Seine neue Liebe ist ziemlich eifersüchtig

Nach dem Verlust von Corax hat Vincent Raven einen neuen Raben. Er heisst Arthur und macht dem Berner Magier das Leben manchmal relativ schwer.

Rund ein Jahr ist es her, als Rabendame Corax aus der Voliere von Vincent Raven in seiner zweiten Heimat Gmünd in Österreich verschwand. Die Geschichte nimmt den Berner Magier immer noch sehr mit. «Sie war eine Freundin», sagt der 51-Jährige im Interview mit dem Bärnerbär im Restaurant Landhaus im Liebefeld traurig. Die Tränen kann er kaum zurückhalten. Nach wie vor hat Raven keine Ahnung, was mit dem Tier passiert ist. «Sie kann noch leben, sie kann tot sein oder sie könnte bei irgendjemandem zuhause sein, der sie gestohlen hat.» Die Ungewissheit, sie macht dem Mann mit dem schwarzen Mantel und dem längeren blonden Haar schwer zu schaffen.

«Mit Glück überlebt»
Mittlerweile hat Raven mit Arthur einen neuen Begleiter an seiner Seite. Arthur ist ein Kolkrabe, maximal eineinhalb Jahre alt und führt sich etwas «jugendlich» auf, wie Vincent erklärt. Adult, erwachsen also, werden die Tiere erst mit etwa 3. «Ich habe ihn von einer Aufnahmestation aus Deutschland. Auswildern kann man ihn nicht, Eltern hat das Tier keine mehr.» Deshalb kümmert sich Andreas Plörer, wie Raven mit bürgerlichem Namen heisst, intensiv um den Raben und gibt ihm eine Beschäftigung. Lässt ihn in den Wäldern seine Flugbahnen ziehen. Was allerdings schon mal ins Augen gehen kann. «Einmal flog er auf den Gipfel eines Baumes, um nach Futter zu schreien. Normalerweise würden die Eltern dann nachfuttern. Ein Habicht wurde darauf aufmerksam und griff ihn an. Arthur hat die Attacke nur mit Glück überlebt.» Der Grat, dem Tier möglichst viele Freiheiten zu lassen und ihn trotzdem nicht aus den Augen zu verlieren, ist schmal. Teenager loten halt schon mal ihre Grenzen aus.

Vorverkauf
Noch weiss Raven nicht einmal, ob es sich bei Arthur überhaupt um ein Männchen handelt. «Dazu müsste man ihm samt Stotzen eine Feder ausreissen, aber das würde Schmerzen verursachen. Oder aber das Tier wird einer Blutprobe unterzogen, was aber wiederum einer Narkose bedürfte.» Deshalb verlässt sich Vincent, der einem breiteren Publikum vor allem durch seinen Sieg bei «The Next Uri Geller» 2008 bekannt wurde, auf seinen Instinkt. Der ihn aber auch mal täuschen kann. Jedenfalls war Raven bis vor kurzem fest davon überzeugt, dass Arthur ein Männchen ist. Doch dann, als er mit dem Tier Ende November auf dem Bündner Piz Corvatsch, dem Rabenberg im Oberengadin, die Wintersaison eröffnete, kamen dem Mentalisten Zweifel. «Arthur zeigte eifersüchtiges Verhalten, als sich mir Frauen näherten.» Trotzdem: Der Name bleibt auch, weil Arthur sich laut Raven majestätisch verhält. Ein echter König eben. Einer aber, mit dem Vincent behutsam umgehen muss und will. «Ich weiss auch gar nicht, ob ich ihn soweit bringen würde, ihn für eine Vorstellung einzusetzen. Ich muss mich ja seinem Charakter anpassen, nicht umgekehrt.» Durch Corax‘ Verlust fiel Raven nicht nur seelisch in ein tiefes Loch. Auch viele Projekte mussten gestoppt werden.

Verlässt er Bern für immer?
Und so steht bei dem Berner mit der mystischen Aura noch vieles in der Schwebe. Geplant sei eine neue Mental-Performance-Tour durch Deutschland, verrät er. Ausserdem eine neue Show im Fernsehen, zu der Raven aber noch nicht allzu viel verraten darf. Selbst eine erneute Teilnahme beim RTL-Dschungelcamp käme für ihn in Frage. «Ich würde sofort wieder mitmachen. Und noch mehr essen als beim letzten Mal. Ich bin wie ein Kolkrabe, er ist auch ein Allesfresser. Mich gruset nichts.» 2012 war Vincent Kandidat bei «Ich bin ein Star Holt mich hier raus!», zog im Dauerregen von Australien mit einigen bissigen Sprüchen über Frauen den Unmut diverser Zuschauer auf sich und landete schliesslich auf dem beachtlichen fünften Platz, hinter Staffel-Gewinnerin Brigitte Nielsen. Er mache nur Dinge, die Hand und Fuss hätten, das betont Raven im Gespräch immer wieder. In seinem Rabenkeller in der Altstadt gibt er schon lange keine Vorstellungen mehr. «Das Theater war zu klein, es haben nur 35 Leute dort Platz, durch meine Bekanntheit wurde das Ganze etwas kompliziert.» Deshalb, und weil Raven fast nur noch nach Bern kommt, um Bekannte zu treffen, spielt er mit dem Gedanken, seine Zelte in der Schweiz für immer abzubrechen. «Ich führe ein Zigeunerleben, momentan gefällt mir das. Vielleicht ändert sich das einmal.»
«Das macht Menschen krank»
Sowieso gefällt es ihm hier, in unserer Welt, eigentlich nicht mehr so gut. Mit ernster Miene erzählt Raven, was ihm die Laune verdirbt: «Schon am Morgen werden die Menschen mit Negativmeldungen bombardiert: Köpfung hier, Bombenanschlag da. Ich glaube, das macht die Leute krank.» Vor drei Jahren ist sein Buch erschienen: «Die Anderswelt lebt.» Wer mit Raven spricht, wird den Eindruck nicht los, dass er sich lieber dort aufhalten würde. Da, wo vielleicht auch seine geliebte Corax ist.

Yves Schott

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