Ronaldmcdonald 4

Viel mehr als nur ein fremdes Zimmer auf Zeit

Für Eltern erkrankter Kinder bietet das Ronald McDonald Haus neben dem Inselspital seit zwanzig Jahren ein temporäres Zuhause. Hier treffen Eltern in ähnlichen Situationen aufeinander. Eine besondere Gemeinschaft.

Die Frühlingssonne wärmt an diesem Mittag den Garten des Ronald McDonald Hauses. Spielzeug liegt griffbereit, ein Klettergerüst wartet auf spielende Kinder. Geschäftsführerin Orlanda Vetter lächelt und schaut an der Fassade nach oben: «Gerade ist es ruhig, tagsüber sind unsere Gäste meist bei ihren Kindern im Spital.»
Seit 2001 können hier in insgesamt 13 Zimmern Eltern wohnen, deren Kinder zur Behandlung im Spital bleiben müssen. Um in dieser belastenden Zeit wenigstens lange Pendelwege zu ersparen, bietet der grosse Altbau ein Zuhause auf Zeit an. Hier gibt es auch einen Aufenthaltsraum, eine Familienküche sowie eine Spielecke für Geschwisterkinder. Orlanda Vetter ist seit dem ersten Tag dabei, baute das Haus von Grund auf in enger Beziehung zum Kinderspital auf. Sie sorgt mit ihren drei Mitarbeitenden und zehn Freiwilligen nicht nur für die Organisation, sie hat auch stets ein offenes Ohr für ihre Gäste. «Familien in Krisenzeiten zu begleiten und zu entlasten, fordert heraus. Wir wollen hier ein möglichst normales Leben neben der Stresssituation ermöglichen.» Hier treffen Eltern in ähnlichen Situationen aufeinander – geteiltes Leid ist halbes Leid. «Von einer einzigen Übernachtung bis zu einem Jahr können die Gäste bei uns bleiben. Da ergibt sich eine besondere Hausgemeinschaft», erzählt Vetter. Auch wenn diese aufgrund von Corona gerade auf Distanz gelebt werden muss. «Momentan darf nur ein Elternteil im Spital beim Kind sein. Viele wechseln sich ab und sind bei uns im Homeoffice.»

Anderen etwas zurückgeben
Die insgesamt sechs Häuser der Schweiz finanzieren sich durch regionales Fundraising und werden von der Ronald McDonald Kinderstiftung Schweiz zusätzlich unterstützt. McDonald’s-Lizenznehmer, Lieferanten, Spender, andere Stiftungen und Gönner unterstützen die nationale Kinderstiftung. In jedem Mc-Donald’s-Restaurant steht ein Kässeli, sogar an den Bestellscreens kann man spenden. «Es gehört zur Philosophie von Mc-Donald’s, denjenigen etwas zurückzugeben, die das Unternehmen erfolgreich gemacht haben. Und das waren zu Zeiten des Gründers Ray Croc vor allem Familien», erklärt Kurt Dallmaier, Präsident des Stiftungsrates in Bern, das soziale Engagement des Unternehmens.
Er mit Orlanda Vetter regelmässig Spendenevents wie Golfturniere, Konzertabende, Zirkusaufführungen oder Dinners mit Versteigerung. «Schon seit der Eröffnung des ersten Hauses in Genf fasziniert mich der Gedanke hinter den Häusern.» Es freut ihn besonders, wie sich alle Lizenznehmer und Lieferanten einbringen und grosszügig spenden. «Auch in Geschäftsjahren, die weniger gut laufen, ist die Bereitschaft zu helfen ungebrochen.» So müssen die Gäste im Berner Haus nur einen symbolischen Betrag von 20 Franken pro Nacht zahlen. Mit rund 380000 Franken im Jahr sichert die Stiftung den Betrieb.

Der Brief des Grossvaters
In der Charity lernt Dallmaier auch viele ehemalige Gäste kennen. Er gibt offen zu, dass ihn die Schicksale und Briefe der Kinder und Eltern rühren. «Leider kommen nicht alle wieder genesen nach Hause. Ich bewundere die Mitarbeitenden, die den Eltern hier tagtäglich eine Stütze sind.»
Bemerkt Vetter, dass es einem ihrer Gäste schlechter geht, arbeitet sie mit Sozialarbeitern und psychologischer Betreuung des Spitals zusammen. Besonders berührte sie letztens ein Brief eines Grossvaters. Er dankte dem Elternhaus für die Unterstützung seines Sohnes. Während dessen frühgeborenes Kind im Kinderspital lag, litt seine Frau an einer Schwangerschaftsvergiftung auf der Intensivstation. Ob die beiden überleben würden, war unklar. «Der Grossvater schrieb uns, dass sein Sohn die Situation ohne unser Haus nicht hätte bewältigen können. Zitat: Es rettete ihm das Leben.»

Michèle Graf

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