Thomas Gerber mag Kaninchen – in jeglicher Hinsicht. Dabei haben ihm seine Tiere etwas voraus: Sie sorgen regelmässig für Nachwuchs.

Schublade raus, mit der Ghüderschaufel rein, frisches Einstreu und Stroh drauf – fertig. So einfach geht das. Dafür aber jeden Tag. So ein Kaninchenstall will ja schliesslich ordentlich geputzt sein.
14 dieser Tiere besitzt Thomas Gerber. Davon sieben Junge, die erst vor rund vier Wochen Ohren und später Augen geöffnet haben. Alle von der Rasse Champagne-Silber.
«Mein Grossvater hatte immer schon Kaninchen, ich in meinen Jugendjahren ebenfalls.» Irgendwann wollte sein Sohn, mittlerweile bald 15 und begeisterter Eishockey-Spieler, dann auch welche haben. «Ich sagte: okay! Aber wenn, dann richtige Chüngel und keine Zwerg- kaninchen.»

Die Quasi-Bio-Kaninchen
Gerber wohnt in Bremgarten. Schmuckes Einfamilienhaus mit Sonnenterrasse, hübschem Pool – und natürlich den Ställen. Seit sechs Jahren züchtet der Inhaber der Rolf Gerber AG, eine Firma für Elektro- installationen, Kaninchen, etwa so lange war er mit seiner Familie bereits nicht mehr in den Ferien. «Die Pflege der Tiere kostet viel Zeit.
Aber was solls: Sie sind meine grosse Leidenschaft und ich finde das besser, als in der Freizeit stundenlang am PC zu sitzen und ‹Fortnite› zu spielen.»
Die Tage sind lang, die Freizeit einigermassen kurz bemessen. Etwa um 4 Uhr morgens steht Thomas Gerber auf, um kurz nach 5 ist er im Büro. Abends, wenn er nach Hause kommt, kümmert er sich um die Kaninchen. Etwa eine Stunde lang. Ställe ausmisten, nach dem Rechten schauen, füttern. Seine Frau hilft ihm dabei und schnippelt das Gemüse vor.
«Die Kaninchen sind eigentlich schon fast Bio, so viel Grünzeug bekommen die», lacht Gerber. «Im Ernst: Krallen schneiden, mal ein Auge auswaschen, wenn sich dort Dreck verfangen hat, den Tieren einfach genügend Aufmerksamkeit schenken – das lohnt sich, denn sie spüren diese Zuneigung.» Wer den Unternehmer so reden hört, erkennt sofort: Hier hat jemand seine echte Leidenschaft gefunden. Diese trägt ihn etwa nach Sursee, wo Gerber rund einmal pro Jahr einen Rassenlehrkurs besucht. Oder zu Ausstellungen, wettbewerbsmässig, wo es Auszeichnungen zu holen gibt. Meistens finden sie in den Wintermonaten zwischen November und Ende Februar statt. «Weil die Kaninchen dann ihr schönstes Fell tragen.»

«Ich finde das besser, als in der Freizeit stundenlang ‹Fortnite› zu spielen.»

«… dann hat man fast verloren»
Etwas gewonnen hat der SCB-Fan zwar noch nie, was aber nicht zuletzt mit einem dummen Zufall zu tun hatte: Einmal verletzte sich ein Champagne-Männchen kurz vor einem Auftritt am Vorderlauf. Oder dann war Pech im Spiel. «Kälteeinbrüche können dazu führen, dass sich im Fell punktuelle Verfärbungen bilden. Dann hat man schon fast verloren.» Auch Kaninchen hätten eben eine Tagesform, meint Gerber. «Das gilt aber für die Experten ebenso.»
Gerber präsentiert seine Zöglinge nicht nur – er isst sie auch. «Es sind Nutztiere, keine Haustiere. Sonst würden sie nicht geschlachtet werden.» Seine Chüngel sind bekannt und im örtlichen Kochklub, wo Gerber ebenfalls Mitglied ist, gelten sie als Spezialität. «Deswegen trage ich im Dorf den Übernamen Rabbit-Tom.»
Vor sechs Jahren also hat der bald 49-Jährige sein Faible für die Kaninchen entdeckt. Sein Alter ist kein Zufall: Der Branche fehlt es teilweise an Nachwuchs. «Fortnite» lässt grüssen.

Der 11-jährige Hühnerzüchter
«Im Schweizerischen Silberkaninchen Klub, bei dessen kantonalbernischem Ableger ich Einsitz im Vorstand genommen habe, kenne ich Jungzüchter, die erst 12 Jahre alt sind und dieses Hobby mit grosser Freude verfolgen.» Gerber spricht zudem von einem 11-Jährigen, der Hühner züchtet und an jedem Anlass teilnimmt – seit Jahren. Junge Protagonisten braucht das Land.
«Genau diese Haltung möchte ich beliebt machen: Unsere Passion bereitet Freude. Schliesslich haben wir es hier, und das ist mir wichtig, mit Lebewesen zu tun.» Thomas Gerber hat das Herz am rechten Fleck. Und dort prangt schon seit Jahren ein riesengrosses Kaninchen.

Yves Schott