Als Papa Moll verzückt er derzeit das Schweizer Kinopublikum. Privat tickt Stefan Kurt natürlich etwas anders. Nicht nur optisch. Im Interview mit dem Bärnerbär spricht der Berner über Jugendsünden und verrät, wem sein Herz gehört.
Bärnerbär: Stefan Kurt, wie viele Kilos mussten Sie sich für die Rolle als Papa Moll anfuttern?
Nun, ich dachte zuerst, dass ich einfach durch ein paar Kilos mehr wie die Comicfigur aussehen würde. Doch das war gar nicht so einfach: Das zusätzliche Fett sammelt sich bei mir gar nicht im Gesicht an. Deshalb haben wir dann andere Möglichkeiten gesucht – der Bauch beispielsweise wurde angenäht, die Wangen sind aus Silikon.
Haben Sie Kindheitserinnerungen, die Sie mit Papa Moll verbinden?
Ich kannte die Comics natürlich von früher, auch wenn ich kein passionierter «Papa Moll»-Leser war. Wenn ich mit meiner Mutter einkaufen ging, gab es beim Metzger immer ein Rädli Wurst. In der Drogerie lagen dann die «Junior»-Hefte mit den Comics auf. Ausserdem gab uns im Semer unser Lehrer die Geschichten auf Französisch zu lesen.
Papa Moll ist trottelig, naiv und ein Tollpatsch. Es wäre etwas frech, zu fragen, wie viel von der Figur in Ihnen steckt.
Schon ein bisschen, ja (lacht). Sagen wir es so: Eine Comicfigur aus der zweiten in eine dritte Dimension zu bringen, ist eine grosse Herausforderung. Ich sagte auch sofort zu, als die Anfrage kam. Als ich die Geschichten dann zur Vorbereitung studiert hatte, wusste ich sofort, wie Papa Moll läuft, sich bewegt und war ziemlich schnell überzeugt, dass ich diese Figur spielen kann. Man muss als Schauspieler aber trotzdem eine gute Balance finden, dass Papa Moll eine Comicfigur bleibt und sich nicht wie ein Zombie verhält. Beim Drehen waren wir in dieser Beziehung dann aber teilweise unsicher und haben von bestimmten Szenen drei, vier verschiedene Versionen gedreht. Wir haben uns gefragt: Wie böse kann Papa Moll sein? Ich kann Ihnen sagen: Er ist nicht zu böse, sondern eine Art Kompromisslösung. Ganz wie es dem schweizerischen Naturell entspricht.
Dann sagen Sie uns doch in eigenen Worten, in welchen Punkten Papa Moll Ihrem Charakter am nächsten kommt.
Ich bin ebenfalls harmoniebedürftig und bin ein positiver Mensch. Bei mir ist das Glas meist halb voll und nicht halb leer, wie bei Papa Moll auch. Er hingegen will immer zeigen, dass er alles am besten kann, diese Eigenschaft trifft bei mir weniger zu.
Hatten Sie selber einen strengen Vater?
Nein, gar nicht, er war ein ganz weicher Mensch. Klar gab es mal die eine oder andere Kopfnuss, weil wir als Kinder versucht haben, Grenzen auszuloten. Insgesamt war er aber sehr feinfühlig. Meine Eltern haben mich bei allem, was ich tun wollte, immer unterstützt, nicht zuletzt auch beruflich. Deshalb hatte ich eine sehr schöne Jugend.
Sie sind mit zwei Brüdern aufgewachsen, da gibt man sich gegenseitig schon mal Saures.
Klar, aber das kommt ja in jeder Familie vor (lacht).
Was war der schlimmste Seich, den Sie als Jugendlicher je gemacht haben?
Wir haben im Schwabgut im neunten Stock gewohnt. Ich erinnere mich noch, wie ich auf meinen kleineren Bruder Daniel zulief, um ihn zu erschrecken. Ich wollte eine Fensterscheibe «antätschen», doch sie fiel raus, hinunter auf die Strasse. Aus dem neunten Stock! Man stelle sich vor, wenn dort in dem Moment jemand vorbeigelaufen wäre. Danach stand der Haussegen bei uns schon schief.
Gibt es noch weitere Sünden-Geschichten aus dem Leben des jungen Stefan Kurt?
Mein Onkel arbeitete bei der Eidgenössischen Drucksachen- und Materialzentrale EDMZ, damals noch im Tscharnergut. Zusammen mit meinem Cousin haben wir als Buben Wasserballons gefüllt und sie vom Dach runtergeworfen. Auf dem Rasen entstanden dann Flecken und auch Dreck, den wir dann selbstverständlich wegputzen mussten.
Sie leben in Berlin und treten derzeit an der Oper in Lyon auf. Wie häufig sind Sie überhaupt noch in Bern?
Etwa drei bis vier Mal pro Jahr. Mein älterer Bruder lebt in Wichtrach, ihn und einige Freunde gehe ich dann besuchen. Meine Eltern leben leider nicht mehr.
Worauf können Sie nicht verzichten, wenn Sie nach Bern kommen?
Früher, wenn ich mit dem Zug von Zürich hierher fuhr, sass ich immer im Speisewagen und ass einen Cervelatsalat. Nach einer längeren Pause wird er zum Glück wieder angeboten (schmunzelt). Oder ich esse ein Stück von diesen dreieckigen Käsekuchen in der Migros Marktgasse.
Die gibt es in dieser Form ja nicht mehr, die Käsekuchen sind jetzt rund.
Leider, ja. Sie haben zu viel «Rauft», das mag ich nicht so.
Themawechsel: Meist sah man Sie zuvor in ernsten Filmen wie «Der Verdingbub» oder in «Tatort»-Produktionen. Nun haben Sie in einem Interview gesagt, dass Sie froh sind, endlich mal eine fröhliche, komödiantische Rolle spielen zu dürfen.
Ja, im Theater konnte ich das ja schon vielfach, im Film bis jetzt eher selten. Doch jetzt ist das gelungen, auch bei «Lovely Louise» 2013. Es ist eine Seite von mir, die ich gerne mal zeige.
Was spielen Sie am liebsten?
Puuh, eine ganz schwierige Frage (überlegt). Die komischen Sachen sind mir immer schon im Blut gelegen. Das scheint eine Begabung zu sein, die ich seit jeher hatte. Trotzdem ist es eben gerade die Abwechslung, die es ausmacht.
Werden Sie auf der Strasse eigentlich erkannt?
Ab und zu passiert das und das freut mich sehr. Meist sind es positive Reaktionen. Und selbst wenn die Leute sagen, was ihnen nicht gefallen hat – das ist völlig okay und legitim. Ich kann aber immer noch in ein Restaurant, ohne dass sich alle umdrehen und aufhören zu essen (lacht).
Der Film wurde von der SRG mitproduziert. Sie dürften zur «No Billag »-Initiative eine deutliche Haltung haben.
Ich engagiere mich dagegen, ja natürlich. Ich finde die Initiative eine gefährliche Sache, obwohl ich der Meinung bin, dass man darüber diskutieren darf, wie mächtig die SRG sein soll. Was mich erschreckt, ist, dass so viele Leute dagegen sind. Meist geht es ja dabei schlicht nur ums Geld.
Sie sind eine sehr offene Person. Über Ihr Privatleben verraten Sie jedoch nicht viel.
Ich versuche es, so gut es geht, zu schützen und bin bis jetzt damit gut gefahren. Was ich sagen kann: Ich lebe mit meinem Partner glücklich in Berlin.
Sie haben also keine Kinder. War es deshalb besonders schwierig, in die Rolle eines Familienvaters zu schlüpfen?
Das hat kaum eine Rolle gespielt. Ich war ja früher Primarlehrer und habe gerne mit Kindern zusammengearbeitet.
Was wünschen Sie sich für 2018?
Dass «No Billag» bachab geht. Es wäre furchtbar, wenn die Initiative angenommen würde. Privat: dass ich gesund bleibe. Das ist das Wichtigste. Ich bin doch auch schon 58, das spüre ich manchmal (lacht).
Yves Schott