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Von Sternen, dem Schicksal und der grossen Leichtigkeit

Marianna Mackay (70) ist Astrologin und berät Menschen, in dem sie individuelle Horoskope erstellt. Bei unserem Besuch treffen wir auf eine überraschend pragmatische Frau.

Die ausgebildete Astrologin empfängt uns in ihrem Büro an der Schosshaldenstrasse mit Maske. Zum Glück keine Corona-Leugnerin, wie es sie unter Esoterikern bekanntlich gibt. Wir wollen Marianna Mackay treffen, um aus der Sicht von jemandem, der angeblich in den Sternen lesen kann, über Vergangenes und Künftiges zu sprechen. Sie stellt uns ihren «Göttergatten» vor, der gerade ihren Praxisraum weiss streicht, weil sie als Ästhetin einen energetisch hellen Raum brauche, um zu arbeiten. Mackay ging als junge Frau in den Siebzigerjahren als Au-pair-Mädchen nach London, arbeitete später als Hilfsschwester in einem Spital und als Verkäuferin in einem antiken Schmuckladen. In Liverpool betätigte sie sich während eines Jahres als Croupière und Hotelsekretärin und fütterte so ihre Wohngemeinschaft durch. Die Affinität zur Astrologie und all dem, «was sich ein normaler Mensch nicht erklären könne», habe sich früh manifestiert. «Ich wurde als Astrologin und Tarotfrau geboren», sagt sie. Beim Beerensammeln als Kind sei sie Fahrenden begegnet. «Ich war sofort fasziniert von einer Frau, die Tarotkarten legte. Es war mir vertraut und innerlich ist in diesem Moment ein Licht aufgegangen.» Ihre Mutter habe allerdings nicht gewollt, dass sie mit «Zigeunern», wie man damals sagte, zu tun habe. Mackay glaubt an Reinkarnation. Sie hat eine zweijährige Ausbildung als Rückführungstherapeutin absolviert und ist überzeugt, dass sie schon immer als Astrologin tätig war. «In diesem Leben kann ich meinen Beruf frei ausüben.» Das klingt etwas wunderlich, doch Mackay ist, wie man rasch feststellt, ziemlich pragmatisch. «Unser Schicksal wird nicht durch die Sterne bestimmt, wir sind die Schöpfer unserer Realität», sagt sie bestimmt. Ihre Firma heisst passend zu diesem Credo «Mensch erkenne dich selbst».

Im Zeichen des Wassermannes
In ihren Beratungen gehe es darum, seine Anlagen zu entwickeln. «Das Horoskop ist eine Lebensuhr», verrät sie und verweist auf ein auf einem Tisch liegendes Kreisschema mit Planeten. Die sogenannte Mundan-Astrologie, die konkrete Voraussagen macht, lehne sie ab. «Es gibt kein schlechtes Horoskop», ist sie überzeugt. Doch wie stehen die Sterne heute bei unserem Besuch? «Stress liegt in der Luft.» Beim Erraten des Sternzeichens unseres Fotografen liegt sie falsch. Sie vermutet etwas Erdiges – also Jungfrau, Steinbock oder Stier – in ihm. Er ist allerdings Löwe, Aszendent Waage. «Ein gemütlicher Löwe», meint sie versöhnlich. Die Pandemie konnte niemand voraussagen, kein Wahrsager sah sie kommen. Mackay blickt trotz der schwierigen Weltlage optimistisch in die Zukunft. «Seit Ende Dezember 2020 wandern Saturn und Jupiter nach vielen Jahren im Steinbock in das Luftzeichen Wassermann.» Das Wassermannszeitalter habe am 21. Dezember 2017 begonnen und dauere 2000 Jahre. Der Einfluss des Wassermannes steigere das Gruppenbewusstsein, der Respekt vor Menschen und Tieren sorge für mehr Achtsamkeit und Mitgefühl. «Ich glaube daran, dass viele bewusste Menschen Lösungen zu den bestehenden Problemen finden werden.» Wer sind Mackays Kunden? «Es kommen unter anderem viele CEOs zu mir, denen ich helfe, ihr Potenzial auszuschöpfen», erklärt sie. Auch beim Tarot verzichtet sie auf unheimliche Weissagungen. Vielmehr versteht sie die Karten als «Spiegel der Seele».

Ein Fährmann und Schwerter
Wir wagen einen Selbstversuch. Unser Fotograf zieht mit der linken Hand, die zur Gefühlsseite gehört, drei Karten. Ein Fährmann auf einem Fluss und viele Schwerter zieren die erste Karte. Er steuere zu neuen Ufern, in eine neue Zukunft. Schwerter hätten mit Unzufriedenheiten zu tun, die man hinter sich lassen müsse. Oha. «Ob es wohl etwas mit dem schon lange geplanten Rücktritt aus seinem Hockeyklub zu tun haben könnte», sinniert der Fragende. Oder seiner manchmal fehlenden Motivation, schlechte Gewohnheiten hinter sich zu lassen? Die nächste Karte des umgekehrten Herrschers zeige auf, dass die fehlende Disziplin und Eigenverantwortung zum Handeln immer wieder herausgeschoben würde, erklärt Mackay. Am Ende zählt sie die Zahlen auf den Karten zusammen und kommt auf 21, was die höchstmögliche Zahl sei und zur Karte «Die Welt» führe. Eine angeblich ebenso befreiende wie schwierige Karte. «Wer alles auflösen kann, was ihn betrübt, erhält eine grosse Leichtigkeit und wird zum Weltentänzer», so Mackays Fazit.

Helen Lagger

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