40 Mitarbeitende in Bern, Zürich und München. Cédric Schlosser ist erfolgreicher E-Sports- und Gaming-Unternehmer. Die Erfolgsstory des cleveren Berners, der schon als Teenager trendige Partys organisierte.
Lange bevor Cédric Schlosser seine Banklehre anfing, war er Nerd und Hardcore-Gamer. «Das allererste Game hiess ‹Siedler 2›. Das spielte ich stundenlang auf dem alten Laptop meines Papas. Während der Lehre tauchte ich mit meinen Kumpels dann voll in die Gaming- und Onlinewelt ein.»
2009 gründeten die Jungs den Verein mYinsanity (frei übersetzt: mein Wahnsinn). Der Gaming-Clan spielte immer erfolgreicher, feierte bald einmal den ersten Schweizermeister-Titel – und holte erste Sponsoringverträge an Land. An einem Turnier in Prag mussten die Jungs dann schmerzhaft erfahren, dass es mit einer internationalen Karriere wohl nichts wird. Gegen die hochkarätigen Cracks waren sie chancenlos und verloren alle Spiele haushoch.
Doch ihren Traum vom Weltruhm gaben die Enthusiasten noch nicht auf. Ganz unbescheiden und mit
einer Riesenportion Mut zum Risiko engagierten die Berner Jungs nun Spitzenprofis aus Korea. «Wir boten diesen Topcracks Kost und Logis und bezahlten ihnen die Reisespesen. mYinsanity war plötzlich kein kleiner Schweizer Clan mehr, sondern eroberte die Spitze des internationalen Esports. Unsere Stars gewannen in vier Jahren rund 700 000 Dollar Preisgeld.»
Der Clou an der Geschichte ist: Die ganze Crew wohnte und trainierte als Gaming-WG in der alten Käserei in Kirchlindach. Während der Hochsaison lebten bis zu 14 Personen aus verschiedensten Nationen in der ländlichen Dorfchäsi und nahmen weltweit an Turnieren teil. Zahlreiche internationale Medien interessierten sich für das Gaming-House, das Schweizer Fernsehen produzierte eigens eine Doku-Sendung.
Die WG ist passé, nun wohnt er in seinem Büro
Trifft man Cédric Schlosser in seiner Firma MYI Entertainment an der Postgasse in Bern, sieht man ihm den Nerd nicht an. Er ist eher der Typ sympathischer Menschenfänger: Klug, redegewandt und humorvoll erzählt er aus seinem bewegten Leben. Schlosser beweist sich heute als erfolgreicher Unternehmer, ist aber im Herzen leidenschaftlicher Gamer geblieben. «Inhaltlich bin ich immer noch ein extremer Nerd und hänge gerne mit meinen Kumpels ab. Durch meine Ausbildung auf der Bank lernte ich aber schon früh die Regeln der Businesswelt kennen und musste zum Beispiel auf ein gepflegtes Äusseres achten.»
Er war bereits im Teenageralter derjenige, der die coolen Projekte anriss, LAN-Partys organisierte und sich ums Administrative kümmerte. Lachend meint er: «Ich war halt derjenige, der einen Brief schreiben konnte.» Zum verrückten Werdegang von Schlosser passt auch, dass er heute in den Geschäftsräumen seiner Firma, der MYI Entertainment, in der Berner Altstadt wohnt. Die berühmte Gamer-WG in Kirchlindach wurde aufgelöst, seither haust er mit einem Mitarbeiter in seinen Firmenräumen. «Ja, ich wohne immer noch speziell. Immerhin habe ich hier mein eigenes Schlaf- und Badezimmer. Das Wohnzimmer und die Küche teilen wir tagsüber jedoch mit unseren Mitarbeitenden.»
Das 2016 gegründete Unternehmen ist die logische Fortsetzung der mYinsanity-Geschichte. «Wir organisierten schon als Schüler regelmässig LAN-Partys und waren in verschiedenen Rollen in der Gaming-Szene aktiv. Was als Hobby begann, ist nun unser Beruf. Heute sind wir immer noch leidenschaftliche Gamer:innen, aber auch bestens ausgebildete Storyteller, Organisationstalente und Consultants.»
Die rund 40 Mitarbeitenden in Bern, Zürich und München beraten und betreuen namhafte Unternehmen zu den Themen E-Sports und Gaming. Weiter bietet MYI eigene Veranstaltungen wie E-Sports-Events, Events für Mitarbeitende und zahlreichen LAN-Partys an. Und hat immer noch ein eigenes mYinsanity-
E-Sports-Team. Es behauptet sich in der Schweiz ganz an der Spitze.
Ist das HeroFest wirklich auch etwas für die Älteren?
Aus der SwissToy, der Spielzeugmesse, ist 2018 das HeroFest entstanden. MYI konzipierte das gigantische dreitägige Happening und organisiert es zusammen mit den Leuten von Bern Expo. «Das HeroFest verspricht Unterhaltung und Spass für Jung und Alt. Alle Fans von Gaming, E-Sports, Cosplay, Fantasy und Popkultur finden hier Gleichgesinnte.» Auf unsere Nachfrage, ob das Programm auch wirklich für ältere Menschen und Familien geeignet ist, meint Schlosser überzeugt: «Es kommen tatsächlich immer mehr ältere Leute ans Hero-Fest. Die Gamer:innen der ersten Generation werden halt auch nicht jünger. Für diese Game-Nostalgiker und ihre Familien haben wir die Retrogame-Area gebaut. Dort können sich die Eltern mit ihren Kids heisse Generationenduelle liefern und sich mit den Games von anno dazumal amüsieren.»
Was erhofft sich Cédric Schlosser persönlich vom nächsten HeroFest? «Am 12. Oktober, kurz vor Beginn der Riesenparty, habe ich Geburtstag und werde 30 Jahre alt. Ich wünsche mir, dass das Wochenende für alle Besucher:innen und auch für mich selbst zu einem Riesenerfolg wird.»
Jürg Morf