René Schmied, Direktor von Bernmobil – «Sardinenbüchsen- Erlebnisse sind unnötig»

Am 26. November stimmt die Bevölkerung von Bern über das Tram nach Ostermundigen ab. René Schmied, Direktor von Bernmobil, erklärt die Vorzüge des Tram-Projekts. Weiter erläutert er, wie die Vorlagen zu den Themen des öffentlichen Verkehrs ausgearbeitet werden und welche weiteren Linien von Bernmobil am Limit fahren.

Bärnerbär: René Schmied, die Ostermundiger haben bereits 2016 ja zum Tram für die Linie 10 gesagt. Ende November werden es wohl auch die Berner tun. Was sagen Sie zur Vorlage?
Ich äussere mich am besten aus der Sicht unserer Kunden: All jene, die in den Stosszeiten in den überfüllten 10er-Bussen nach Bern arbeiten oder einkaufen kommen und am Abend zurück nach Ostermundigen fahren, wissen, dass die von uns eingesetzten Busse in den Rush-hours im Verkehr oft nur sehr mühsam und langsam vorwärtskommen. Viele Busse kommen verspätet an. Manchmal fährt an zahlreichen Haltestellen lange keiner und dann kommen gleich drei oder vier. Sind die Strassen überlastet, lässt sich dies leider auch bei bester Planung nicht verhindern.

Ist das Tram nach Ostermundigen schlicht eine Notwendigkeit?
Ja, denn es kann im Schnitt 2,5 Mal mehr Menschen transportieren als ein Bus. Und es ist das komfortablere und umweltfreundlichere Verkehrsmittel. Den Ostermundigern und Bernern würde das Tram wieder ein standesgemässes ÖV-Fahren ermöglichen und den Sardinenbüchsen-Erlebnissen ein Ende bereiten. Letztere sind unnötig. Vergessen wir zudem nicht, dass Ostermundigen weiter wächst. Künftig werden noch mehr Menschen die 10er-Linie benutzen als heute.

Kann die neue Tramlinie nach einem Ja der Stadtbernerinnen und Stadtberner gebaut werden?
Jein. Der Grosse Rat und der Bund haben ihren Kostenanteil bereits bewilligt. Auf kantonaler Ebene wurde das fakultative Referendum ergriffen, welches voraussichtlich zustande kommt. Daher wird wohl eine weitere Abstimmung auf kantonaler Ebene im Frühling 2018 nötig.

Kann die Altstadt ein weiteres Tram verkraften? Das neue Tram würde bis zum Viktoriaplatz auf den bestehenden Geleisen fahren, also auch durch die Spitalgasse und die Marktgasse geführt.
Die neue Lösung brächte sogar eine Erleichterung: Der 12er-Bus, dieser fährt in den Stosszeiten zur Zeit alle vier Minuten das «Rohr» hinab, würde neu durch die Bundesgasse geführt. Das neue Tram wiederum würde bloss alle sechs Minuten durchfahren. Eine fahrtenmässige Entlastung der Innenstadt also. Hier zeigt sich der deutliche Kapazitätsvorteil der Trams.

Wo würde die neue Tramlinie in der Stadt wenden? Ab Bahnhof bis Köniz verkehren ja weiterhin Busse.
Das neue Tram würde mit einer bestehenden Tramlinie aus dem Westen verknüpft. Mit welcher ist noch unklar. Aber wahrscheinlich eine besonders stark frequentierte. Die Lösung wäre insofern ideal, weil mit dem neuen Tram nach Ostermundigen dann alle Linien beim Bahnhof durchfahren könnten. Heute wendet das 3-er Tram ja in der Schwanengasse.

Bern boomt. Immer mehr Menschen wohnen und arbeiten im Grossraum Bern. 2016 nutzten über 102 Millionen Fahrgäste Bernmobil – rund eine Million mehr als im Jahr zuvor. Gibt es weitere Linien, deren Kapazitäten bald erhöht werden sollten?
Wir können die Kapazitäten auch mit Taktanpassungen erhöhen. Die 10er-Linie beispielsweise fährt in Stosszeiten im 3-Minuten-Takt. Auch können wir kürzere Busse mit längeren ersetzen. Aber irgendwann macht nur noch der Wechsel auf ein Tram Sinn, wie jetzt auf der Linie nach Ostermundigen. Der 12er-Bus in die Länggasse und der 20er-Bus via Lorraine ins Wankdorf sind ebenfalls sehr stark frequentiert. Gut ist, dass bei allen Engpässen mögliche Lösungen von Fachleuten eingebracht werden. Sie tun dies in der Regionalkon­ferenz Bern-Mittelland anhand von Zweckmässigkeitsbeurteilungen. Die konsolidierten Vorschläge für eine neue Erschliessung oder eine neue Verkehrslösung kommen also von einer übergeordneten Behörde. Das gilt nicht nur für uns, sondern auch für andere ÖV-Anbieter wie Postauto oder die BLS. Das Vor­gehen ist politisch und berücksichtigt die Meinung von sämtlichen Betroffenen. Alle können sich
äussern: Verbände, Parteien, Leiste und andere Interessensgruppierungen. Das war im Rahmen der Mitwirkungsverfahren auch beim Tram Ostermundigen der Fall und wird auch bei einem möglichen Ausbau der Linien 12 und 20 der Fall sein. Es ist also in keiner Weise so, dass wir von Bernmobil eine uns genehme Lösung vorschlagen und das Volk dann über diese abzu­stimmen hat. dr 

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