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Sie bringt pinken Spirit in die Bundesstadt

Unternehmerin Cordelia Hagi ist im sandsteinfarbenen Bern schwer zu übersehen. Pink ist nicht nur ihre Farbe, vielmehr ihre Lebensein­stellung. Sie ist ein Bärner Original, das sich selbst immer treu bleibt.

«Das ist mein zweites Wohnzimmer», stellt Cordelia Hagi ihr Büro in der Eigerstrasse vor. Hier gibt es pinke Elefanten, plüschige Sessel, Kronleuchter, Flipperkasten, ein Cadillac-Sofa und eine Menge anderer Inspirationen. Der grösste Hingucker in der farbenfrohen Agentur Pinktank ist jedoch die Inhaberin selbst. Seit rund 30 Jahren ist Hagi die Frau in pink: Haare, Kleidung, Nägel, Schmuck, Lippenstift – alles strahlt in dieser Farbe. Das hat ihr über die Zeit den Spitznamen Pink Lady und das Attribut Paradiesvogel eingebracht, doch sie wehrt sich: «Finde ich beides daneben. Was heisst Paradiesvogel? Das kann positiv oder negativ sein. Pink, ohne Wertung, das ist mir am liebsten.» Sie kleide sich nicht so, um aufzufallen, so Hagi. Pink gibt ihr Power, an sieben Tagen die Woche. «Andere gehen tanzen oder joggen, ich bekomme so meine Kraft», sagt sie pragmatisch. Hagi kennt sich in der Farbpsychologie aus. Pink ist auffordernd, vermittelt Energie und Selbstbewusstsein. Und natürlich Freude.

In der Tat ist es in den überbordenden Räumen unmöglich, mit finsterer Miene umherzulaufen. So knallig auch ihr Äusseres wirkt, so geerdet gibt sich die Unternehmerin im Gespräch. Sie sei dankbar und zufrieden im Leben. Mit einem Augenzwinkern outet sie sich als Social Media- und Reise-Muffel. Hagi hat ihre Heimat nie für einen anderen Wohnort verlassen, ist so zum Stadtoriginal geworden. «Ich liebe Bern, deshalb bin ich immer hier geblieben. Ich lebe ja wie in den Ferien, im schönsten Land.»

Aufgewachsen ist sie im Dorf Neuenegg. «Schon als Kind war ich speziell», erinnert sich Hagi. «Kleider waren mir immer wichtig. Weil wir uns nichts Teures leisten konnten, stellte ich mir früh viel selbst zusammen.» Ihre Leidenschaft fürs Modedesign konnte sie später in drei Kollektionen ausleben. «Ich hatte das Gefühl, sie waren zu wenig crazy, dabei war es den Kunden schon zu viel», lacht sie heute. Dass sie beruflich einen anderen Weg als Mode eingeschlagen hat, bereut sie aber nicht. Seit fast 40 Jahren ist sie selbstständig, gründete mit 23 Jahren eine Druckerei. «Ich habe früh Verantwortung übernommen. Es kam mir nie in den Sinn, wegzugehen, weil die Arbeit mir immer Spass gemacht hat.»

Neues Herzensprojekt
Das liegt auch daran, dass sich Hagi fast alle zehn Jahre neu erfunden hat. Ihr neustes Herzensprojekt: «Seit drei Jahren arbeite ich in der Organisationsentwicklung mit der Methode Playful Business.» Dabei bringt man Menschen zum Spielen. Die Fähigkeiten der Kinder zu Kreativität, Konfliktlösung und Freude holt sie in den Weiterbildungsteilnehmenden wieder hervor. Damit lassen sich New Work, Generationengap, Motivationsschub und Selbstbestimmung zusammenbringen. «Ich habe grossen Erfolg mit dieser Methode und die Menschen spüren den Mehrwert. Es ist back to the roots, aber neu zusammengesetzt. Die jungen Menschen bringen die Digitalisierung mit, die älteren ihre Lebenserfahrung.» Neben den Kursen, die sie für Führungskräfte anbietet, entwickelt sie für die Hochschule für Wirtschaft Fribourg einen CAS in innovativem Managementprozess mit dem Playful-Ansatz.

In der Bärenstadt kennt man Hagi aber vor allem für ihre öffentlichen Kunstwerke, auch wenn sie selbst die Bezeichnung Künstlerin ablehnt. Ihr Ziel: Den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. «Denn dann geht es allen besser», sagt sie überzeugt. So stellte sie 2006 im Tierpark eine pinke Krake mit sieben Tentakeln auf den Spielplatz, gestaltete einen blauen Kristall auf einem Kreisel in Heimberg. Seit 2020 schwimmen 24 Gummiböötli auf der Aare, die Septipusse. Mit ihrem Verein Delia verfolgte sie das Ziel, das Aareufer mit grossen Fantasiefiguren attraktiver und fantasievoller zu machen, stiess aber auf viel Widerstand in Gremien und Ämtern. Hagi nimmt es gelassen: «Es war eine grosse Lebenserfahrung. Leider engen uns Regeln oft zu sehr ein. Aber ich gebe nicht auf.» Es ist ihr anzumerken, dass sie sich manchmal mehr Mut in Bern wünscht. Die Unesco-Welterbe-Stadt ist ihr oft zu sehr auf der bewahrenden und behütenden Seite unterwegs, tut sich mit Innovationen und Visionen schwer. Dabei würden diese die Menschheit weiterbringen. «Nicht im Stadtbild sollte Bern bunter werden, sondern die Haltung der Leute. Die Stadt würde ich nie verändern wollen, aber den Geist der Menschen ein bisschen farbiger machen. Wir werden freier und doch werden die Zeiten konservativer», überlegt sie und erinnert an die Innovationen der Zähringer. «Wenn sie Sachen nicht neu gedacht hätten, wäre Bern heute nicht die Stadt, die sie ist.» Ein Mix aus Altem und neuer Kunst rundherum wäre ihr Ideal. Statt loser Denkmäler und Brunnen würde ein Kunstkonzept dazu Bern einen roten Faden geben.

Noch viele Pläne
Einen konkreten Lieblingsort hat Hagi in der Stadt nicht. Mit Gästen geht sie gerne an die Aare und zum Münster, danach etwas Feines essen. An ihrer Heimatstadt mag sie die Sicherheit und den Wechsel der Jahreszeiten. Bern tue viel, um Orte für junge Menschen zu schaffen. Die Stadt wandelt sich, wird offener. «Letzte Woche beim Loebegge sprachen mich gleich drei Frauen in meinem Alter an und sagen, wie toll sie mein Outfit finden. Das hätte ich früher hier nie erlebt, nur in Zürich oder im Ausland.» Die Menschen fänden es gut, wenn jemand sich traue, ganz sich selbst zu sein, so Hagi.

Und in Zukunft? Hagi hat noch viele Pläne. «Manchmal erschrecke ich. Ich bin schon fast 60 und will noch so viel machen. Die Zeit rennt davon. Ich muss Gas geben.» Die geschminkten Augen leuchten voll Tatendrang. Gar ein Farbwechsel ist denkbar: «Vielleicht mache ich eines Tages alles in hellblau. Mit blauen Haaren hatte ich mal angefangen, das gefiel mir damals extrem gut.» Bunt bleiben Hagis Aussichten also so oder so.

Michèle Graf

PERSÖNLICH

Cordelia Hagi, geb. am 28.6.1965, ist in Neuenegg aufgewachsen und wohnhaft. Die gelernte Repro- und Fotolithografin ist heute Playful Business Expertin, Dozentin und Inhaberin der Brain2Go AG für Speed Up Transformation und PINKTANK für Unternehmenskommunikation. Hagi ist liiert.

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