Img 0371

Warum man als junger Mensch nicht (nur) ans Geld denken sollte

In der Stadt Bern entscheiden sich viele Menschen für eine Lehre oder höhere Berufsbildung. Die Möglichkeiten, Karriere zu machen, sind heute vielfältiger denn je. Was ist da die beste Laufbahn für junge Leute und jene, die bereits mitten im Berufsleben stehen?

«Das Informationszentrum haben wir neugestaltet. So wollen wir einen offeneren und vielfältigeren Zugang zu unseren Angeboten herstellen», erklärt Daniel Reumiller, Leiter der BIZ des Kantons Bern, während er durch das Erdgeschoss des Berufsberatungs- und Informationszentrums Bern an der Bremgartenstrasse 37 führt. Überall stehen Themeninseln mit Informationsmaterialen über Ausbildungs- und Studiengänge sowie Ständer mit Postkarten, auf denen Berufe angeschrieben sind. Daniel Reumiller nimmt eine Karte mit der Aufschrift Landwirt EFZ zur Hand und legt sie auf einen Scanner an einem der zahlreichen Computerterminals. Der Code wird gescannt und auf dem Bildschirm werden verschiedene Informationen zur Ausbildung angezeigt. Diese Art und Weise soll helfen, die besten und zielgerichtetsten Informationen über eine Ausbildung oder einen Studiengang herauszufinden. Denn: Die Wahl der Laufbahn ist eine der wichtigsten Entscheidungen im Leben – und eine, die immer wieder ansteht, wie Reumiller erklärt: «Das erste Mal muss man gegen Ende der obligatorischen Schule eine Entscheidung treffen, wie man seine berufliche Karriere aufbauen will.» Da gibt es mehrere Möglichkeiten: eine berufliche Grundbildung, das Gymnasium oder eine Fachmittelschule.

Das Problem mit Vorurteilen
Im Kanton Bern sind Berufslehren allgemein beliebt. Besonders in ländlichen Gebieten entscheiden sich die Jugendlichen besonders häufig für eine Lehre, in der Stadt ist der Anteil der Jugendlichen, die das Gymnasium besuchen, etwas höher. Dabei stellt sich oft die Frage, welcher Bildungsweg oder welche Laufbahn die beste ist. «Das kann man pauschal nicht beantworten. Das hängt immer von der Situation jedes Einzelnen ab», sagt Reumiller. Bei der Lehre spiele oft auch die Branche eine Rolle. «Wenn jemand eine KV-Lehre in einer Bank macht und dort eine Laufbahn einschlägt, kann dies lukrativer sein als eine KV-Lehre und -Karriere in einem Tourismusbetrieb», sagt der BIZ-Leiter. Das Problem hierbei: Vorurteile. «Manchen Berufen haftet an, dass sie nur von Frauen oder Männern ausgeübt werden könnten, anderen, dass sie kein Geld bringen.» Dabei sei der Lohn gar nicht das Wichtigste, worauf junge Leute bei der Berufswahl achten sollten. «Viel wichtiger ist, dass man sich auch in jungen Jahren bereits ein Bild davon macht, was man später erreichen möchte und darauf hinarbeitet.» Zu den beliebtesten Berufen in Bern gehören dann auch beispielsweise die KV-Lehren, Informatiker oder Gesundheitsberufe. Ein solides Fundament für den weiteren Karriereaufbau. «Aber egal, welchen Berufsweg man einschlägt, kann man sicher sein, dass Gymnasium, Fachmittelschule und Berufsbildung als gleichwertig angesehen werden.» Mit jedem Bildungsweg stehen heute also allen sämtliche Karrieremöglichkeiten offen, denn die Berufsbildung als solche hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen, die Vielfalt der Möglichkeiten zugenommen. Jugendliche sollten schauen, dass sie Laufbahnen einschlagen, die sie interessieren und die auch ihren Fähigkeiten und Leistungen entsprechen. Bei einer Orientierung hierüber können die BIZ mit seinen Beraterinnen und Beratern helfen.

Auch Ü40er brauchen Beratung
Doch die BIZ bieten nicht nur jungen Leuten die Möglichkeit, sich hinsichtlich ihrer späteren Laufbahn beraten zu lassen. «Unser Angebot richtet sich auch an Erwachsene. Also an jene, die bereits im Berufsleben stehen, eigentlich zufrieden sind und nur eine Standortbestimmung machen wolle oder unzufrieden sind und etwas Neues suchen», sagt Reumiller. Diese Standortbestimmung sei wichtig und sinnvollerweise alle paar Jahre vorzunehmen.» So sei bei Erwachsenen ebenfalls sichergestellt, dass sie im Beruf motiviert bleiben und ihre Karriere weiterverfolgen sowie arbeitsmarktfähig bleiben. Denn es besteht die Gefahr, dass Menschen innerhalb ihres Berufslebens zu statisch werden und sich nicht weiterentwickeln. Das führe oft zu Unzufriedenheit, erläutert Reumiller. «Man muss regelmässig schauen, ob der gewählte Weg der richtige ist.» Seit Anfang Jahr hilft das Projekt «Viamia» Personen über 40, eine berufliche Standortbestimmung vorzunehmen. Auch Reumiller selbst hat mal eine Beratung seitens der BIZ in Anspruch genommen. «Damals war ich in der neunten Klasse und es ging darum, zu entscheiden, ob ich im Gymnasium bleiben will oder nicht.» Obwohl Berufs- und Laufbahnberatungen nach wie vor gefragt sind, hat die Coronakrise an den BIZ ihre Spuren hinterlassen. «Wir haben etwas weniger Beratungen verzeichnet, viele davon per Telefon. Aber die Fragestellungen haben sich auch verändert.» So seien viele Leute aufgrund der Krise verunsichert und die Beratungen drehten sich vermehrt um Jobsicherheit anstatt nur Laufbahnplanung. Dennoch sind die Beratungen der BIZ meist erfolgreich. «Die Zufriedenheit mit den Beratungen ist sehr hoch, und es gibt Personen, die nach einiger Zeit wieder zu uns kommen und eine Standortbestimmung vornehmen, weil die vorherigen sehr gut gepasst haben und ihnen weiterhelfen konnten», sagt Reumiller, der seinen Beruf übrigens sehr schätzt und gerne ausübt: «Er ist sehr vielseitig und extrem vernetzt. Ich möchte keinen anderen!»

Dennis Rhiel

Weitere Beiträge

Weitere Beiträge