: «Es gibt mehr Leute, die Gedichte schreiben als lesen»- trotzdem schreiben Sie auch Gedichte…

Schon als Kind faszinierten mich die von meinem Vater vorgelesenen Geschichten von Wilhelm Busch. Speziell berührte mich die Reimform und auch heute spüre ich beim Vortragen geformter Sprache mehr Klang, mehr Kraft.

Verfügen Sie auch wie die Leichtathletin Angelica Moser über einen Coach?

Ich tausche mich aus mit Berufskollegen und trage die Texte an Lesungen vor, versuche die Reaktionen des Publikums zu interpretieren und ändere so meine Texte, bevor sie gedruckt werden.

Sie gelten als YB-Fan, der auch für das hauseigene Magazin Interviews führt. Wie wurden Sie als Langenthaler YB-Anhänger?

In meinem Geburtsort besuchte ich die Spiele des Zweitligisten
FC Langenthal. Wir wussten aber, dass es in Bern einen viel bekannteren Klub gab und so besuchte ich mit meinem Onkel ein Spiel der Young Boys, anfangs der Siebziger Jahre. YB schlug das grosse Servette. Ich war begeistert von der Stimmung, der Atmosphäre und den gelben Leibchen. Seit diesem Spiel hält die Sympathie zu diesem Klub, obschon ich schon oft enttäuscht worden bin.

Was trauen Sie YB in dieser Saison zu?

Ein Viertel ist gespielt. Ich habe die momentanen Punkte mal 4 gerechnet: Wir werden mit grossem Vorsprung Meister (schmunzelt).

Beim Bäre-Talk trugen Sie auch
ein T-Shirt vom Boxer Cassius Clay und haben über Muhammad Ali auch ein Buch geschrieben «Tanze wie ne Schmätterling». Sie haben den Jahrhundert-Sportler aber nie live gesehen, auch am Fernsehen nicht und schreiben trotzdem ein Buch?

Ich habe viel über ihn gelesen, seine Kämpfe auf youtube geschaut und bald einmal gemerkt, dass ich sie eigentlich schon kenne. Während der Schulzeit zeigten Kollegen auf dem Pausenplatz, was sie vorher im Fernsehen gesehen hatten. Sie erzählten von Alis Sprüchen und wie er elegant seine Gegner ausboxte. Am meisten imponierte mir seine grosse Klappe, wie er vor Selbstbewusstsein strotzte, Aussagen über die Gegner und sich machte, die so gar nicht unserem damaligen Weltbild entsprachen. «I am the Greatest» habe ich schon als Erstklässler verstanden.

Albi Saner

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