Slide Cap Bb Yb Trainer 6

15 Punkte Rückstand sind für den geduldigen Sportchef zu viel

Christoph Spycher, sportliches Gewissen des BSC Young Boys, hat am Dienstag in Absprache mit dem Verwaltungsrat einen Entscheid gefällt, der ihm nicht leichtfiel: Trainer David Wagner muss gehen.
Der 50-jährige deutsch-amerikanische Doppelbürger trat zu Saisonbeginn beim zuletzt vierfachen Meister das schwierige Erbe von Gerardo Seoane an, der zu Bayer 04 Leverkusen in die Bundesliga wechselte. Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern Adi Hütter und Seoane stand der Übungsleiter schon früh bei zahlreichen Medien in der Kritik, obwohl er die Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League geschafft hatte. «Für Trainer Wagner könnte es ungemütlich werden», schrieb die «Berner Zeitung» in ihrer Dienstags-Ausgabe. «Der Druck auf Wagner wächst», war im «SonntagsBlick» nachzulesen. Spätestens seit dem 3:3-Unentschieden in St. Gallen wurden im Schweizer Blätterwald die Zwei fel grösser und war hier und dort zu lesen, der Mann, der einst mit Huddersfield Town in die Premier League aufgestiegen war, verstehe es nicht, YB zu einer schlagkräftigen Einheit zu formen. Die Erwartungshaltung des erfolgsverwöhnten YBUmfelds war gross – aufgrund der langen Verletztenliste eventuell zu gross. «Wir steigen sehr zuversichtlich in die zweite Saisonhälfte und werden alles dafür tun, den Titel zu verteidigen. Wir glauben daran, Aussergewöhnliches zu schaffen und sind auf jeden Fall angriffslustig», hatte David Wagner vor Beginn der Rückrunde im Gespräch mit dem Bärnerbär verraten. Nun, damals lag YB acht Punkte hinter Leader FCZ zurück, in der Zwischenzeit hat sich der Rückstand auf 15 Zähler beinahe verdoppelt, bei elf ausstehenden Begegnungen ist diese Hypothek nach menschlichem Ermessen nicht mehr gutzumachen. Zu solid tritt Zürich derzeit auf.

Was lief schief?
Versucht man, eine Wertung von David Wagners Wirken vorzunehmen, gilt es, Vorsicht walten zu lassen. Es war beileibe nicht alles so schlecht, wie viele Leute aus dem YB-Umfeld die Arbeit des Trainers jetzt beurteilen. Drei Dinge gilt es vor allem hervorzuheben: Unter Wagner qualifizierte sich YB für die Gruppenphase der Champions League und schaffte den historischen Sieg über Manchester United. In diese Zeit fallen auch die Verletzungen von 23 (!) Spielern, die beiden Achillessehnenrisse bereits vor der Saison von Captain Fabian Lustenberger und Goalgetter Jean-Pierre Nsame nicht eingerechnet. Und mit den Abgängen von Nsame, Michel Aebischer, Martins Pereira und Silvan Hefti hat YB in der Winterpause an Qualität eingebüsst. Einen Vorwurf muss sich David Wagner allerdings gefallen lassen: Sieht man von Fabian Rieder und Wilfried Kanga ab, hat kaum ein Spieler während seines Wirkens Fortschritte erzielt. «Wir haben eine Auslegeordnung vorgenommen und sind auch im Gespräch mit David Wagner gemeinsam zum Schluss gekommen, dass die Mannschaft neue Impulse braucht. Nach den letzten Spielen haben wir den Glauben verloren, dass uns die Kehrtwende in dieser Konstellation gelingen würde», sagt Sportchef Christoph Spycher. Der scheidende Trainer David Wagner sagt, das bittere Ende seiner YB-Zeit mache ihn traurig. «Es ist nicht das, was ich mir erwünscht habe. Aber ich habe Verständnis dafür, dass die sportliche Führung der Mannschaft neue Impulse verleihen will.»

Und jetzt also Matteo Vanetta
Nachfolger von David Wagner wird zumindest bis Ende der laufenden Saison der Mann, den der Bärnerbär schon im Sommer vor der Verpflichtung David Wagners weit oben auf der Kandidatenliste führte. Matteo Vanetta, seit 2018 Assistent beim YB-Fanionteam, ist ehemaliger Captain des U21-Nationalteams (13 Spiele). Als Trainer und Coach war er lange Zeit beim Schweizerischen Fussballverband und bei Servette tätig. In der Super League bestritt Vanetta für Lugano, Sion, Servette und Aarau 132 Partien. Der 43-jährige vielsprachige Tessiner ist bekannt als hervorragender Analytiker und taktischer Fuchs. Er gilt als offen, kommunikationsfreudig und geniesst bei den Spielern dank seiner zurückhaltenden Art und seinem grossen fussballerischen Wissen hohe Akzeptanz.

Pierre Benoit

Weitere Beiträge

Weitere Beiträge