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Mattias Hofer machte sein Hobby als Bierbrauer zum Beruf.

Sauberkeit und Präzision sind das A und O

Bern ist nicht nur Velo-, sondern auch Bierhauptstadt. Auf der Website von Bern Welcome ist Erstaunliches zu lesen: Rund 200 Brauereien und Mikrobrauereien sind hier registriert. So viele wie nirgendwo in der Schweiz.

«Malz ist die Seele, Hopfen die Würze, Hefe der Geist und Wasser der Körper des Bieres.» Der dies vor über 30 Jahren sagte, musste es wissen: der (inzwischen verstorbene) deutsche Brau-Ingenieur, Professor Anton Piendl. Dieser «Ode an das Bier» kann Mattias Hofer, Brauer bei der Braukunst Bern GmbH, vorbehaltlos zustimmen. Am Libellenweg in Bern, mitten im Industriequartier, zwischen Textilpflege- und Alteisen-Verarbeitungsbetrieben, werden edle Biertropfen gebraut. Nicht Kaffee-, sondern Bierduft strömt dem Besucher in der sauberen Halle mit glänzenden, blitzsauberen Brautanks entgegen. Eine Kostprobe direkt aus dem Tank ist zwar vormittags um zehn Uhr etwas gewöhnungsbedürftig, aber an diesem heissen Sommertag eine durchaus willkommene Abkühlung.

Aufs Bier gekommen
Mattias Hofer trank früher im Kollegenkreis die «gängigen» Biere, wie er sagt. «Eher als Mittel zum Zweck, aber damit befasst hatte ich mich noch nicht.» Erst am Ende seiner Kochlehre setzte er sich damit auseinander. Für die Vertiefungsarbeit an der Lehrabschlussprüfung entschied er sich mit seinem Kollegen für das Hopfengetränk als Thema. «Kommt dazu, dass ich zu dieser Zeit zuhause im Wohnzimmer mein eigenes Bier braute», schildert er. «Nichts Grossartiges; ich vermischte ein Pulver mit Hefe und Wasser – fertig!» Sein Bier-Kumpel fand nach der Hotelfachschule eine Anstellung im Aussendienst einer Grossbrauerei. Hofer half ihm bei der Degustation anlässlich der Prüfung zum Bier-Sommelier aus und trank damals sein erstes IPA-Bier (India Pale Ale), ein stark hopfenbetontes Bier mit fruchtig-bitterem Geschmack. «Mich hat dermassen fasziniert, dass ein Bier nach Passionsfrucht, Mango und Ananas schmecken kann, dass es mir buchstäblich den ‚Ärmel’ reingezogen hat!» So begann er, sich intensiv mit Bier auseinanderzusetzen, braute in der Wohnung weiter, «aber diesmal mit den echten Rohstoffen Hopfen, Malz, Hefe und Wasser», lacht er. Der Weg zum Entschluss, das Hobby zum Beruf zu machen, war nicht mehr weit.

Rohstoffe verändern sich
Den ersten Kontakt mit der Braukunst Bern GmbH hatte Mattias Hofer im Oktober 2020 mit den beiden Gründern Alex Chevalley und Gian-Andrea Brunner. «Ich sandte Blindbewerbungen an sämtliche Kleinbrauereien der Stadt Bern. Bei Alex und Gian klappte es», erinnert sich der Jungbrauer. «Aber wir steckten alle mitten in der Corona-Pandemie, deshalb kam vorerst eine Festanstellung aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht in Frage.» So jobbte er freischaffend bei Braukunst und als stellvertretender Geschäftsführer und Projektleiter bei dub4you, einem Netzwerk – wie könnte es anders sein! – für Menschen aus der Bierwelt und der Gastronomie, sowie in einer anderen Berner Brauerei. Am 1. Januar 2023 kam es schliesslich zur Festanstellung als Teilzeit-Bierbrauer mit einem Pensum von etwa 40 Prozent. Seine Tätigkeit bei dub4you übt er weiterhin aus. Zu hundert Prozent ist vorderhand nur Alex Chevalley, ausgebildeter Lebensmitteltechnologe, in der Mikro-Brauerei tätig. «Sporadisch unterstützt uns noch Gründungsmitglied Gian-Andrea Brunner, heute freischaffender Künstler», ergänzt Hofer.

Es sei eigentlich einfach, ein Bier zu brauen, schildert der Jungunternehmer. Die Schwierigkeit liege in der Konstanz, immer den gleichen Qualitätslevel aufrechterhalten zu können. «Das Bier muss immer gleich schmecken. Die Rohstoffe verändern sich jedoch von Ernte zu Ernte, selbst das Wasser ist nicht immer gleich», so Mattias Hofer, «und das A und O sind die Sauberkeit und Genauigkeit.» 2022 brauten die Künstler am Libellenweg 750 000 Liter Bier – Tendenz steigend. «Im Vergleich zu 2022 haben wir Mitte Juli bereits 10 000 Liter mehr produziert», freut sich Mattias Hofer.

Bier und Kunst
Die Braukünstler am Libellenweg haben einen starken Bezug zur Kunst. Das widerspiegelt sich nicht zuletzt in den Etiketten, die eine Grafikerin für die zurzeit sieben Bierarten gestaltet hat. «Bier stellen viele her – wir machen Braukunst», sagt Mattias Hofer dezidiert, «daher auch unser Firmenname».
Wieviel Bier trinkt eigentlich ein Bierbrauer und hat er noch Vorlieben für andere Getränke? Mattias Hofer lacht und gibt unumwunden zu, dass durchschnittlich ein Liter Bier pro Tag durch seine Kehle rinnt. Bei den von Bern Welcome regelmässig organisierten Berner Biertouren, die der ausgebildete Biersommelier begleitet, sind es schon mal 1,4 Liter. An vier Standorten, in jeweils zwei Gasthausbrauereien und ausgewählten Bierbars in der Berner Altstadt, erfahren die Teilnehmenden alles über Bier und dessen Herstellungsprozess. Mit Wein hat er es weniger, «hie und da ein Glas, wenn es sich ergibt. Aber ich habe keine Ahnung davon», gesteht er. Vor dem Beruf des Winzers hat er grossen Respekt. «Aber ich hätte nicht die nötige Geduld für die regelmässige Pflege der Reben, die sich das ganze Jahr hindurchzieht, um dann nur einmal jährlich produzieren zu können!» Schuster, bleib’ bei deinen Leisten.

Peter Widmer

PERSÖNLICH

Mattias Hofer wurde am 2. September 1993 geboren und wuchs in Mittelhäusern BE auf. Der gelernte Koch EFZ und Hotelier/­Gastronom HF arbeitete in verschiedenen Betrieben als Koch, im Service und als Barkeeper. Später bildete er sich zum Schweizer Bier-Sommelier weiter. Mattias Hofer ist ledig und wohnt im Berner Breitenrainquartier.

SO ENTSTEHT BIER

1. Mälzen: Frische Gerste wird eingeweicht und zum Keimen gebracht.

2. Schroten: Fertiges Malz wird geschrotet, damit es sich im Wasser besser lösen kann.

3. Maischen: Geschrotetes Malz wird mit Wasser gemischt. Die im Malzschrot enthaltene Stärke löst sich auf und Zucker, Eiweiss und Gerbstoffe werden freigesetzt.

4. Läutern: Maische wird durch die absinkenden Spelzen gefiltert und die Lösung (Würze) von den festen Stoffen (Treber) getrennt. Würze wird weiterverwendet.

5. Würzekochen: Würze wird gekocht und der Hopfen zugegeben. Je mehr Hopfen, desto herber das Bier.

6. Würzeklärung: Würze wird in Rotation versetzt. Nicht gelöste Hopfenbestandteile setzen sich als Kegel ab, die klare Würze kann abgezogen werden. Sie wird auf 10 bis 20°C gekühlt.

7. Gärung: Zugabe von Brauhefe. Diese wandelt den Zucker des Malzes in Alkohol und Kohlendioxid. Ist der Malzzucker vergoren, sinkt die Hefe und wird geerntet. Je nach Hefesorte und Würzebereitung entsteht obergäriges oder untergäriges Bier.

8. Lagerung: Jungbier wird bei 1 bis 2°C zwischen drei Wochen und drei Monaten gelagert. Bier kann nachgären, es klärt sich und erhält seine charakteristische Farbe.

9. Filtration: Nicht abesetzte Stoffe (Hefereste, Hopfenharze) werden ein letztes Mal gründlich herausgefiltert.

10. Abfüllung: Bier wird unter Gegendruck in Flaschen abgefüllt, um ein Entweichen der Kohlensäure zu vermeiden.

Quelle: braeuamberg.at

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