Wieso Tiere töten, wenn es auch mit Pflanzen geht? Das Berner Start-up City Border wurde mitten in der Corona-Pandemie gelauncht. Wir haben drei Mitglieder des insgesamt vierköpfigen Teams getroffen.
Endy Lahdo und Dejana Lahdo sind beide am Stadtrand aufgewachsen, in Bümpliz/Bethlehem. Vor acht Jahren haben sie sich kennengelernt. Heute sind sie verheiratet und erwarten ihr zweites Kind. Gemeinsam mit Endy Lahdos Bruder Samuel Düzgün und Denis Schneider, einem gemeinsamen Freund, haben sie die Firma City Border gegründet. Der Firmenname, der Menschen überall auf der Welt ansprechen soll, hat mit der Herkunft des Firmengründers zu tun. «Ich bin an der Grenze zur Stadt in einem urbanen Umfeld aufgewachsen. Aber es gab auch einen Wald in unmittelbarer Nähe», sagt Endy Lahdo, der in der Türkei geboren wurde und mit vier Jahren in die Schweiz kam. Die Selbstständigkeit war schon länger der Traum des Berners.
Wir treffen ihn, seine Frau und Denis Schneider in den Büroräumlichkeiten im Breitenrain. Samuel Düzgün ist am Pokern, eine Leidenschaft, die alle Männer der Gruppe teilen. «Du lernst bei diesem Spiel Geduld und langfristiges Denken», so Lahdo. Ihr Start-up haben die vier Teilhabenden 2020 mitten in der Pandemie gegründet. Corona-bedingt dauerte alles länger. «Das war nervenaufreibend», sagen sie unisono. Doch sie hatten auch mehr Zeit, ihre Idee zu entwickeln. «City Border offeriert ein Naturprodukt», meint Dejana Lahdo, die als gelernte Wirtschaftsinformatikerin viel im Bereich IT und Administration beitragen kann. Die drei präsentieren Portemonnaies, die aus Kaktusleder gefertigt wurden. Auch der Prototyp eines Rucksackes ist bereits vorhanden. Das Logo ist ein in schwungvoller Manier gestalteter Kaktus. «Die Idee, aus Kakteen Leder herzustellen, stammt von zwei Typen aus Mexiko», sagt Endy Lahdo. Er selbst hatte schon lange mit der Idee geliebäugelt, sich selbstständig zu machen. Als sein Freund Denis Schneider in Kalifornien ein Sabbatical nahm, besuchten Lahdo und sein Bruder ihn für drei Wochen. Per Zufall stiessen sie in einer Zeitschrift auf einen Artikel über die Neuerfindung und fingen Feuer. «In Kalifornien ist der Wassermangel sehr gross», so Denis Schneider. «Das hat mein Bewusstsein für ein nachhaltigeres Denken geschärft.»
Idee stammt aus Mexiko
Tatsächlich hat das Kaktusleder viele Vorteile. So verbraucht es im Vergleich zu herkömmlichem Leder 0,012 Prozent an Wasser. «Wir haben nur einen Planeten, zu dem müssen wir Sorge tragen», erklärt Dejana Lahdo. 2019 wurde der Lederersatz von den Mexikanern erstmals an einer Modemesse in Mailand vorgestellt. Das Start-up City Border, das Rohmaterial bezieht und mit verschiedenen Manufakturen zusammenarbeitet, ist ein in der Schweiz einmaliges Projekt. Der Hauptsitz ist im Saarland, in Denis Schneiders Heimat. Produziert wird in der Türkei, in Italien und Mexiko. 100 Prozent vegan aber nicht «Made in Bern» – ist das kein Widerspruch? «Es war ein komplizierter Prozess, die richtigen Partner zu finden», sagt Denis Schneider dazu. In Istanbul besuchten sie zahlreiche Fabriken und entschieden sich bei etlichen gegen eine Zusammenarbeit, weil die Arbeitsbedingungen nicht gut waren. «Würden wir hier produzieren, müsste der Preis wohl dreifach so hoch sein», so Endy Lahdo.
Bald in Berner Geschäften?
Ein Portemonnaie kostet bei City Border um die neunzig Franken und ist somit erschwinglich. Bisher sind die Produkte nur online verfügbar, doch Partnerschaften im stationären Handel sind geplant, so dass die Portemonnaies bald auch in Berner Geschäften auftauchen dürften. «Die Idee, im Stil moderner Nomaden von überall auf der Welt aus arbeiten zu können, gefällt mir» erläutert Lahdo. Alle vier sind Vegetarier. Vegan lebt die Truppe, die möglichst auf tierisches Leder verzichtet, allerdings nicht. «Spätestens bei Mutter an Weihnachten kommst du nicht ganz um tierische Produkte herum», sagt Denis Schneider lachend.
Helen Lagger