Nun kümmert er sich um seine zwei Buben mit Down-Syndrom

Nach sieben Jahren wird der Oberst im Generalstab, Vincent A. Fehr, das Kommando des Waffenplatzes Bern an Oberst Daniel Amhof übergeben. Im Gespräch mit dem Bärnerbär erzählt Vincent von seinem ereignisreichen Leben.

Wer Vincent A. Fehr gegenübersitzt, ist von dessen ersten Worten an fasziniert und hört ihm gerne zu. Wenn Fehr keine militärischen Kleider tragen würde, dann wäre es sehr schwierig, ihn als Berufsmilitär zu erkennen. Fehr ist der oberste Chef der General-Guisan-Kaserne in Bern und des Waffenplatzes Sand-Schönbühl. Der Waffenplatz in Bern gehört dem Kanton, derjenige im Sand-Schönbühl der Eidgenossenschaft. Er ist nicht der militärische Haudegen, doch Probleme löste er als gewiefter Machertyp immer schnell und gewissenhaft. Viel Freude bereiteten ihm immer wieder die Einsätze an den Ski-Weltcuprennen in Adelboden am Chuenisbärgli und in Wengen am Lauberhorn. Für das Militär beginnen die Rennen stets bereits im Sommer. «Ja, erste Abstimmungen mit dem OK nehmen wir bereits im Mai vor.» Die Feinarbeit aber werde dann im Winter vor Ort Tag für Tag festgelegt, betont Fehr.

Tschäppäts Anruf
Fehr erinnert sich noch gut daran, als ihn eines Tages der damalige Stadtpräsident Alexander Tschäppät angerufen habe. «Du Vincent, ich habe ein Problem, du musst mir helfen», erklärte ihm der Stadtpräsident. «Ich sagte Alex meine Bereitschaft zu.» Dann seien sie zusammen an einen Tisch gesessen. Tschäppät habe ihm erklärt, dass die Tour de France nach Bern kommen werde. «Alex, das ist sehr gut, wir können das lösen», sagte Fehr. Doch habe es viele Hindernisse zu überwinden gegeben. «Auch der Kanton und die Stadt waren beteiligt. Das war eine grosse Geschichte. Vor und insbesondere auch während der Etappe hat dann alles reibungslos geklappt.» Unterstützung für sportliche Grossevents waren spektaktulär, in den vergangenen sieben Jahren aber natürlich nicht die Hauptaufgabe von Fehr. In Bern werden die Führungskräfte für die Armee ausgebildet. «Da wird viel hinter verschlossenen Türen gearbeitet. Man sieht nur wenige Personen auf dem Kasernenhof», erklärt Fehr. Dies habe Politiker auf den Plan gerufen, die der Meinung waren, dass man die Kaserne besser als Heim für Asylsuchende nutzen würde. Doch da ist Fehr strickte dagegen. «In Bern haben wir alles in unmittelbarer Nähe. Der Waffenplatz und die Kaserne sind ein idealer Treffpunkt für Militärs aus allen Landesteilen.» Angesprochen auf die Karriere und die militärische Weiterbildung, die heute in den Augen von vielen Männern nicht mehr so wichtig ist, schüttelt der Oberst im Generalstab den Kopf: «Mit der Verkürzung des Dienstes in Folge der Armeereform XXI ist viel Erfahrung auf der Strecke geblieben. Früher dauerte es viel länger, bis aus einem Rekruten ein Hauptmann heranreifte. Heute bilden wir im Schnellzugstempo aus.» Das wiederum habe negative Auswirkungen auf die Führungsstärke jeder Kaderfrau und jedes Kadermannes. «Mit der neuen Armeereform WEA, die seit Januar 2018 am Laufen ist, sollten wir diese Entwicklung wieder korrigieren können», ergänzt Fehr.

«Kochen kann ich»
Nun ist Fehr bereits daran, sein Büro aufzuräumen. Schon bald einmal wird er vom Waffenplatzkommandanten zum Hausmann. Fehr verzieht sein Gesicht, denn den Vergleich hört er nicht so gerne: «Das passt nicht zu mir.» Wir einigen uns darauf, dass er vom Kommandanten zum Privatmann wird. Von unten einsteigen, nach oben arbeiten und dabei viel lernen. «Kochen kann ich; aber nicht so gut wie meine Frau. Doch mit Kochen allein ist es nicht gemacht, denn da kommen weitere häusliche Arbeiten wie Waschen, Bügeln, Putzen und vieles mehr hinzu. «Meine Frau hat mir in all den Jahren den Rücken freigehalten. Das ändert sich nun» Da aber seine beiden Söhne, die mit dem Down-Syndrom geboren wurden, schon älter sind, will er sie nun umso intensiver begleiten. «Ich war als Berufssoffizier oft abwesend und musste viel Arbeit meiner Frau überlassen. Sie hat mir in all den Jahren den Rücken freigehalten. Das wird sich zum Glück nun ändern.»

Betreuung der Söhne Fehrs Ehefrau musste wegen der besonderen Familiensituation mit den behinderten Knaben Alain (17) und Olivier (10) in ihrem Beruf als Lehrerin lange kürzertreten. Nun steigt sie wieder vermehrt ins Erwerbsleben ein. Doch Alain und Olivier brauchen rund um die Uhr Betreuung. Diese Arbeit übernimmt nun der Vater. Er müsse, sagt er, viel lernen und seine Erfahrungen machen – für ihn beginne ein neues Leben. Wenn im Winter die Berge schneeverhangen sind und die internationalen Skiweltcuprennen im Berner Oberland auf dem Programm stehen, dann wird Vincent Fehr nicht mehr in Adelboden oder Wengen sein. Bis dann wird er zu Hause sicher alles im Griff haben und dann mit seiner seiner Frau und seinen Kindern die Rennen am TV schauen. Er möchte mitfiebern und klatschen, wenn vielleicht Beat Feuz oder ein anderer Schweizer brilliert. Ganz bestimmt wird bei Fehr ein bisschen Wehmut aufkommen. Doch Fehr ist ein Mensch, der eine Situation akzeptiert und diese so nimmt, wie sie ist. Das hat er auch bezüglich der Behinderung seiner beiden Knaben gelernt.

Text: Markus Jutzi
Fotos: Christoph Ammann

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