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Sex im Alter: Sinnlichkeit statt sportliche Höchstleistungen

Seit nahezu einem Vierteljahrhundert führt Katrin Dällenbach den Erotikladen Planet Love im Berner Mattequartier. Er ist klein, aber fein, strahlt eine gute Atmosphäre aus und hat – wie die Inhaberin – Stil und Charme.

Sex im Alter wird in unserer Gesellschaft häufig tabuisiert. Dabei ist es die Generation 65 plus, die die sexuelle Befreiung in den 60er-Jahren zelebriert, miterlebt und mitgeprägt hat. Udo Jürgens sang: «… mit 66 Jahren ist noch lange nicht Schluss»! Genau das – so ist Katrin Dällenbach überzeugt – gilt auch für das Sexleben im Alter.

Wie die Liebe kennt auch die Sexualität keine Altersgrenze
Zahlreiche schöne Geschichten bestätigen schliesslich, dass man sich auch im Alter noch verlieben kann. Allerdings ist eine gängige Meinung jene, dass diese Liebe nicht mehr ist als Händchen halten und vielleicht das eine oder andere Küsschen auf die Wange. «Weit gefehlt», meint Katrin Dällenbach. «Auch die Sexualität spielt bis ins hohe Alter eine wichtige Rolle. Der zentrale Punkt für ein erfülltes Sexualleben ist zweifelsohne der Umgang in einer Beziehung. Vertrauen haben, aufeinander eingehen, zuhören, sich mitteilen und vor allem neugierig bleiben.» Sexualität ist sehr individuell. Dass sich die Libido im Verlaufe eines Lebens ändert, ist biologisch bedingt. «Offen sein für Neues», heisst die Devise. Dällenbach vertritt die klare Haltung, dass hier die eigene Einstellung eine zentrale Rolle spielt. Man muss lernen zu erfahren und zu erkennen, was man mag und was man nicht mag.

Wahre Gefühle und guten Sex gibt es nur offline
«Einen Menschen ‹richtig› kennenlernen kann man nur dann, wenn man ihm gegenübersitzt», sagt Dällenbach und ergänzt: «Sein Vis-à-Vis anzusehen, seine Stimme zu hören, den Duft zu riechen, eine sanfte Berührung zu spüren, den Bewegungen, der Mimik und Gestik zu folgen – das ist Wahrnehmung mit allen Sinnen.» Und genau da setzt sie auch an, wenn es um die Körperlichkeit und Sex im Alter geht. Angesprochen auf ihre beinahe 65 Lenze, lacht sie herzlich. «Ach, ich dachte, mit vierzig sei alles vorbei. Das war es nicht! Auch mit fünfzig nicht und jetzt nicht – im Gegenteil: Mir geht es so gut wie seit Jahren nicht mehr.»
Das Rezept? Sich nicht andauernd selbst neu erfinden wollen, sondern in sich gehen und die ureigenen Wünsche und Bedürfnisse erkennen, sie leben und auch kundtun. Das hat nichts mit etwas weniger straffer Haut, einem wachsenden Bäuchlein oder etwas Hüftspeck zu tun. Der Mensch als Mensch steht im Zentrum. «Und das», so meint Dällenbach, «ist das Schöne am Älterwerden. Es geht nicht mehr um sportliche Höchstleistungen, sondern viel mehr um Sinn und Sinnlichkeit.» Hilfsmittel sind dabei selbstverständlich erlaubt. Die gängigsten sind Gleitcrèmes, Vibratoren, Dildos und Analplugs, also Stecker für die rektale Stimulation.

Falsche Scham und Unwissenheit
«Nicht über Gefühle und Sexualität sprechen zu können, ist eine weit verbreitete Gesellschaftskrankheit», weiss Katrin Dällenbach. In Ihren Workshops und Beratungsgesprächen stellt sie das immer wieder von Neuem fest. Was sie ebenso verwundert, ist die Tatsache, dass viele Menschen von sich selbst gar nicht wissen, was für sie schön ist und was ihnen guttut. Dort greifen Dällenbachs Ausbildungen und die jahrelange Erfahrung. Sie ist eine gute Zuhörerin und kann stets mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Planet Love – der andere Erotikladen schlechthin
Der Erotikladen ist mittlerweile in der Schweiz der einzige seiner Art. Kein Wunder also, reisen die Kunden aus allen Teilen des Landes nach Bern. Das Alter der Klientel bewegt sich zwischen 25 und 84 Jahren, das Durchschnittsalter liegt bei vierzig. Rund 25 Prozent sind über 65. Der einzige – aber sehr grosse Konkurrent – ist das Internet. Das hat Katrin Dällenbach dazu gezwungen umzudenken. Sie setzte, und tut das auch weiterhin – auf gute Beratung, hohe Qualität der Produkte sowie absolute Diskretion. Und das kriegt man halt nur offline.

Carina Ammon

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